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"Man versenkt sich in einen Zwischenbereich"

Ein Gedichtband über Ende und Abschied

Ungewöhnliche Lyrik: Friederike K. Berger. (Bild: Berger)

Mit "Traum und Tod" schrieb Friederike K. Berger 1983 einen ersten Gedichtband. Die Paar- und Familientherapeutin hat nun ein weiteres Buch veröffentlicht, in dem sie sich in 120 Gedichten mit dem Tod, der Trauer und dem Erinnern auseinandersetzt. "Drei Farben Schwarz" versucht auf ganz eigene Weise, Ende und Abschied zu ergründen: Die kleinen lyrischen Schätze sind aus den alten Schlagzeilen von Zeitungen zusammengesetzt - längst Vergangenes lebt mit einem neuen Sinn weiter. Ein kurzes Gespräch dazu führte Johannes Beetz (Wochenanzeiger) mit Friederike K. Berger:

"Unvorstellbare Vorstellung"

Tod und Trauer sind Themen, denen wir uns gerne entziehen. Aber: Ein jedes Ding hat seine Zeit, heißt es schon im Buch Kohelet - wir entgehen dem Umgang mit dem Sterben definitiv nicht und müssen uns spätestens beim Tod der eigenen Eltern damit auseinander setzen. Wie hat das Schreiben Ihrer Gedichte Ihre Einstellung und Ihren Umgang mit dem Sterben beeinflusst?

Friederike K. Berger: Das Schreiben der Gedichte hat meine Einstellung und Umgang mit dem Sterben nicht beeinflusst. Ich habe mich seit meiner Jugend intensiv mit dem Thema bzw. dem Sinn des Lebens und philosophischen Fragen dazu auseinandergesetzt. Eine definitive Antwort dazu gibt es nicht. Vielleicht sind es intuitive Erkenntnisse und Erfahrungen, die schwer mitzuteilen sind.

Die Vorstellung, jemanden zu verlieren, den man sehr liebt, ist unvorstellbar: Dieser Mensch wird nie mehr in der Form existieren, in der man ihn gekannt hat. Was bleibt, sind Erinnerungen, möglicherweise manchmal auch eine Verbindung immaterieller Art. Wir alle haben im Leben mit persönlichen Verlusten zu tun und sind tagtäglich mit Berichterstattungen mit Tod, Verbrechen und Krieg konfrontiert. Daneben gibt es natürlich viel Schönes im Leben. Das sollte man wahrnehmen und sich daran freuen, so oft es geht!

"Bilder werden verwoben"

Ihre "Puzzle"-Idee, Gedichte aus Zeitungsschlagzeilen zusammenzusetzen, ist ungewöhnlich, aber ein wunderbares Bild für das Leben, das sich ja auch aus vielen "zufälligen" Puzzlestückchen zu einem geschlossenen Ganzen fügt. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Friederike K. Berger: Ich bin ein sehr kreativer Mensch mit vielen Ideen und habe auch eine Affinität zur Werbung. In diesem Zusammenhang sind mir manchmal witzige Headlines über Artikel aufgefallen. Irgendwann hat mich eine nahezu lyrische Überschrift im Feuilleton einer Zeitung sehr angesprochen. So bin ich auf den Gedanken gekommen, aus den Headlines bzw. Teilen von Überschriften einen Gedichtband zu machen. Mein erster Gedichtband „Traum und Tod“, der 1983 im Klaus Friedrich Verlag erschienen ist, ist ohne Verwendung von Zeitungsschlagzeilen geschrieben.

Im Nachhinein gesehen, war es sehr viel mehr Arbeit, Gedichte mit Headlines zu verfassen als ohne. Das Schreiben von Lyrik ist für mich ein meditativer Prozess, anders als z.B. das Schreiben von Geschichten. Man versenkt sich in einen „Zwischenbereich“ und fördert Gefühle, Stimmungen und Bilder zu Tage, die zu einem sinnvollen Ganzen verwoben werden. In dieses Geschehen habe ich Headlines verschiedener Zeitungen einbezogen.

Am Herzen liegend

Welches der 120 Gedichte liegt Ihnen am meisten am Herzen?

Friederike K. Berger: Das ist schwierig zu beantworten. Aber ich würde sagen, es ist "Vom Totenglockenturme".

 

Vom Totenglockenturme

Leise flistert das Birkenblatt im

Wind.

Vor dunklem

Grund.

Erster Schnee.

Schwarz die

Mondsichel.

Furien und

Dämonen.

In den lichtlosen Wassern des

Schlafs.

Am Lebensfaden Stich für

Stich.

Im Zangengriff der

Zeit.

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