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"Man muss die Grundursache bekämpfen"

Das Tierheim München rettet täglich Leben

Von außen wirkt das Gelände groß, doch bei genauerer Betrachtung ist im Tierheim München nicht annähernd genug Platz für all die Tiere, die hier notgedrungen Unterschlupf gefunden haben. Aufopferungsvoll kümmern sich die vielen Pfleger und Mitarbeiter um die Gestrandeten und geben täglich ihr Bestes, um sie wieder aufzupeppeln und an liebevolle Familien zu vermitteln. Viele von ihnen wurden verstoßen, ausgesetzt, illegal eingeführt oder stammen aus schlechter Haltung. Entsprechend kritisch steht es oft um ihre Gesundheit. Ein herzliches und kompetentes Ärzteteam versucht ihnen wieder ein gesundes, schmerzfreies Leben zu ermöglichen – ein aufwändiges Unterfangen, das jedoch in den meisten Fällen von Erfolg gekrönt wird.

Am Rande des Todes

Bei einer Führung auf der Katzen-Krankenstation stellt Tierärztin Veronika Nowitzky, die seit 2010 für das Tierheim tätig ist, einige schwere Fälle vor und erläutert anhand von Beispielen ihre tägliche Arbeit. Besonders gerührt ist das gesamte Team vom Schicksal der Fundkatze Roxy. "Als sie zu uns kam, war sie ganz abgemagert, litt unter ständigem Juckreiz und hatte sich durch das viele Kratzen eine krustige Hautinfektion zugezogen", erklärt die Tierärztin. Nach der ersten Behandlung sei die Haut gut verheilt, aber Roxy habe sich immer noch ständig kratzen müssen, sodass nach der Ursache für diesen andauernden Juckreiz gesucht wurde.

"Bei einer Untersuchung habe ich dann eine Umfangsvermehrung des Bauches festgestellt. Eine Ultraschalluntersuchung zeigte eine fleckige Leber. Daraufhin habe ich der Leber eine Gewebeprobe entnommen", so Nowitzky. Durch diesen Schritt konnte bei der Siam-Britisch-Kurzhaar-Katze eine Zwerchfellhernie festgestellt werden. "Bei einer Zwerchfellhernie werden durch eine Schwachstelle oder Lücke im Zwerchfell Bauchorgane in die Brusthöhle verlagert. Es stellte sich heraus, dass Roxys Leberlappen mit dem Herzbeutel verwachsen war", erklärt die Tierärztin. Dieser anatomische Fehler wurde durch einen chirurgischen Eingriff korrigiert, sofort endete bei dem Kätzchen der Juckreiz.

Endlich gesund

Doch damit war Roxys Krankheit noch nicht geheilt, denn bei einer Nachfolgeuntersuchung stellte Veronika Nowitzky fest, dass sich Wasser im Bauch der Katze angesammelt hatte. Nach ihrem Krankheitsverlauf war zu vermuten, dass das Problem am Herzen lag. "Ich machte einen Herzultraschall und stellte schließlich mit Hilfe von Uni-Experten eine sehr schwer zu diagnostizierende Herzbeutelentzündung fest. Daraufhin wurde ihr Herzbeutel in der Uniklinik entfernt und die Wasseransammlung in Roxys Bauch verschwand. Im Laufe der Behandlung hat Roxy zwar unabhängig vom Krankheitsverlauf eine Diabetes entwickelt, aber diese lässt sich heutzutage gut behandeln."

Die kleine Mischlingskatze hat es geschafft: Nach zweijähriger Behandlung führt sie endlich ein schmerzfreies Leben – und das sogar in einem neuen, behüteten Zuhause: "Es ist uns gelungen, ein liebevolles Frauchen für Roxy zu finden", freut sich Veronika Nowitzky. Bei Tieren mit langen oder chronischen Krankheiten sei dies keine Selbstverständlichkeit. Das gesamte Ärzteteam ist mit Recht stolz auf die erfolgreiche Behandlung der Katze. "Roxys Geschichte zeigt sehr deutlich: Man muss immer die Grundursache bekämpfen. Und das bedeutet: Tests machen, richtig diagnostizieren, ausschließen und so letztendlich die wahre Ursache einer Krankheit finden. Hätten wir nur die Hautinfektion behandelt, wäre Roxy an ihrer Krankheit gestorben", erklärt die Tierärztin.

Viele verschiedene Tierschicksale

Roxy ist kein Einzelfall. Auf der Krankenstation befinden sich etliche Katzen, die auf Genesung warten: Zum Beispiel Franka, die vor vielen Jahren mit komplizierten Beckenfrakturen ins Tierheim kam und ohne Operation, dafür aber mit viel Liebe und Zuwendung dem Tod von der Schippe sprang und nun weitestgehend gesund ist. Oder Urmel, der seine linke Vorderpfote in einer Schlagfalle verlor und nun lernen muss ohne die Pfote zu leben.

Dabei darf man natürlich nicht vergessen, dass es im Tierheim München nicht nur Katzen gibt: Hunde, Kaninchen, Chinchillas, Degus, Ratten, Igel, Hühner, Ponys und viele weitere Tierarten werden hier medizinisch versorgt und an Tierfreunde vermittelt. "Diagnose-, Behandlungs- und Medikamentenkosten sind sehr hoch, aber die nächsten Jahre, die die Tiere leben, leben sie einfach gut. Und genau darin sehen wir unsere Aufgabe", schließt Veronika Nowitzky den Rundgang auf der Krankenstation. Diese verlässt man stets mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Weinend, weil die Tiere sich nach einem herzlichen Zuhause sehnen, nach Akzeptanz, Liebe, Beständigkeit. Lachend, weil sie sich im Tierheim München medizinisch in den besten Händen befinden.

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