Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV). (Bild: BLLV)
Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV). (Bild: BLLV)
In den Schulen hatte die Digitalisierung während der Corona-Pandemie ihre Feuertaufe in der Praxis erlebt. Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), zieht eine Bilanz und ordnet den Stellenwert der Technik ein:
„Meine Bilanz in Sachen Digitalisierung nach 1,5 Jahren Corona fällt gemischt aus. Die Pandemie war sicherlich ein Beschleuniger und in den letzten Monaten ist einiges passiert. Aber es lässt sich eben nicht auf Knopfdruck aufholen, was die Politik Jahre lang verschlafen hat. Wir haben in den Schulen immer noch Nachholbedarf – und das nicht nur bei der digitalen Ausstattung. Inzwischen haben zwar viele Lehrerinnen und Lehrer Dienst-Laptops und auch etliche Schülerinnen und Schüler wurden mit Endgeräten versorgt, aber das ist längst nicht überall so. Außerdem mangelt es in vielen Schulen noch an leistungsfähigem WLAN, es fehlen Systemadministratoren und viel zu häufig kommunizieren Lehrkräfte auch jetzt noch über ihren privaten E-Mail-Account.
Was mich stolz macht, ist, mit welch enormem Engagement sich viele Lehrerinnen und Lehrer fortgebildet und in Eigeninitiative digitales Know-how angeeignet haben, um ihren Schülerinnen und Schülern einen guten Distanz- bzw. Wechselunterricht zu ermöglichen. Das war nicht immer und für alle leicht und die Erwartungshaltung von Seiten der Eltern, Schüler und Gesellschaft extrem hoch.
Viel Unruhe und Unmut gab es rund um mebis und das Konferenztool MS Teams. Ob mit der vom Kultusministerium geplanten BayernCloud Schule alle Probleme gelöst sind, bleibt nun abzuwarten. Aber egal, wie das System heißt oder welche Plattform genutzt werden soll - für uns ist wichtig, dass sie vom Staat verantwortet wird und datenschutzkonform, rechtssicher und verlässlich ist. Wir Lehrerinnen und Lehrer sind darauf angewiesen, legitimierte und sichere Materialien zu verwenden. Deshalb durchlaufen unsere Schulbücher komplexe Zertifizierungsverfahren, und die gleichen Qualitätsstandards erwarte ich auch bei digitalen Tools.
Aber neben allem berechtigten Digitalisierungsturbo fragen wir uns doch bitte auch: Was ist denn der Sinn, der Auftrag von Schule? Sind das in erster Linie die Technik, das Internet, die Apps? Oder sind das vor allem die Menschen, die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden und das soziale Miteinander, durch das Schule überhaupt erst gelingt. Für mich ist eines klar – digitale Tools sind wichtig und hilfreich, aber nur wenn sie den Unterricht unterstützen und die Lernqualität verbessern.
Wir im BLLV wollen einen innovativen und anspruchsvollen digital gestützten Unterricht – auch nach Corona, aber im Mittelpunkt stehen für uns immer die Kinder und Jugendlichen und das ganzheitliche Lernen mit Herz, Kopf und Hand."