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Googeln, Streamen und Mailen ist so schlimm wie Fliegen

Das Internet frisst alle CO2-Einsparungen wieder auf

Internet & Co: Digitale Technologien sind mittlerweile für vier Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich - und ihr Energieverbrauch springt jedes Jahr um 9 % nach oben. (Bild: job)

Internet-Surfen erzeugt längst eine ebenso hohe CO2-Belastung wie der gesamte weltweite Flugverkehr. Das sagt Ingenieur Ralph Hintermann vom Borderstep Institut. In fünf oder sechs Jahren werde man nochmals 25 Prozent mehr für's Internet brauchen, so der Experte. Allein in Deutschland benötigten Server und Rechenzentren im Jahr 2017 insgesamt 13,2 Milliarden kWh Strom. Das ist ungefähr so viel wie die Stadt Berlin insgesamt verbraucht. Das hat dazu geführt, dass der Stromverbrauch in Deutschland im Jahr 2017 so stark anstieg wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Denn: Jedes Byte genutzter Cloud-Speicher, jede Mail und jede Google-Suche landen in einem der energiehungrigen Rechenzentren weltweit und verursachen so CO2-Belastungen. Im Gegensatz zum heimischen Computer oder Arbeitsrechner sind diese Server rund um die Uhr im Betrieb. Dabei verbrauchen sie nicht nur viel Strom für die eigentliche Rechenleistung, sondern auch für komplexe Kühlsysteme, erklärt der Stromanbieter Eon. Eine Google-Suchanfrage löse einen Strombedarf von 0,3 Wattstunden aus. Bei 40.000 Suchanfragen weltweit pro Sekunde kommt eine Menge zusammen, denn mittlerweile ist mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung online: rund vier Milliarden Menschen.

Videos und Clips kosten den Strom dreier Staaten

Dank des wachsenden Anteils an erneuerbaren Energien nimmt der CO2-Ausstoß pro produzierter Kilowattstunde Strom laut Angaben des Umweltbundesamtes zwar kontinuierlich ab, aber der stete Zuwachs am Strombedarf für die digitale Welt macht diese Einsparung wieder zunichte. Trotz deutlicher Anstrengungen bei der Verbesserung der Energieeffizienz von Rechenzentren hat sich der Energiebedarf in den Rechenzentren in Deutschland zwischen 2010 und 2017 um 25 % erhöht. Weiterer Treibhaus-Treiber sind das sich verbreitende Video-Streaming und das Cloud-Computing. Die Datenmengen, die beim Video-Streaming über Plattformen wie Netflix, Amazon Prime, YouTube & Co. anfallen, machen bereits 58 Prozent und damit mehr als die Hälfte des Datenvolumens im Internet aus. Damit dürften global fürs Streamen schätzungsweise bereits bis zu 200 Milliarden kWh Strom pro Jahr anfallen, so Eon.

Zum Vergleich: Ein Privathaushalt in Deutschland verbraucht im Jahr durchschnittlich 2.500 kWh Strom. Mit den 200 Milliarden kWh des Streamens könnte man sämtliche Privathaushalte in Deutschland, Italien und Polen zusammen mit Strom versorgen.

Ist wirklich jede Kleinigkeit eine Mail wert?

Mit etwas „digitaler Hygiene“, so Eon, kann jeder dazu beitragen, das Klima weniger durch seine Mails & Co. zu belasten. Die Tipps der Experten:

Mit Bedacht streamen und vielleicht doch ab und zu mal wieder zur DVD greifen.

Mails regelmäßig löschen.

Darüber nachdenken, wie man die eigene Nachrichten-Flut reduzieren kann: Ist wirklich jede Kleinigkeit eine Mail wert? Und auch immer gleich ans ganze Team?

Muss tatsächlich jedes Urlaubsfoto, jedes Katzenvideo bei Clouddiensten monatelang klimaschädigend gehortet werden? Auf externen Festplatten oder USB-Sticks lagern Datensammlungen und Backups viel sparsamer und umweltschonender.

Auch wenn wir jede noch so banale Kleinigkeit googeln: Alles, was wir nicht suchen, sondern mit ein wenig Überlegung selbst erinnern oder im Gespräch mit anderen klären können, ist nicht nur ein Geschenk an die Umwelt, sondern womöglich ein willkommener Anlass zu ... persönlicher Kommunikation.

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