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"Genau den gleichen Bus hatte ich früher auch mal"

Josef Schmid fuhr mit fünf Leser in seinem Bulli durch die Stadt und diskutierte seine Ideen

Fünf Leser des Münchner Wochenanzeigers konnten Josef Schmid, Kandidat der CSU für's Amt des Oberbürgermeisters (OB), auf einer zweistündigen Fahrt all die Fragen stellen, die ihnen schon lange auf der Zunge lagen. Zweieinhalb Wochen vor der Wahl unternahmen sie eine Spritztour vom Sitz der Redaktion nahe der Laimer Unterführung über Sendling und Forstenried bis nach Obersendling - mit dem Bulli, dem VW-Bus aus dem Jahr 1968, den Schmid im Wahlkampf für seine Besuche in allen 25 Stadtbezirken genutzt hatte.

Nostalgische Erinnerungen und brennende Fragen

„Genau den gleichen Bus hatte ich früher auch mal", erzählte Irene Klausnitzer, die den Mittleren Ring am Englischen Garten untertunnelt sehen will. „Und ich hatte das Nachfolger-Modell, das ich zum Wohnmobil umgebaut hab'", fügte Richard-Ludwig Conrads hinzu. Der Kraftfahrzeug-Mechaniker versichert, er kenne jedes einzelne Teil dieses legendären  Fahrzeugs. Susanne Particus, die einst an ihrem Hochzeitstag mit ihrem Mann im Oldtimer durch München gefahren war, freute sich darauf, mit dem OB-Kandidaten just am Geburtstag ihres Gatten im Bulli zu fahren und zu ratschen.

Doch nicht nur nostalgische Erinnerungen beim Anblick des Oldtimers bewegte die Gemüter. Die Planungen für große kommunale Bauprojekte kamen ebenso zur Sprache wie Grundsatzfragen.

Gleich bei der Fahrt über die Fürstenrieder Straße schwenkte die Aufmerksamkeit und das Gespräch auf die heiß umstrittene Tram-Westtangente, die auf der Route vom Romanplatz bis zum Ratzingerplatz ja einen Großteil der Strecke über eben diese vielbefahrene Straße rollen soll. „Will man Pendler dazu bringen, ihren Wagen am Stadtrand abzustellen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiterzufahren, muss man ihnen auch eine adäquate Parkmöglichkeit bieten", gab Stefan Hartmann zu bedenken. Es sei in der Tat kaum zu erwarten, dass Autofahrer auf ihrem morgendlichen Weg zur Arbeit zeitraubend nach einem Parkplatz suchen. „Notwendig ist doch, dass Pendler wissen, wo sie verlässlich binnen drei Minuten ihren Wagen abstellen können und in weiteren drei Minuten einen Zugang zu einem verlässlichen öffentlichen Verkehrsmittel haben. In den bisherigen Planungen für die neue Tram-Route ist jedoch von einem Parkhaus für ‚park + ride' keine Spur", so Hartmann.

Tangente nicht praktikabel

Josef Schmid hält die Tram-Westtangente ohnehin nicht für eine praktikable Lösung: „Seit 25 Jahren versucht die rot-grüne Stadtregierung die Autofahrer zu vergraulen und dadurch den Individualverkehr zu reduzieren. Doch das funktioniert nicht, ­ die Leute fahren nach wie vor mit dem Auto und stehen im Stau." Ein Grund: Die Menschen müssen zunehmend mobiler werden. Auch die steigende Einwohnerzahl Münchens lasse das Verkehrsaufkommen tagtäglich zunehmen, fügte Schmid hinzu. Außerdem entstehe ein beachtlicher Anteil des Staßenverkehrs durch Wirtschaftsverkehr, also den Transport von Gütern zur Ver- und Entsorgung sowie durch Geschäftsreisende.

Schmid will U-Bahn-Ring

Schmid plädiert hingegen für den Ausbau der Infrastruktur für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und den Individualverkehr. Er will den Autobahnring Süd, ebenso die Verlängerung der Linie U5 nach Pasing und Verbindungen zwischen den bisher weitgehend sternförmig aufs Stadtzentrum zuführenden U-Bahn-Strecken. Mittelfristig hält er den ringförmigen Ausbau von U-Bahn-Linien für unverzichtbar. Das Argument, solcher Aufwand sei nicht rentabel, lässt der OB-Anwärter nicht gelten: „Auch die S-Bahn-Strecken, die weit in die Peripherie reichen, waren zur Bauzeit in den 1970er-Jahren zunächst nicht notwendig. Schon längst sind sie jedoch alle gut ausgelastet."

BAB 96: Drei Fliegen mit einer Klappe

Der Lärm an der Fürstenrieder Straße auf der Brücke über die Ammerseestraße ist ohrenbetäubend. Und auch die Schadstoffbelastung überschreitet die zulässigen Grenzwerte seit Jahren. Laut Prognosen wird das Verkehrsaufkommen am Münchner Ende der Lindauer Autobahn jedoch noch zunehmen, sobald der Tunnel an der Garmischer Straße in Betrieb ist. Mit Nachdruck setzt sich die Bürgerintiative Bundesautobahn 96 (BiBAB 96) seit Jahren für die Einhausung des innerstädtischen Straßenverlaufs ein. „Tolle Idee ­ - aber wer soll das bezahlen?", lautete der breite Tenor in der Öffentlichkeit.

Mittlerweile hat sich die Sicht auf das Mammut-Projekt jedoch gewandelt. Und Josef Schmid wird nicht müde, zum x-ten Mal zu versichern: „München kann sich das durchaus leisten. Wir müssen die Probleme nur endlich anpacken!" Schließlich standen und stehen zahlreiche Städte vor ähnlichen Herausforderungen und haben diese beherzt angenommen: Berlin, Hamburg, Bern-Brünnen, Altendorf am Zürichsee, Wien u.v.m. haben solche Überbauungen bereits realisiert oder planen sie gerade.

3,8 Kilometer lang ist die relevante Strecke am Ende der BAB 96. Das Areal stelle also eine riesige Flächenreserve dar, betonte Schmid und folgerte: „Klar kostet die Realisierung eine Menge Geld. Aber auch die Grundstückspreise schießen in die Höhe. Letztlich schlägt man durch die Einhausung ja drei Fliegen mit einer Klappe: Gebannt sind Lärm und Feinstaub, und man gewinnt zudem wertvolle Flächen."

Nach oben ist noch Luft - ein bisschen

Ein weitläufiges Baugebiet passiert die Gruppe an der Drygalski-Allee / Ecke Boschetsrieder Straße. Das ehemalige Gelände der E.ON Energie AG, das bis zur Kistlerhof- und zur Machtelfingerstraße reicht, liegt schon lange brach. „Bürokratie verhinderte über Jahre, dass Wohnungen gebaut werden konnten", berichtet Schmid. Mittlerweile hat sich die Stadtverwaltung dazu durchringen können, Wohnbebauung zuzulassen.

Müsse man denn nicht doch in die Höhe bauen, zumal der Grund in München knapp und extrem teuer ist, warf Frau Klausnitzer ein. Nach oben sei durchaus noch Luft, meinte Schmid. Er denkt dabei jedoch nicht an Wolkenkratzer, sondern ans Aufstocken von vorhandener Blockbebauung um zwei Etagen – sofern die Bausubstanz das erlaubt. Außerdem gelte es, endlich stadteigene, leer stehende Häuser zügig neu zu vermieten. Gefragt sind bei Altbauten jedoch keine Luxussanierungen. „Moderate Mieten lassen sich nur erhalten, wenn nach einfachen Standards saniert wird. Außerdem dürfen städtische Grundstücke nicht ­ wie in der Vergangenheit oft geschehen ­ an den Höchstbietenden und somit an Investoren verkauft werden, die auf Gewinnmaximierung zielen", kritisierte der CSU-Politiker: „Denn Wohnungsgesellschaften, die bezahlbaren Wohnraum schaffen, können die Höchstpreise nicht stemmen. Aufgabe der Stadt sei jedoch, als Korrektiv eine soziale Wohnbaupolitik zu fördern."

Siemens-Park: Was lange währt ...

Bereits im Jahr 2011 war allen im Hermann-von-Siemens-Park ansässigen Sportvereinen gekündigt worden. Allein auf weiter Flur schlagen seither nur noch die Spieler vom Siemens Tennis Club e.V. Bälle übers Netz. Für den symbolischen Betrag von einem Euro hatte die Firma Siemens das Gelände der Stadt München zum Kauf angeboten. Eine Sport- und Erholungsanlage in prima Lage in Obersendling, auf einem 13,6 Hektar umfassenden Grundstück, das als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist. Doch die Stadtverwaltung zögerte lange; sie scheute die Kosten für den Erhalt. Ex-Siemensianer Günter Behrens hatte sich seit dem „Aus" für die Sportler dafür eingesetzt, dass das Areal in öffentlicher Hand bleibt. In Gesprächen mit den Zuständigen von der SPD sah er jedoch kein Weiterkommen. Nun darf er aufatmen. Denn im Dezember hat der Kommunalausschuss dem Kauf endlich zugestimmt. Nun wollte Behrens vom CSU-OB-Kandidaten dessen Standpunkt erfragen. „Im ersten Quartal 2014 soll der Kauf notariell vollzogen werden", weiß Schmid. So wird den Obersendlingern die grüne Lunge des Stadtbezirks erhalten bleiben. Und voraussichtlich stehen die Anlagen dann wohl auch den Sportvereinen wieder zur Verfügung.

„Das Wasser wird nicht privatisiert"

Auf der Rückfahrt bat Josef Schmid seine Mitfahrer, die verbleibende Zeit für offene Fragen zu nutzen. Echte Sorge - und da waren sich alle fünf Leser einig -  ­ bereite die anhaltend geführte Debatte über die Privatisierung der Wasserversorgung. „Das Münchner Wasser wird nicht privatisiert!", antwortete Schmid mit Nachdruck und setzte hinzu, er werde auch allen Vorstößen von Bürokraten in Brüssel massiven Widerstand leisten. „Meine Stimme kriegen Sie!", versicherte Irene Klausnitzer. An seinen Aussagen während des Wahlkampfs wird sich Josef Schmid, so er Münchens Oberbürgermeister wird, während seiner Amtszeit messen lassen müssen.


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