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Funktioniert der "Unterricht zuhause"?

Schüler erzählen, wie sie ohne "echte Schule" zurechtzukommen

So sieht es weiterhin in den allermeisten Schulklassen aus. Maximal 14 Prozent aller Schüler dürfen seit Montag in den Unterricht. Für manche dieser 14 Prozent bedeutet das aber keineswegs, dass sie nun jeden Tag tatsächlich in ihre Schule gehen werden, sondern zum Beispiel nur an einem von fünf Tagen pro Woche - den Rest sind auch diese Abschlussschüler weiter auf "Lernen zuhause" angewiesen. (Bild: sch)

Seit 16. März sind die bayerischen Schulen geschlossen. "Lernen zuhause" ist der Rettungsanker und bleibt es für fast 90 Prozent aller Schüler auch, wenn jetzt die ersten Klassen wieder in ihrer Schule unterrichtet werden.  Wie gut hält dieser "Rettungsanker" in der Praxis? Wir lassen Schüler verschiedener Schularten und Eltern zu Wort kommen.

Gerne können Schüler und Eltern uns weiterhin ihre Erfahrungen mailen (leser@muenchenweit.de - bitte mit Vorname, Klasse, Schulart), die wir dann hier ergänzen:

"Lernen nur mit Lieblingsschülern"

Jana, 19 Jahre, 12. Klasse, Fachoberschule, München:

Es ist sehr mühsam, von den Lehrern Informationen zu bekommen. Einige haben uns überhaupt keine Aufgaben geschickt, andere lernen nur mit denen, die danach gefragt haben oder mit ihren Lieblingsschülern. Eine Lehrerin hat beispielsweise mit der Parallelklasse Online-Unterricht gemacht, bei uns aber nicht, weil wir ihr zuwenig motiviert sind. Sie ist wohl froh, dass sie nichts mehr mit den lebhaften Schülern zu tun haben muss. Aber die gehören doch auch zu unserer Klasse. Auf Fragen bekommen wir keine Antwort, weil die Lehrer selbst nicht wissen, wie es mit der Schule weitergeht. Ich habe wenig Motivation und das Gefühl, dass es den Lehrern genauso geht. Jetzt fängt die Schule wieder an. Wir haben nur Abiturvorbereitung. Das heißt Schule an zwei Tagen. Es gibt aber nur eine Stunde Mathematik. Ich habe Angst vor der Abschlussprüfung.

"Das kann ich schon"

Anna über das Online-Lernen ihres Sohnes Leon, 1. Klasse, Grundschule, München:

Leon bekommt einen Zwei-Wochen-Plan, den er selbstständig mit Hilfe der Eltern, abarbeiten soll. Dabei wird kein neuer Stoff vermittelt, sondern nur wiederholt. Das ist natürlich langweilig und Leon ist bereits nach einer Woche mit allem fertig. Er quengelt dann, 'das kann ich schon' und will etwas Neues machen. Ich möchte ihn in seinem Lerneifer nicht bremsen, er darf auch mehr machen. Das ist der Lehrerin aber gar nicht so recht, weil sie Angst davor hat, dass sie dann lauter Schüler mit unterschiedlichem Wissensstand zurück bekommt. Zum Glück schickt die Lehrerin viele Bastelanleitungen, mit denen Leon sich beschäftigen kann. Wir haben Glück, dass wir deutschsprachig sind, aber für andere Familien ist es sicher schwieriger.

"Keine Erfahrungen mit Krisen"

Marion, Elternbeirätin, München:

Für mich geht es in der ganzen Diskussion viel zu viel um Noten. Vom seelischen Zustand unserer Kinder, die in ihrem bisherigen behüteten Leben keinerlei Erfahrungen gesammelt haben wie man mit Krisen umgeht, ist nirgends die Rede. An unserer Schule gibt es einige Schüler, die vollkommen abgetaucht sind. Hier würde ich mir wünschen, dass Lehrkräfte nicht alles auf die Eigenverantwortung schieben, sondern auch einmal den direkten Kontakt suchen, um zu schauen, ob alles okay ist. Manche Familien haben Existenzsorgen, in anderen leben Familienmitglieder, die einer Corona-Risikogruppe angehören oder die erkrankt sind, nicht jeder Schüler hat ein eigenes Zimmer, einen eigenen Computer oder kann sich selbst strukturieren, manche entfliehen den Sorgen, indem sie sich in ihre Computerwelt oder in die Sucht verkriechen. Ich habe Angst, dass die sozial benachteiligten, die schwierigen und leistungsschwachen Schüler und Schülerinnen auf der Strecke bleiben.

"Informationen gibt es nicht"

David, 17 Jahre, Berufsschule (im Berufsgrundschuljahr), München:

Wir haben von unseren Lehrern nicht besonders viel Unterrichtsmaterial bekommen. Hilfestellungen zu den Arbeitsblättern, die wir online erhalten haben, gibt es kaum. Es geht da aber um neuen Stoff, den wir in der Schule noch gar nicht besprochen haben. Wenn wir zu Arbeitsaufträgen Fragen hatten, bekamen wir zunächst nur knappe Antworten über WhatsApp. Nach mehrmaligem Nachhaken haben wir zwar Hilfestellungen erhalten, aber erst am Tag vor dem Abgabetermin. Da waren die meisten mit ihren Arbeiten schon fertig.

Informationen über noch nötige Praktika oder darüber, wie es weitergeht, gibt es nicht. Wo wir unseren Lehrer erreichen können, wissen wir nicht: Die Kommunikation läuft parallel über WhatsApp, Mail und unsere Schulplattform, auf der jeder Beiträge hochladen kann. Das funktioniert aber nur teilweise und man muss sich jedes Mal neu anmelden. Wenn ein Schüler über diese Plattform eine Frage stellt, kann er die Antwort des Lehrers lesen. Die übrige Klasse, die vielleicht vor demselben Problem steht, bekommt davon aber oft gar nichts mit.

"Ich arbeite ich viel effektiver und schneller"

Anna, 14 Jahre, 8. Klasse, Gymnasium, Pasing:

Insgesamt finde ich Unterricht zu Hause gut, auch wenn mir meine Klasse und eigentlich die Schule an sich fehlt. Alle meine Lehrer schicken viel Material, entweder über mebis oder E-Mail. Manchmal ist es auch zu viel, weil sich die Arbeitsblätter wiederholen und ich nicht weiß, was wirklich wichtig ist und was nur die Wiederholung ist. Aber absolut positiv ist es, dass ich mir meine Zeit frei einteilen kann. Da arbeite ich viel effektiver und schneller. Und ich habe Zeit für meine Hefteinträge, die kann ich dann wirklich so gestalten, wie ich es gut finde und wie es für mich am einprägsamsten ist.

"Ich muss zuhause disziplinierter sein"

Rebecca, 18 Jahre, Abiturientin, Pasing:

Für mich ist Homeschooling eigentlich spaßig, da wir eher wenige Aufträge bekommen und die oft auch nur freiwillig an die Lehrer senden müssen. Trotzdem kann ich die Aufgaben gut nutzen, wenn ich eine Sache vertiefen möchte. Da ist Lernen also viel gezielter und mit persönlicher Gewichtung möglich – das gefällt mir sehr. Ich habe allerdings schnell festgestellt, dass die Motivation zu Hause eine andere ist als in der Schule. Zu Hause muss ich schon viel disziplinierter sein, dass ich die Aufgaben nicht aufschiebe.

"Wir bekommen Erklärungen"

Philipp, 11 Jahre, 6. Klasse, Realschüler, München:

Wir bekommen regelmäßig Arbeitsaufträge von unseren Lehrern. Später bekommen wir auch die Lösungen dazu, können die Arbeiten damit korrigieren und zu unseren Lehrern zurückschicken. Wir haben mehr Hausaufgaben als sonst. Bei neuem Stoff bekommen wir eine Erklärung dazu, die wir in unser Merkheft zuhause abschreiben. Wenn ich Fragen habe, helfen mir Mama oder Papa. Vor Ostern hat man uns gesagt, dass wir jetzt nach den Ferien noch drei Schulaufgaben in Mathe, Deutsch und Englisch schreiben. Wir wissen aber noch nicht, wann das ist. Ich vermisse besonders den Sportunterricht, den mag ich sehr gerne.

"Ich bin dauernd am Suchen"

Lukas, 17 Jahre, 12. Klasse, Fachoberschule in München:

Die Lehrer sind untereinander total unorganisiert. Ich bekomme Aufträge über sechs verschiedene Kanäle. Das reicht von Email über Whatsapp, bis zu Mebis, Webuntis, Zoom oder Skype. Ich bin dauernd am Herumsuchen, wo wieder etwas gekommen ist. Ich habe auch Probleme mit dem Zugang. Manchmal geht das Passwort nicht mehr und dann komme ich nicht in die Plattform. Es dauert viel zu lange, bis die Lehrer antworten. Einen direkten Kontakt zu den Lehrern habe ich nicht. Anrufen geht gar nicht, nur Emails schreiben. Nur zwei Lehrer haben Videokonferenzen angeboten. Da haben aber nicht alle Schüler mitgemacht. Von manchen Lehrern habe ich bis heute nichts gehört. Für das Fachabitur fühle ich mich gar nicht vorbereitet. Ich habe das Gefühl, dass manchen Lehrern die Schüler total egal sind.

"Das wundert mich eigentlich"

Julian, 16 Jahre, Gymnasium, München:

Ich hatte gar keine Erwartungen ans Homeschooling und kann daher auch nicht vergleichen, was eigentlich rauskommen müsste. Meine Lehrer schicken Arbeitsaufträge per Mail oder über mebis. Es hält sich aber alles sehr in Grenzen, viele Fachlehrer haben auch noch gar nichts geschickt. Das wundert mich eigentlich. Unterricht über Skype oder ähnliches findet nicht statt. Zur Begründung hieß es, dass nicht alle Haushalte über die notwendige Technik verfügen. Für unsere Klasse trifft das aber nicht zu, soweit ich das beurteilen kann. Wir haben alle mindestens ein Smartphone. Vielleicht sind also die Lehrer nicht entsprechend ausgerüstet oder trauen sich nicht ans “neue Medium“ heran? Keine Ahnung.

"Ich freue mich auf die Briefe"

Ayse, 11 Jahre, Mittelschule, München:

Meine Lehrerin schickt uns regelmäßig Briefe – dreimal pro Woche ungefähr. Die sind ganz liebevoll geschrieben und haben immer auch Arbeitsblätter für Mathe und so dabei. Für mich sind die Briefe toll. Ich finde sie sehr persönlich und ich freue mich immer auf die Briefe. Natürlich will unsere Lehrerin, dass wir ihr zurückschreiben und die Arbeitsblätter ausfüllen und auch mitschicken. Ich lasse mir Zeit dafür und gebe mir auch viel Mühe beim Zurückschreiben. Schließlich soll sich meine Lehrerin auch über mich und meinen Brief freuen.

"Neues kann ich nicht alleine lernen"

Lisa, 12 Jahre, 6. Klasse, Gymnasium in Germering:

Es ist schon sehr viel, was ich machen muss. Alle Lehrer schicken Aufträge per Email. Das müssen meine Eltern dann für mich ausdrucken. Sogar in Kunst, Musik und Sport kommen Hausaufgaben. Da muss ich beispielsweise ein Bild malen oder Seilhüpfen. Das ist schon sehr stressig. Den Stoff in den Hauptfächern verstehe ich oft nicht und kann ihn nicht alleine lernen, vor allem wenn er neu ist. Bei Mathe hilft mir meine Mutter, in Englisch habe ich Nachhilfe am Telefon, aber Latein muss ich alleine machen. In Englisch schreibt der Lehrer immer ein paar Schüler an, die ihm etwas zurückschicken sollen. Das ist so ähnlich wie das Ausfragen. In Informatik müssen wir zu zweit eine Präsentation ausarbeiten, am Telefon geht das aber überhaupt nicht gut.

"Ich finde das gar nicht so schlecht"

Simon, 15 Jahre, 8. Klasse, Realschule in Herrsching:

In den ersten drei Wochen des Homeschoolings gab es fast gar nichts von den Lehrern. Jetzt bekommen wir einmal in der Woche einen Wochenplan für die Hauptfächer Deutsch, Englisch und Mathematik. Mathe mache ich mit meiner Mutter, in Deutsch ist das Thema gerade "Reportage". Das erarbeite ich mir selbst aus dem Schulbuch. In Englisch wiederholen wir nur. Aber nur in Deutsch und Englisch muss ich die Aufgaben verpflichtend zurückschicken. In Mathe ist das freiwillig. Die Aufträge werden über die Plattform Schulmanager geschickt. Ich finde das Ganze gar nicht so schlecht. Für mich ist es weniger stressig als sonst.

"Ich freue mich auf die Schule"

Nick, 16 Jahre, 9. Klasse, Mittelschule:

Am Anfang war alles schon sehr anders als der normale Unterricht. Die Lehrer haben uns am letzten Schultag in der Schule gesagt, was wir in der Zeit zuhause lernen sollen. Darum haben wir alle Bücher und Hefte mit nach Hause nehmen müssen. Die Lehrerin hat mir jeden Tag neue Aufgaben per Email geschickt, die für den Quali sehr wichtig sind. Ich habe die bearbeiteten Aufgaben dann am nächsten oder übernächsten Tag an meine Klassleitung per Email geschickt. Die ersten zwei Wochen hat mich meine Lehrerin immer mal wieder angerufen und gefragt, ob alles okay wäre. Ich habe am Anfang Angst gehabt, dass ich wegen dem Durcheinander den Quali nicht schaffen werde. Jetzt freue ich mich, dass ich wieder in die Schule gehen kann.

"Die Lehrer stehen bei Fragen zur Verfügung"

Janina, 11 Jahre, 5. Klasse, Gymnasium:

Jeden Montag bekommen wir einen Wochenplan, der in Tagesaufgaben eingeteilt ist. Wir bekommen Aufgaben für jedes Fach, außer für Musik. Ich fühle mich nicht gestresst davon und komme mit den Aufgaben gut zurecht. Ich bekommen Hilfe von meinen Eltern, wenn ich etwas nicht verstehe, und auch die Lösungsblätter helfen mir weiter, um zu sehen, wo ich Fehler gemacht habe. Zurückschicken müssen wir nichts, aber die Lehrer stehen bei Fragen zur Verfügung. Unsere Mathelehrerin wollte eine Email, ob wir die Aufgaben lösen konnten. Die Lehrer schreiben und oft nette Briefe. Die Menge ist ok, ich habe noch genug Freizeit. Am meisten vermisse ich meine Freunde.

"Manches kommt durcheinander"

Julian, 9 Jahre, 3. Klasse, Grundschule:

Unsere Klassenlehrerin schickt uns sehr viele Matheaufgaben, es ist alles neuer Stoff. Ich habe mich sehr gefreut, dass sie uns zwei Erklärvideos aufgenommen hat, so dass ich den neuen Stoff gut verstehen konnte. Außerdem hat sie uns lustige youtube-Videos geschickt. Mein Papa hilft mir in Mathe. In anderen Fächern bekommen wir die Aufgaben durcheinander, wir müssen viel wiederholen, aber bekommen auch neuen Stoff. Nicht alle Lehrer schicken uns so tolle Wochenpläne wie unsere Mathelehrerin. Ich vermisse den Sportunterricht und meine Freunde sehr. Meine Mama sortiert die Aufgabenblätter für mich, damit ich weiß, was ich an welchem Tag machen muss.

"Ich bin ruckzuck fertig"

Florian, 13 Jahre, 8. Klasse Gymnasium:

Bei uns sind die Lehrer alle ziemlich alt und deswegen hat es lange gedauert, bis die das mit Mebis und dem Internet auf die Reihe gekriegt haben. Jetzt schicken sie uns dafür umso mehr. Das ist mir aber wurscht, denn dann beeile ich mich halt und bin noch schneller fertig. Am meisten fehlt mir das Fußballtraining. Und mein bester Freund. Die Mama hat vorgeschlagen, wir könnten doch mal zusammen joggen gehen, aber dazu habe ich keine Lust. Ich will nicht rausgehen, sondern mit ihm Wii spielen. Das ist aber nicht erlaubt. Weil wir wussten, dass wir jetzt lange daheim sind, haben sich ganz viele von uns Jungs zum Spaß einen Stiftenkopf rasiert.

"Hoffentlich wird die Prüfung leichter"

Kati, 15 Jahre, Berg, 10. Klasse, Realschule:

Ich mache jetzt die Mittlere Reife und habe viel darüber nachgedacht, ob wir Nachteile wegen der Schulschließung haben werden. Erst war ich der Meinung, es wird mir besser gehen als anderen, weil ich eigentlich fleißig bin und viele andere kenne, die nichts tun. Aber ich habe leider gemerkt, dass es nicht so gut klappt, den ganzen Tag durchzulernen, wie ich vorhatte. Montag / Dienstag geht es noch ganz gut und den Rest der Woche immer weniger. Am meisten Angst habe ich vor dem „Speaking Test“ in Englisch, weil wir da kaum mehr Zeit zum Üben haben. Ob die in der Abschlussprüfung wohl darauf Rücksicht nehmen? Für mich geht die Schule jetzt wieder an. Endlich wieder einen strukturierten Tag und mehr Druck, etwas zu lernen. Unsere Klasse wird geteilt.

"Alles ist so weit weg"

Alma, 16 Jahre, 1. Vorbereitungsjahr auf das Gymnasium:

Erst war ich noch voll im Schulrhythmus und sehr motiviert, bin um 7.30 Uhr aufgestanden und habe drei oder vier Stunden gelernt. Unser Französischlehrer ist gut, der hat von Anfang an öfter Videokonferenz gemacht und das Schönste ist jetzt, mal die Mitschüler zu sehen. Blöd war aber zum Beispiel, dass der Mathelehrer einfach nur die Aufgaben zusammen mit der Lösung geschickt hat und gesagt hat, er braucht von uns nichts zurück. Wenn man keinen Zwang hat, macht man es aber erst ganz spät oder gar nicht. Überhaupt ist es sehr schwer und dauert es ewig, bis man sich Grammatik oder Mathe selber beigebracht hat. Jetzt hab ich langsam keinen Bock mehr, allein zu lernen. Alles ist so weit weg, die Schule und die Lehrer. Es ist mir auch nicht mehr so wichtig, alles pünktlich zu schicken. Jeder Tag ist gleich. Gammeln und Netflixschauen machen auch keinen Spaß mehr.

"Super, keine Exen"

Thekla, 15 Jahre, 9. Klasse, Gymnasium:

Keine Ausfrage, keine Exen, keine Schulaufgaben – das Leben ist viel weniger stressig als in der Schule. Ich stehe um halb neun auf und frühstücke erst mal eine Dreiviertelstunde, dann lerne ich zwei oder drei Stunden. Die Mathe- und Chemielehrer haben Erklärvideos mitgeschickt, das war super, denn nur mit dem Buch lernen, hätte ich nicht so viel verstanden. Unser Englischlehrer hat drei Wochen nichts von sich hören lassen und dann hieß es, er wusste nicht, dass es mit der Zustellung der Aufgaben nicht geklappt hat. Jetzt hat er alles auf einmal geschickt und wir sollen es in einer Woche fertig haben. Unsere Klassenlehrerin ist schon ziemlich alt und musste so eine Videokonferenz erst üben. Es war aber sehr nett, dass sie uns gefragt hat, wie es uns geht. Und dass die nächste Deutsch-Schulaufgabe ausfällt.

"Unfreiwillige Einblicke"

Thea, 20 Jahre, Lehramts-Studentin in München:

Ich bin im 2. Semester. Dass man jetzt so allein ohne direkten Kontakt vor sich hinstudieren muss, stört mich ziemlich. Alle Seminare finden online statt. Was man von den anderen Teilnehmern versehentlich mitkriegt, ist allerdings oft sehr lustig. Bei einer Kommilitonin sah man auf das Bett hinter ihr. Erst lag die Bettdecke ganz still da, dann fing sie nach zehn Minuten an, komisch zu rumoren. Wahrscheinlich lag der Freund noch drunter. Und einer der Dozenten hatte die Kamera zu früh angeschaltet und ging dann nochmal kurz raus. Da haben wir das Baby von ihm gesehen. Es saß brav festgeschnallt im Hochstuhl, hatte ein Lätzchen um den Hals und die Backen noch vollgestopft mit Brei. Als das Baby auf einmal in die Gesichter von uns 30 Leuten schaute, wusste es gar nicht wie ihm geschieht und war ganz fassungslos vor Erstaunen.

"Die Kommunikation mit der Schule ist für Eltern oftmals schwierig"

Diana Franke:

Mein Sohn besucht die 4. Klasse Grundschule, aus Sicht an der Homeschooling-Front für Grundschüler sieht es aktuell so aus:

Es gibt erste Schritte in Richtung Nutzung von Plattformen wie MEBIS und Schulmanager Online. Leider laufen diese nicht stabil und sind für jüngere Schüler nicht alleine handelbar, sprich Eltern oder ältere Geschwister müssen permanent unterstützen.

Es gibt nur wenige Angebote für direkte Kommunikation mit den Lehrkräften für die Kinder, oft auch gar keine.

Die Kinder zeigen zunehmen Zeichen von depressiver Verstimmung und Lethargie.

Weitere sinnvolle Maßnahmen wie Videokonferenzen, Erklärvideos der Lehrer etc. sind sehr abhängig von der einzelnen Schule. Unsere weigert sich strikt, so etwas auszuprobieren, solange es keine verbindlichen Vorgaben aus dem KuMI dazu gibt.

Die Kommunikation mit der Schule ist für Eltern oftmals schwierig, Elternbeiräte teilweise überfordert mit der Aufgabe. Ich habe beispielsweise erst Antwort von der Schule bekommen, nachdem ich beim Schulamt um Hilfe gebeten hatte (dort war man allerdings wirklich sehr nett und hat sich sofort gekümmert).

Völlige Unklarheit besteht m.E. noch bzgl. der Umsetzung des 150-Euro-Zuschusses für Equipment für jedes Kind.

Auch fehlt ein sinnvolles, tragfähiges Konzept zur Verknüpfung von Onlineschooling und teilweisem Präsenzunterricht, der ja irgendwann wieder starten wird. Wie sollen Eltern verlässlich planen bzgl. ihrer beruflichen Tätigkeit, wenn völlig unklar ist, wann Kinder in der Schule und / oder Hort sein können und wann sie zu Hause betreut werden müssen?

Als letzten Aspekt möchte ich noch auf ein weiteres wichtiges Thema hinweisen, das bisher nirgends angesprochen wird: Die Kinder leiden auch unter starkem Bewegungsmangel, auch mit gutem Willen können Eltern nicht fehlenden Sportverein, Schulsport und schlichtes Rumrennen mit Freunden ersetzen. Stattdessen sitzen die Kids viel mehr vor diversen Medien. Auch dafür müssen unbedingt Lösungen gefunden werden, wenn man davon ausgeht, dass wir noch von mehreren Monaten andauernden Beschränkungen ausgeht!

"Kinder ziehen sich in digitale 'Spiele'-Welt zurück"

Bea Bitter:

Ich bin zwar keine Betroffene mehr, aber in meiner Umgebung sehe ich, wie immer mehr Kinder sich in eine digitale "Spiele"-Welt zurückziehen. Sie sind für die Schule nicht motivierbar. War es das wert? Wir haben jedes Jahr 8.000 Tote im Haushalt, 3.000 Tote im Straßenverkehr, sind aber zu keinem Autolimit fähig. Aber die Schulen und Ferienbetreuungen können wir mit einem Federstrich schließen.

Aussage einer Viertklässlerin: "Ich habe ein Recht auf Bildung" - aus der Charta der Vereinten Nationen. Das war Unterrichtsstoff um Fasching. Anscheinend bleibt bei den Schülerinnen und Schülern was hängen.

"Ich muss immer alleine im Garten spielen"

Helene, bald 2 Jahre, Krabbelgruppe in der Pfarrei Leiden Christi, München:

Es ist toll, dass mein Papa jeden Tag zuhause ist und mit mir spielt, wenn er mit der Arbeit fertig ist. Die Mama ist sowieso immer da. Einmal in der Woche macht sie das Smartphone an, dann sehe ich meine Freunde aus der Krabbelgruppe, und wir basteln gemeinsam. Aber ich darf leider nicht auf den Spielplatz in unserer Siedlung, sondern muss immer alleine im Garten spielen. Das finde ich blöd, weil ich mich mit den anderen Kindern sehr gut verstehe. Ich bin neidig auf die älteren Nachbarskinder, die schon alleine auf die Straße dürfen, aber Mama und Papa halten mich noch für zu klein und wollen immer mit. Dafür besuchen wir jeden Tag die Hühner am Hühnermobil oder die Enten an der Würm. Ich vermisse meine Oma und meinen Opa, auch wenn die mich jeden Tag anrufen. Ich würde mich gerne mal wieder von ihnen in den Arm nehmen lassen.

(Helene geht noch nicht in Kita oder Schule, macht aber auch ihre Erfahrungen mit dem Verlust des gewohnten Tagesablaufs. Daher hat Johannes Wieser für seine Tochter nacherzählt).

"Von Vergleichbarkeit kann keine Rede sein"

Brigitte Smith hat Anfang April in einem Brief an das Bayerische Kultusministerium und die Regierung von Oberbayern und an die Rektorinnen der Schulen ihrer Kinder geschickt und darum gebeten, wegen der durch Corona ungleichen Voraussetzungen in der Schulbildung heuer auf Abschlussprüfungen zu verzichten und Grundlagen für angemessene Abschlusszeugnisse festzulegen. Sie erzählt:

Lediglich die Rektorin der Friedrich-Oberlin-Fachoberschule hat mir geantwortet. Weitere Rückmeldungen stehen noch aus. Unsere Kinder besuchen die 9.Klasse (Montessorischule) und die 12. Klasse (FOS). Die Abschlussprüfungen stehen bei beiden Jugendlichen an und nach den Erfahrungen des Homeschooling und der teilweise Wiederaufnahme des Unterrichts mit minimalen Stunden steht die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme vollständig in Frage. Von Vergleichbarkeit zu früheren Jahrgängen kann in dieser Ausnahmesituation in keinster Weise die Rede sein. Mir stellt sich weiterhin die Frage, warum die Gesundheit und die Belastbarkeit unserer Kinder zu völlig ungleichen Bedingungen in Prüfungssituationen auf die Probe gestellt werden muss? Wessen Interessen stehen da im Vordergrund - sicher nicht die der Schüler und Lehrkräfte.

„Gechillte Abiturienten“

Katrin, Lehrerin an einem Gymnasium:

Ich unterrichte Erdkunde. Meine Abiturienten, die Colloquium machen wollen, kamen recht gechillt in ihre erste Unterrichtsstunde nach Corona. Es liegt mir schon sehr am Herzen, dass sie wegen Corona und des wochenlangen Stundenausfalls in der Prüfung nicht schlechter abschneiden als ihre Vorgänger. Ich habe für sie eine Stoffsammlung zusammengestellt und ihnen gesagt, was sie sich intensiv anschauen sollen. Die Mädchen haben wie verrückt mitgeschrieben, die Jungs saßen nur da. Erst als ich meinte „Jetzt sage ich schon so eindeutig, was drankommt, und Ihr holt nicht mal den Stift raus“, bequemten sich einige dazu. Der Fleiß in der Unter- und Mittelstufe war während des Homeschoolings so la la. Die Hälfte der Schüler hat nie ihre Aufgaben abgegeben. Ich habe sie jede Woche über die Online-Plattform einzeln angeschrieben und nachgefragt, das war ziemlich mühsam. Da ich Ende des Jahres in Rente gehe und altersmäßig zur Risikogruppe gehöre, muss ich nicht mehr persönlich in der Klasse unterrichten.

"Meine Lehrerin ruft manchmal an"

Melanie, 3. Klasse Grundschule:

Entweder meine Lehrerin oder die Post bringen mir die Unterlagen für das Lernen daheim ausgedruckt zu Hause vorbei. Ich kriege meine Unterlagen jeden Samstag für die ganze Woche und habe dann für jeden Tag einen Arbeitsplan. Meine bearbeiteten Unterlagen bringt die Mama dann wieder in die Schule zurück, immer wenn ich die Hausaufgaben für die Woche fertig habe. Meine Lehrerin ruft manchmal an, um zu schauen, wie es uns geht. Wenn ich Fragen habe, hilft mir meine Mama. Ich finde das nicht so kompliziert, in den ersten Wochen habe ich meine Hausaufgaben manchmal geschoben, aber jetzt mache ich sie zügig und brauche so zwei bis drei Stunden jeden Tag. Ich vermisse am meisten meine Lehrer und meine Freunde und würde mir wünschen, dass die Schule bald wieder anfängt.

"Ich vermisse die Schule sehr"

Markus, 3. Klasse Grundschule:

Meine Klassenlehrerin schickt jeden Tag Unterlagen per Email und meine Eltern drucken sie für mich aus. Wir ordnen alles in einem Hefter ab, den wir in der Schule abgeben. Dort gibt es einen Hol- und Bringservice am Eingang, wo die Hefter nach Klassen sortiert abgegeben werden, damit die Lehrerin weiß, was wir verstanden haben und was nicht. Wir bekommen manchmal einen Film geschickt zu HSU-Themen. Außerdem habe ich einen Lauf-Dich-Fit-Pass bekommen, damit ich mich genug bewege. Ich finde das Lernen daheim eigentlich total blöd, in der Schule kann ich mich besser konzentrieren. Ich vermisse die Schule sehr.

"Für mich funktioniert es gut"

Lea, 7. Klasse, Gymnasium:

Wir haben einen Lehrer, der eine Internetseite erstellt hat und da können alle Lehrer die Arbeitsaufträge einstellen und wir können sie dort abrufen. Am Anfang war der Server manchmal überlastet, aber seit mein Lehrer die Seite neu programmiert hat, gibt es keine Probleme mehr. Ich drucke meine Blätter aus und bearbeite Aufgaben in meinem Heft, dann schicke ich ein Foto von meiner Arbeit zurück. Viele Arbeitsaufträge werden wieder an die Lehrer zurückgeschickt und manchmal bekommen wir Korrekturen zurück. Mein großer Bruder ist in der 9. Klasse und hat mit seinen Lehrern Videokonferenzen. Ich habe keine Videokonferenzen, aber mit meiner Französischlehrerin habe ich mal Emails geschrieben. Die meisten Lehrer bieten Kontakt per Email an, auf der Website gibt es eine Chatfunktion, aber die habe ich noch nicht benutzt. Für mich funktioniert das Lernen daheim ganz gut, ich brauche nicht viel Hilfe von meinen Eltern, manchmal mache ich mit meinem Opa über Videochat Mathe. Opa macht das auch mit meinen Cousinen und meinem Bruder. Am meisten vermisse ich natürlich meine Freunde.

"Das meiste schaffe ich allein"

Ramona, 7. Klasse, Realschule:

Für mich funktioniert das Lernen daheim ziemlich gut. Die Schule hat eine Webseite eingerichtet, auf der jeder Lehrer einen Ordner hat, wo ich mir die Unterlagen runterladen kann. Mittlerweile ist das gut strukturiert und ich habe einen guten Überblick über meine Unterlagen. Online bearbeiten wir nichts, manchmal gibt es Arbeitsblätter zum Ausdrucken oder Hefteinträge zum Abschreiben. Oft bekomme ich Aufgaben aus meinen Arbeitsbüchern und Arbeitsheften zu bearbeiten. Wir können bei Fragen unsere Lehrer immer über Email kontaktieren. Eine Lehrerin bietet Video-Sprechstunden an. Das meiste schaffe ich allein, aber wenn ich Hilfe brauche, helfen mir meine Eltern. Am meisten vermisse ich meine Freunde und die Klassengemeinschaft.

„Postkarte vom Direktor“

Alma, 16 Jahre, Zweiter Bildungsweg:

Ich gehe auf eine Schule, an der man das Abitur im Zweiten Bildungsweg machen kann. Es ist eine sehr kleine Schule, mit nur sechs oder sieben Klassen. Neulich hat der Direktor jedem von uns eine Postkarte nach Hause geschickt. Als Überschrift stand „Save the Date“ drauf und dazu war ein Nostalgie-Klassenzimmer wie vor 100 Jahren abgebildet. Er hat geschrieben, dass wir am 15. Juni wieder in die Schule dürfen und dass sich alle sehr auf uns freuen. Das war richtig süß. Ich werde mir die Karte zum Andenken an Corona aufheben. Bis zum 15. ist es aber noch ziemlich lang hin.

„Die Lehrer sind wie immer“

Maja, 16 Jahre, 10. Klasse Realschule:

Weil wir Mittlere Reife machen, waren wir die ersten, die wieder in die Schule gingen. Es ist komisch, wenn die Schule so leer ist. Jede Klasse hat ihre eigenen Toiletten und jeder darf nur einzeln gehen. In der Pause lauern die Lehrer, dass wir die Abstandsregeln einhalten. Wir Abschlussklassen wurden geteilt und hatten seit Ostern voll Unterricht. Jetzt kommen aber weitere Klassen wieder zur Schule und dann haben wir einen Tag frei, weil sonst die Räume nicht reichen. Die Lehrer sind auch nicht anders als sonst.

Unterricht mit iPads ist hier ganz normal

Hanna, Realschule Gauting:

Wir bekommen jede Woche einen neuen Arbeitsauftrag in jedem Fach. Es läuft dann so ab, dass wir auf unserer Plattform RSG intern die Nachrichten von unseren Lehrern erhalten und die dazugehörigen Arbeitsaufträge auf DS-File finden. Die können wir auf unsere iPads herunterladen und bearbeiten und später wieder hochstellen in einen bestimmten Abgabeordner.

Die Menge der Arbeitsaufträge kommt immer aufs Fach an; Mathe, Deutsch und Englisch etwas mehr, in den Nebenfächern tendenziell weniger. Wenn wir Probleme haben können wir die Lehrer direkt anschreiben und sagen, ich bräuchte noch etwas länger, ich werde es natürlich nachholen, ich habe noch etwas Probleme damit.,,
Ich finde schon, dass man etwas gelernt hat durch das Selbststudium. Was mir aber tatsächlich gefehlt hat, waren die Lehrer, die das nochmal explizit erklärt haben. Manchmal haben wir aber auch mit Lehrern eine online-Konferenz abgehalten und sie haben es nochmal wiedergegeben. Bei uns wird von den Lehrern immer wieder deutlich gemacht, dass wir uns bei Kummer jeglicher Art an sie wenden können.

Die Staatliche Realschule Gauting war bundesweit eine der ersten Schulen, die systematisch iPads im Unterricht eingesetzt hat. Sie hat inzwischen eine mehrjährige Erfahrung damit.

"Täglich neue Anweisungen"

Sabine S., Lehrerin an einer Münchner Förderschule:

Ich mache zurzeit nur die Notbetreuung, denn meine Klasse kommt erst nach den Pfingstferien wieder. Es wird erst einmal darum gehen, die Achtjährigen nach drei Monaten ohne Unterricht wieder „einzufangen“ und an das Stillsitzen zu gewöhnen. Das ist schon jedesmal nach den Sommerferien das Schlimmste, und es graust mir auch jetzt schon davor. Ich habe große Bedenken, wie viel Stoff wir überhaupt noch bis Schuljahresende schaffen und wie es gelingt, die Schwächeren wieder ins Boot zu holen. Für das Homeschooling habe ich jede Woche die Aufgaben für die Schüler vorbereitet. Das Paket fahre ich jedem einzelnen bis nach Hause und hänge es an die Wohnungstür. Mittlerweile klappt es bis auf Einzelfälle mit dem Rücklauf sehr gut. Ich finde das toll, denn ich weiß, dass viele Eltern sich nicht so drum kümmern können, weil sie berufstätig sind oder Nachtschicht arbeiten. Einmal in der Woche rufe ich die Kinder an, um zu fragen, wie es ihnen geht und ob sie mit den Aufgaben zurechtkommen. Es gelingt aber nicht in allen Fällen, Kontakt aufzunehmen. Manche Familien fühlen sich gestört. In der Schule geht es recht hektisch zu, und es gibt viele Besprechungen, wie die Bestimmungen am besten umzusetzen sind. Täglich kommen neue Anweisungen „von oben“ und oft ist am nächsten Tag alles wieder anders.

„Inzwischen läuft es sehr gut“

Ulla Siebert, Rektorin Grundschule an der Droste-Hülshoff-Straße:

Das "Lernen zuhause" wie es vom Kultusministerium genannt wird, musste relativ kurzfristig ins Leben gerufen werden. Unterstützt von Eltern haben wir passwortgeschützte Zugänge für die Klassen organisiert, voller Elan haben sich am ersten Tag alle Kinder und vor allem Eltern auf die Homepage gestürzt, darauf brach das System zusammen. Daraus haben wir gelernt, inzwischen läuft es sehr gut, neben Aufträgen und Materialien sind auf den Lernaccounten Audio- und Videodateien hochgeladen. Jetzt beginnt die Schule für unsere Großen; die Klassenzimmer wurden für max. 10 Kinder vorbereitet, jedem ist ein Tisch und ein Stuhl zugewiesen. Der Unterricht findet zeitversetzt statt, die Kinder haben 3 Stunden Unterricht, alle "schönen" Fächer wie Sport und Kunst und Musik sind vorerst nicht möglich. Auch die so beliebte Pause findet reduziert statt. Dennoch freuen sich die Kinder und auch wir, dass es wieder losgeht. Nächste Woche starten unsere Jüngsten - wir sind sehr gespannt.

„Kalt erwischt“

Frank Bernhardt, stellvertr. Elternbeiratssprecher, Grundschule an der Fürstenrieder Straße:

Die Auszeit des gewohnten Schulalltags führt allen Beteiligten vor Augen, wie wenig digitale Werkzeuge und Inhalte dort bisher Einzug gehalten haben. Eltern und Lehrer, und allen voran die Politik, wurden von den Real-Anforderungen der "Schule daheim" kalt erwischt. Was einigen Familien oder Lehrern eine willkommene Abwechslung bietet, stellt Andere vor Zerreißproben – organisatorisch, finanziell, physisch, emotional. Versäumnisse bei der Modernisierung unseres Schulgebäudes schlagen sich zudem direkt in den unzureichenden sanitären, technischen und didaktischen Möglichkeiten zum Bewältigen der aktuellen Herausforderungen nieder. Es wird daher von Eltern und Lehrer weiterhin Mut, Kreativität, Flexibilität, Lernbereitschaft, Engagement, Glaube und Geduld notwendig sein, damit nicht nur unsere Kinder, sondern auch wir selbst gut durch die Krise kommen.

„Es ist anspruchsvoll“

Philipp Volkmer, Realschuldirektor Carl-von-Linde-Realschule im Westend:

Ich bin froh, dass wieder Schülerinnen und Schüler in der Schule sind. Eine Schule ohne Kinder ist doch etwas trostlos, nun sind wieder Stimmen und Lachen im Haus – wie schön! Man spürt, dass viele Jugendliche sehr dankbar sind, wieder hier zu sein. Alle Klassen sind geteilt oder gedrittelt – die Klassen werden also in Kleingruppen unterrichtet, das ist nicht nur Teil der Hygienebestimmungen, sondern auch gut für die anstehenden Abschlussprüfungen. Aber es ist anspruchsvoll, vor allem für die Kinder, die die Pausen in ihren Klassenzimmern verbringen müssen, wenig Bewegung haben und sich dennoch konzentrieren sollen. Auch für die Lehrkräfte ist das Unterrichten mit Mundschutz mühsam. Da die Klassen ja geteilt sind, kommt ganz schön viel Unterricht zusammen. Die online-Beschulung für die unteren Jahrgangsstufen kommt noch dazu. Wir sind sehr gespannt, wie es weitergeht.

„Es ist nicht so wie es sein sollte“

Eva Wobido, Rektorin der Grundschule im Bildungscampus Freiham:

„Lernen zuhause“ klingt an sich sehr verlockend. Unsere jungen, motivierten Lehrkräfte setzen sich engagiert mit vielen tollen Ideen an die neuen medialen Möglichkeiten, kreieren Lernvideos oder Aufgaben, die digital gelöst werden können. Nach einiger Zeit merkt man aber, dass nicht alle Schüler mit diesem Angebot gleichermaßen zurechtkommen. Manchen Familien fehlt auch die Ausstattung, gerade wenn mehrere Kinder (und auch die Eltern in Home Office) gleichzeitig zuhause arbeiten müssen, bei anderen ist einfach das Netz überlastet.

Die Lerntools sind – selbst wenn Laptops besorgt werden – nicht allen Schülern vertraut, so dass nach immer mehr Wochen auf immer vertrautere Maßnahmen zurückgegriffen werden musste. Die Schüler beziehungsweise Eltern holen sich wochenweise ihre vertrauten Arbeitshefte, arbeiten aus den Schulbüchern und schicken regelmäßig „ihren“ Lehrkräften die erledigten Aufgaben zu beziehungsweise werfen sie in „Austausch-Boxen“. So ist es allen möglich, die Aufgaben zu erledigen. Wer sich auskennt und darüber hinaus Spaß daran hat, nutzt zusätzlich digitale Angebote.

Hier im Münchner Westen gibt es tolle Netzwerke, das Bildungsbüro und Serviceangebote verschiedener Beratungseinrichtungen. Langweilig sollte es dabei eigentlich keinem Kind werden. Trotzdem macht das Lernen zuhause nicht den erhofften Spaß. Es ist nicht so, wie es sein sollte. Denn das Wichtigste fehlt: der enge Bezug zur Lehrerin, zum Lehrer. Einige vermissen die Schule. Noch mehr Schüler vermissen die Klassenkameraden. Aber alle vermissen ihre Lehrerin / ihren Lehrer. Auch wenn die Aussicht, mit viel Abstand ohne enge Kontakte zu den Freunden, mit Mundschutz und gegebenenfalls zeitlich gestaffelt im Vergleich zum vorherigen Schulleben nicht sehr verlockend erscheint, ist für die meisten nur wichtig: Wann dürfen wir endlich wieder in die Schule?

„Eine große Belastung für die Familien“

Sonja Maier, Vorsitzende des Elternbeirats, Grundschule an der Schrobenhausener Straße:

"n den ersten 3 Wochen „Homeschooling" waren die Familien mit den Arbeitsaufträgen weitgehend auf sich allein gestellt. Das Material erreichte uns per Mail und dann ging es los – je nach Familiensituation mehr oder weniger effektiv. Wünsche und Anregungen, die die Elternschaft an die Schulleitung herantrug, wurden sehr kooperativ umgesetzt. So gab es direkten Austausch zwischen Lehrern und Kindern per Mail oder Telefon; die Materialien wurden, falls nötig, ausgedruckt und zur Abholung ans Schultor gehängt. Die Nutzung digitaler Angebote wie Videokonferenzen oder Lehrvideos war spärlich, weil nicht sichergestellt werden konnte, dass kein Kind außen vor bleibt. Alle sind sich einig, dass das Homeschooling eine große Belastung für die Familien darstellt. Auf die schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht freuen wir uns daher sehr!

Es fehlt an der Ausstattung

Susanne, telefonische Bildungsberaterin in München:

Mich erreichen immer wieder verzweifelte Anrufe von Eltern, die Schwierigkeiten mit dem Homeschooling haben, weil sie nicht das nötige technische Equipment haben. Da gibt es keinen Laptop in der Familie, da gibt es nur ein Mobiltelefon und keinen Drucker. Die Schuler tun sich da natürlich schwer, die Aufgaben runterzuladen. Außerdem haben die Eltern oft auch nicht die Möglichkeit, schulisches Wissen zu vermitteln. Das merkt man hauptsächlich in den Jahrgangsstufen vier, fünf und sechs, wenn die Eltern den Stoff nicht erklären können, ihn sich die Kinder aber auch noch nicht selbst aneignen können.

Es ist deshalb das Homeschooling in vielen Familien sehr schwierig, auch wenn sich Eltern sehr bemühen. Gerade in den jüngeren Jahrgängen muss auch sehr viel ausgedruckt werden – und da fehlen dann die Drucker in den Familien. Manche Lehrer sind so nett, drucken die Unterlagen aus und werfen sie ein, aber das funktioniert natürlich auch nicht überall so gut. Insofern ist das mit dem Homeschooling nicht so einfach.

Ich darf darauf hinweisen, dass es ein Angebot gibt vom Sozialreferat. Da gibt es einen Zuschuss für einen Laptop für Familien mit Schülern in einem bestimmten Alter. Das heißt, sie können einen Laptop kaufen und bekommen dann unter bestimmten Bedingungen den Zuschuss.

Den Zuschuss können seit 1. Januar 2020 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis inklusive 15 Jahren bekommen, die Leistungen nach dem dem SGB II vom Jobcenter bzw. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vom Amt für Wohnen und Migration beziehen. Der Zuschuss kann beim zuständigen Sozialbürgerhaus beziehungsweise beim Amt für Wohnen und Migration bei der Sachbearbeitung für Freiwillige Leistungen beantragt werden. Vorzulegen sind ein gültiger Ausweis, ein aktueller Bescheid vom Jobcenter oder Amt für Wohnen und Migration sowie der Kaufbeleg für das Gerät. Der Betrag wird dann an der Kasse in bar ausbezahlt. Mehr dazu unter https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Sozialreferat/Themen/Freiwillige-Leistungen/Zuschuss-zum-Kauf-eines-Laptops--Tablets-oder-PCs.html.

"Wir konnten nicht alle erreichen"

Marina dos Santos Rodrigues, Jugendsozialarbeiterin an der Mittelschule Karlsfeld:

"Die gegenwärtige Situation ist für uns alle eine Herausforderung; nicht alle sind gleich gewillt, sich flexibel darauf einzulassen. An der Mittelschule Karlsfeld haben wir sehr schnell reagiert und gemeinsam auf Homeschooling umgestellt. Ziel war es, unsere Schüler mitzunehmen, bereits in der ersten Woche hatten wir dazu eine digitale Lehrerkonferenz. Soweit ist es uns ganz gut geglückt. Leider konnten auch wir nicht alle erreichen. Auch ich bin digital nun rund um die Uhr erreichbar, ich habe ein Beratungstelefon für unsere Schüler und Erziehenden eingerichtet. Außerdem versuche ich, auf allen Plattformen vertreten zu sein, um es unseren Schülern zu erleichtern, zu mir Kontakt aufzubauen. Unsere Lehrer sind sehr nah an unseren Schülern und stellen ein zusätzliches Bindeglied zwischen Jugendsozialarbeit an Schule und Schüler da.

Es gibt einige Kinder, die waren jetzt die ganze Zeit nicht einmal draußen und andere halten sich von Beginn der Krise an nicht an die Regeln. Wie so oft ist das von den Eltern abhängig. Durch den Kontakt zu meinen Schülern musste ich leider feststellen, dass es an adäquaten Freizeitangeboten und Freizeitgestaltungsideen während der Corona-Krise mangelt. Auch ich bin Mutter und hab natürlich Verständnis, dass den Eltern langsam die Ideen ausgehen, neben Haushalt schmeißen, Unterstützung beim Homeschooling und Homeoffice, bleibt da auch nicht wirklich mehr viel Zeit. Im Moment versuche ich einige kostenlose Angebote für unsere Schüler zu schaffen, so wird es jetzt eine digitale Box AG geben, dort können unsere Schüler neben dem Boxen auch lernen, wie man mit Stress und Konflikten zuhause anders umgehen kann und wie man Energie sinnvoll los wird.

Neben den Themen für alle, haben unsere Abschlussklassen ganz andere Probleme. Nicht nur der Abschluss, sondern natürlich auch die eigene Zukunft ist mehr denn je ein großes Thema. Mit den Berufsberatern unserer Schule stehe ich im Austausch und sie versuchen, unsere Schüler weiter zu erreichen und zu begleiten. Verständlich, dass gerade viele Familien mehr als verunsichert sind. Was Eltern und Schüler im kommenden Schuljahr erwartet, steht noch in den Sternen. Es bleibt zu hoffen, dass alle Schüler die gleiche Chance bekommen mitzugehen. Es gibt viele Fragen, die ich den Schülern und Eltern in der Beratung so gut wie möglich zu beantworten versuche und Ängste zu nehmen.

„Viertklässler sind wieder da“

Hanna Bogdahn, Schulleiterin Grundschule an der Schwanthalerstraße:

Mit Abstand die beste Lösung! In der Grundschule an der Schwanthalerstraße freuen sich Kinder, Eltern, Lehrkräfte und die Schulleiterin: Die Viertklässler sind wieder da! Am Montag haben die Schülerinnen und Schüler gleich das Übertritts-Zeugnis bekommen. Allmählich spielt sich ein neuer Schulalltag ein. Es wird fleißig gelernt und die Zeit für die Vorbereitung auf den Probeunterricht genutzt. Die Kinder müssen die Vorschriften beachten, Abstand halten, dürfen nicht singen, keine Partner-Arbeit machen und nicht in der Pause Fußball spielen, aber egal – alles ist besser als „keine Schule“!

"Trotz aller gebotenen Skepsis hoffnungsvoll"

Dr. Oliver Bloeck, stellvertretender Elternbeiratsvorsitzender Gymnasium Fürstenried:

Die in Ihrem Artikel "Holpriger Neustart" genannten Dinge kann ich aus Sicht des Elternbeirats nur bestätigen. Vieles läuft deshalb gut, weil es viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer wie natürlich auch Eltern gibt, die sich wirklich bemühen, das Beste aus dieser Situation, die es so ja noch nie gegeben hat, zu machen. Es kann aber vor allen Dingen nicht angehen, dass die Lernplattform Mebis trotz der erheblichen Kapazitätserweiterung noch immer nicht reibungslos läuft. Es verwundert dann nicht, dass teilweise auf andere Systeme ausgewichen wird. Das macht das Ganze aber noch unübersichtlicher. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden, auch deshalb, weil uns das Thema Online-Unterricht noch viel länger beschäftigen wird. Spannend wird es, wenn jetzt die 5. und 6. Jahrgangsstufe und ab 15. Juni die Jahrgangsstufen 7 bis 10 schichtweise wieder in die Schule kommen. Das sieht theoretisch einfach aus, wie es aber praktisch gelingen wird, bei dieser Anzahl von Schülern die Hygieneregeln einzuhalten, bleibt abzuwarten. Glücklicherweise haben wir eine einfallsreiche und engagierte Schulleitung, was mich trotz aller gebotenen Skepsis hoffnungsvoll stimmt.

"Manchmal echt nervig"

Luise, 5. Klasse, Gymnasium:

Corona ist für mich, dass ich nicht mehr einfach rausgehen kann, ohne ein komisches Gefühl zu haben, weil alle Menschen immer Abstand halten und keiner mehr freundlich grüßt. Das Homeschooling ist manchmal echt nervig, weil man sich selbst motivieren muss. Außerdem braucht man mit den Aufgaben manchmal länger, weil man etwas nicht versteht und den Lehrer nicht einfach fragen kann, sondern erst anschreiben muss. Auspowern kann man sich auch nicht so gut, weil ja der ganze Sport nicht stattfindet.

"Ich vermisse meine Schulfreunde"

Charlotte, 2. Klasse, Grundschule:

Corona ist für mich, nicht mehr in die Schule gehen zu dürfen und keine Freunde treffen zu können. Ich vermisse vor allem meine Lehrerin und meine Schulfreunde. In den Pausen können wir immer so schön spielen und rum rennen! Außerdem würde ich auch endlich gerne wieder in die Schule gehen und Sport machen, wie z.B. Hockey spielen.

"Präsenzunterricht immer noch am besten"

Isabel, 8. Klasse, und Philipp, 10. Klasse, Gymnasium:

Die Anfangsphase war durchaus ungewohnt und teilweise sehr unübersichtlich, weil einige Lehrer die Plattform Mebis benutzt haben, andere wiederum nur per E-Mail die Arbeitsaufträge verschickt haben oder dies per Videokonferenzen versuchten. Dies war vor allem dadurch bedingt, dass die Plattform Mebis anfangs überhaupt nicht stabil lief. Mittlerweile ist die Plattform leistungsstärker, die Arbeitsaufträge können gut abgerufen und die Ergebnisse eingestellt werden. Wir haben uns ganz gut darauf einstellen können. Die Kommunikation mit den Lehrern lief gut. Tatsächlich haben wir beide aber festgestellt, dass Präsenzunterricht immer noch am besten ist. So sehr auch leichter Unterrichtsstoff ganz gut selbstständig in dieser Phase gelernt werden kann, so ist die Vermittlung schwererer oder komplexerer Themen durch Lehrer durch nichts zu ersetzen. Ein Lehrer kann den Stoff halt einfach besser erklären und verständlich darstellen. Das fehlt. Wir freuen uns, wenn es wieder richtig losgeht.


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