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"Faszinierende Instinkte"

Im Tierheim wachsen drei Grauschnäpper heran

Elternlose Wildvögel müssen von den Wildtierpflegern alle zwei bis drei Stunden gefüttert werden. (Bild: Tierschutzverein München)

Im Münchner Osten herrscht ein ständiges Kommen und Gehen: Das Tierheim in der Riemer Straße 270 versorgt, beherbergt und vermittelt jährlich rund 8.000 Tiere. "Zu jedem Zeitpunkt haben wir zwischen 700 und 800 Tiere, um die sich 50 Mitarbeiter kümmern. Katzen, Hunde und Kaninchen sind am häufigsten vertreten, bei diesen Haustierarten warten so gut wie immer jeweils weit über 100 Tiere auf neue Besitzer. Doch die größte Gruppe bilden die Wildtiere, also diejenigen, die eigentlich nicht domestiziert sind und in der Natur problemlos ohne die Hilfe des Menschen überleben sollten", erklärt Tierheim-Sprecherin Judith Brettmeister. "Aktuell werden über 150 kranke oder verletzte Wildtiere von uns versorgt und betreut, um nach ihrer Genesung an Wildstationen weitergereicht und wieder ausgewildert zu werden. Drei kürzlich eingetroffene Wildvogel-Babys haben es uns nun besonders angetan."

Fliegende Jäger

Mit ca. 17 Tagen kamen drei Grauschnäpper ins Münchner Tierheim, noch zu jung, um zu fliegen und ohne Eltern zu überleben. "Grauschnäpper sind kleine, schlanke Singvögel aus der Familie der Fliegenschnäpper. Sie kommen in fast ganz Europa vor, bewohnen in erster Linie lichte Bereiche in Wäldern, aber auch Parks, Gärten und Alleen in Dörfern und Städten", fasst Brettmeister zusammen. Ihren Namen haben sie aufgrund ihres einfarbig graubraunen Gefieders und ihres Jagdverhaltens: "Diese Wildvögel ernähren sich überwiegend von Insekten, bevorzugt von Fliegen, nach denen sie im Flug schnappen." Das können die kleinen Wildgäste im Tierheim jedoch noch nicht. Um das Leben der drei auf sich gestellten Vögelchen zu retten, musste also menschliche Hilfe her: "Unsere Wildpfleger kümmern sich liebevoll um die drei, sie werden mit Würmern gefüttert und entwickeln sich prächtig", versichert Brettmeister. "Eine Auswilderung werden sie im Gegensatz zu anderen Wildtieren nicht nötig haben, denn das Fliegen und Jagen lernen sie später auch in der Natur ganz ohne die Hilfe der Eltern." Das sei sehr gut, denn Grauschnäpper überwintern im tropischen Afrika südlich der Sahara. "Ihren Weg dorthin finden sie von Mitte Juli bis spätestens Mitte Oktober ganz von alleine. Das sind schon faszinierende Instinkte, mit denen einige Tiere ausgestattet sind!"

"Jedes Leben ist kostbar!"

In Europa ist der Grauschnäpper ein sehr häufiger Brutvogel. "Als grobe Schätzung für den europäischen Bestand gibt BildLife International 14 bis 22 Millionen Brutpaare an, gesicherte Angaben zum Weltbestand liegen jedoch nicht vor", so die Tierheim-Sprecherin. Ob gefährdete Tierart oder nicht, hilflose und verletzte Wildtiere finden immer einen Platz im Münchner Tierheim, denn: "Jedes Leben ist kostbar!", betont Judith Brettmeister. Die Tierschützerin bittet jedoch eindringlich: "Die Handaufzucht und Auswilderung von Wildtieren ist sehr anspruchsvoll, Vögel zum Beispiel müssen durchschnittlich alle zwei Stunden gefüttert werden. Das bedeutet für unsere Wildpfleger viel Aufwand und Nachtschichten. Daher bitte genau beobachten, ob die Tiere wirklich elternlos oder verletzt sind, bevor sie eingepackt und in unser so schon überfülltes Tierheim gebracht werden. Ist man sich nicht sicher, ob man eingreifen soll oder nicht, kann man sich gerne telefonisch an die Mitarbeiter der Tierschutzinspektoren unter (089) 921000-33 oder -37 und am Wochenende an die Wildtierpfleger des Tierschutzvereins unter Tel. 0174-7729600 wenden."


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