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"Es war ein totaler Schock"

Diagnose Krebs: Die Mutter einer jungen Patientin berichtet über ihre Erfahrungen

Sophie H. und ihre kleine Tochter, die mit viereinhalb Jahren an Leukämie erkrankte. "Wir konzentrierten uns auf die Dinge, für die wir dankbar sein konnten", sagt die Mutter. (Bild: Initiative krebskranke Kinder)

Die Diagnose "Ihr Kind hat Krebs" wirft jede Familie völlig aus der Bahn. Es folgen zahlreiche und lange Klinikaufenthalte, aggressive medizinische Therapien, Unsicherheit und die große Angst vor dem Verlauf und Ausgang der Erkrankung. Noch immer sterben etwa 20 Prozent der Kinder, und auch das Überleben ist häufig von körperlichen, psychischen und sozialen Beeinträchtigungen oder Folge-Erkrankungen überschattet. Ohne professionelle Hilfe ist die Situation meist nicht zu bewältigen. Seit 1985 unterstützt die Initiative krebskranke Kinder München e.V. die jungen Patienten und ihre Familien – während der akuten Erkrankung, aber auch in den Jahren danach. Die Hilfsangebote sichern die Versorgungsqualität der Patienten, geben Kraft und erhöhen die Lebensqualität in dieser schweren Zeit. Wie ergeht es einer Familie, wenn ein Kind an Krebs erkrankt ist? Darüber sprachen wir mit Sophie H., deren kleine Tochter die Diagnose bekam.

"Wie in einer Blase"

Ihr Kind war an Krebs erkrankt. Wie alt war es bei der Diagnose und an welcher Krebserkrankung litt es? Wie ging es Ihnen und Ihrer Familie damals?

Sophie H.: Als bei meiner Tochter Leukämie festgestellt wurde, war sie viereinhalb Jahre alt. Es war ein totaler Schock für uns, zumal wir ihr nicht angemerkt hatten, das etwas nicht stimmte. Die Krankheit wurde in Zusammenhang mit einer Windpockenerkrankung festgestellt. Am Anfang konnte ich es gar nicht fassen, es war sehr unwirklich von den Windpocken auf einmal zu Leukämie zu kommen. Ich fühlte mich wie in einer Blase, konnte es nicht ertragen auf dem Heimweg vom Krankenhaus andere Eltern mit "normalen" Kindern zu sehen. Mein Mann und ich gaben uns größte Mühe, vor meiner Tochter stark zu sein, aber es gelang uns nicht immer. Auch für unsere andere Tochter, damals sechseinhalb, war es eine sehr schwierige Zeit. Im Laufe der Zeit gewöhnten wir uns mehr an die Situation und versuchten, das Beste daraus zu machen. Anstatt mit dem Schicksal zu hadern, blickten wir nach vorne und konzentrierten uns auf Dinge, für die wir dankbar sein konnten. Wir wollten unserer Tochter vermitteln, dass im Krankenhaus nicht alles schrecklich ist, sondern dass die Menschen die dort arbeiten, ihr Bestes geben, sie wieder gesund zu machen. Ich denke, dies ist uns während der langen Zeit der Intensivtherapie gut gelungen.

Kontakt zur Initiative

Wie sind Sie auf die Initiative krebskranke Kinder gekommen und wie kam der Kontakt zustande?

Sophie H.: Meine Tante hat lange für die Initiative gearbeitet und deshalb wusste ich schon vor der Erkrankung unserer Tochter davon. Bei dem Diagnosegespräch war eine Mitarbeiterin des psychosozialen Dienstes anwesend und es stellte sich schnell heraus, dass sie meine Tante kennt. Der Kontakt zur Initiative kam also teils über meine Tante und teils über die Mitarbeiter des psychosozialen Dienstes.

"Dankbar für die verschiedenen Angebote"

Welche Unterstützung haben Sie dort erfahren? Wofür sind Sie besonders dankbar?

Sophie H.: Die Initiative hat uns persönlich besonders unterstützt, als mein Mann aufgrund einer Impfung für vier Wochen ausziehen musste, da der Lebendimpfstoff unter Umständen gefährlich für unsere Tochter sein konnte. Er hatte die Möglichkeit in eine der kliniknahen Elternwohnungen der Initiative zu ziehen, was für uns sehr hilfreich war. Außerdem bin ich besonders dankbar für die verschiedenen Angebote im Krankenhaus, die von der Initiative finanziert werden, z.B. die Klinikclowns, Sporttherapie, Kochen, Ernährungsberatung, Musiktherapie, Kunsttherapie und ganz wichtig auch die Narkose für Lumbalpunktionen. Diese Angebote haben die Klinikaufenthalte sowohl für meine Tochter, als auch für mich erheblich verbessert. Wertvoll waren auch die abendlichen Besuche der "Botschafterinnen‘"des Vereins, Mütter, deren Kinder an Krebs erkrankt waren und nun gesund sind. Die meist sehr intensiven Gespräche haben uns Mut gemacht und Zuversicht geschenkt.

"Kleine Schritte gehen"

Was raten Sie betroffenen Familien?

Sophie H.: Ich denke, jede Familie muss ihren eigenen Weg finden, mit der Erkrankung ihres Kindes umzugehen. Man kann nur kleine Schritte gehen, sich immer nur den nächsten Tag vornehmen, und man wird merken, dass man viel mehr Kraft hat, als man jemals geglaubt hat.

"Es geht ihr gut!"

Wie geht es Ihrem Kind heute?

Sophie H.: Es geht ihr gut! Sie ist immer noch in der Dauertherapiephase, diese wird auch noch weitere neun Monate andauern. Während dieser Zeit bekommt sie weiterhin täglich Chemotherapie, aber in einer geringeren Dosis. Sie steckt es bis jetzt unglaublich gut weg und kann alles wieder machen wie ein ganz normales Kind. Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, sie wieder so gesund und munter zu sehen!

Weitere Infos über die Initiative krebskranke Kinder München e.V. gibt es unter www.krebs-bei-kindern.de im Internet.


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