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"Es soll ein geistiger Klimawandel stattfinden"

Grundschule und Hort an der Guldeinstraße starten das Projekt „Friedensraum“

Nach einem anstrengenden Schultag und dem Mittagessen möchte die kleine Laura am liebsten noch in ihrem neuen Comic lesen und danach mit ihrer Freundin Marianne draußen spielen gehen. Ihre Mutter jedoch hat andere Pläne: Laura soll zuerst ihre Hausaufgaben machen. Damit ist der Konflikt vorprogrammiert: Umso mehr die Mutter ihre Stimme erhebt und versucht ihrer Tochter den Comic aus den Händen zu reißen, desto trotziger wird Laura. Da tritt Gerhard Papst hinzu: „Frau Weber, warum ist es Ihnen so wichtig, dass Laura jetzt sofort ihre Hausaufgaben macht?“, fragt der professionell ausgebildete Mediator. „Und Laura, warum willst du unbedingt sofort spielen gehen?“ Nach nur zwei Minuten ist dann alles vorbei: Die Gemüter haben sich beruhigt und die beiden Streithähne eine einvernehmliche Lösung gefunden.

Alle Beteiligten einbinden

Was hier in verkürzter Form bei einem Rollenspiel an der Guldeinschule so gut geklappt hat, das soll auch in der Realität funktionieren, verspricht Gattus Hösl vom Münchner Institut für Transformative Mediation (ITM). Nach den Faschingsferien startet an der Grundschule und dem Hort an der Gudeinstraße 27 das Pilotprojekt „Friedensraum“, mit dem das Konfliktmanagement in der Schulgemeinschaft verbessert werden soll. „Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir uns um Lehrkräfte, Erzieher und Erzieherinnen sowie um Schüler und Eltern gleichermaßen kümmern“, erklärte der Experte auf einem Informationsabend für die Eltern in der vergangenen Woche.

Zwei Schwerpunkte hat das Projekt, das derzeit vom Verein „Friedensraum“ auf Basis von Sponsorengeldern finanziert wird: Zum einen soll es konkrete Mediationsangebote für Kinder, Lehrkräfte, Erzieher und Eltern geben. Mit Gerhard Papst und Ulrike Weber werden zwei professionell ausgebildete Mediatoren zunächst mindestens zweimal pro Woche vor Ort sein und im Bedarfsfall zur Verfügung stehen. Zum anderen werden alle Beteiligten auch selbst in der transformativen Mediation fortgebildet. So können sich die Kinder beispielsweise in einer Arbeitsgemeinschaft, die sich einmal wöchentlich trifft, zum „Friedensstifter“ ausbilden lassen. Die Schüler lernen hier die Grundlagen der konfliktfreien Kommunikation kennen, zum Beispiel, dass sie statt Du- besser Ich-Botschaften formulieren sollen.

„Wie Kommunikation gelingt“

Auch Lehrkräfte, Erzieher und Erzieherinnen werden im Verlauf des Projekts an insgesamt acht Nachmittagsterminen eine umfassende Fortbildung erhalten. Für die Eltern gibt es unter anderem die Möglichkeit den Kurs „Wie Kommunikation in Familien gelingt“ zu besuchen. Seinen Namen hat das Projekt „Friedensraum“ aber auch nicht von ungefähr: Tatsächlich wird es in der Schule ein Zimmer geben, das sowohl vormittags als auch nachmittags für akute Konfliktbewältigung oder auch länger geplante Einzel- oder Partnermediationen genutzt werden kann.  „Wir werden dazu unseren Lernbegleitungsraum im zweiten Stock etwas umgestalten. Die Farbgebung wird verändert,und wir sorgen für eine warme und einladende Atmosphäre“, schildert Susanne Crössmann, Konrektorin der Guldeinschule.

Eine neue Lernatmosphäre

Das Projekt „Friedensraum“  ist zunächst auf zwei Jahre begrenzt. Über den gesamten Zeitraum wird es begleitet durch eine Promotion am Lehrstuhl für Grundschulpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), die unter anderem die Projektergebnisse bewerten soll. „Wir hoffen, dass „Friedensraum“ zu einer neuen Lernatmosphäre an unserer Schule führen wird“, sagte Rektorin Petra Ihl auf dem Informationsabend. Sie erklärte, dass derzeit viel Zeit für die Schlichtung von Unterrichtsstörungen und Konflikten verwendet werden müsse. Das wiederum binde Kapazitäten von Lehrern, Erziehern und Schülern, die wichtig für den Lehr- und Lernerfolg seien. „Dadurch, dass alle Beteiligten in den Prozess eingebunden werden, erhoffen wir uns, dass ein regelrecht geistiger Klimawandel an der Schule stattfindet, der letztendlich auch zu einem gesteigerten Lernerfolg der Schüler führen wird“, so Mediation-Experte Gattus Hösl.

Weitere Informationen zum Projekt unter anderem auf der Schul-Homepage im Internet unter www.guldeinschule.de.


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