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Eingreifen oder nicht?

Wann benötigen Wildtiere wirklich Hilfe?

Wer einen nackten Jungvogel findet, sollte sich zuerst nach dem Nest umgucken. (Bild: Sabine Geissler/pixelio.de)

Medizinisch versorgen, aufpäppeln, auswildern: Mehrere hundert Wildtiere nimmt das Tierheim München jährlich auf. "Im Winter und Frühling werden wir von bestimmten Wildtierarten wie Eichhörnchen oder Feldhasen regelrecht überschwemmt", sagt Judith Brettmeister, Sprecherin des Tierschutzvereins. "Aber gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Gesunden Jungtieren wird durch das Eingreifen in ihr Leben mehr geschadet als geholfen." Besonders problematisch seien die vielen Jungvögel, die von tierlieben Spaziergängern voreilig angebracht würden. "Deren Verpflegung ist ungemein anspruchsvoll. Sie müssen von unseren Pflegern im Stundentakt gefüttert werden, was uns oft an unsere Grenzen bringt." Dieses Jahr arbeitet das Tierheim sogar mit einem Schichtplan, der bereits um 6 Uhr morgens beginnt und erst um 21 Uhr endet. "Pro Tag werden drei verschiedene Pfleger eingeteilt. So hoffen wir, unsere Mitarbeiter zu entlasten und mehr Tiere retten zu können", so Brettmeister. Aber wann brauchen Wildtiere wirklich Hilfe?

Erst beobachten

Zunächst sollte man wissen, dass viele Wildvogelküken Nestflüchter sind und schon am Boden hüpfen, bevor sie fliegen können. Sie werden jedoch auch außerhalb des Nestes von den Elterntieren gefüttert. Reißt man die Küken aus ihrer elterlichen Umgebung, weil man ihnen helfen möchte, schadet man ihnen dadurch unbewusst. "Ähnlich ist es bei jungen Feldhasen, die in Grasmulden entdeckt werden. Dort legen die Weibchen die Jungen ab und kommen in regelmäßigen Abständen, um ihren Nachwuchs zu säugen. Ein unversehrtes Jungtier aufzunehmen, weil es scheinbar verwaist ist, gilt streng genommen als Wilderei. Das heißt, man macht sich strafbar", warnt Brettmeister. Besser sei es, die Situation zunächst genau zu beobachten und nur dann einzugreifen, wenn ein Jungtier durch Umweltbedingungen oder natürliche Feinde tatsächlich lebensbedrohlich gefährdet ist. "Offensichtlich kranke, unterernährte oder verletzte Jungtiere müssen umgehend zum Tierarzt gebracht werden."

Leitfaden

Wer einen nackten, offensichtlich hilfebedürftigen Jungvogel oder Nestling findet, sollte sich zunächst nach dem Nest umsehen. "Entdeckt man kein Nest oder aber gleich mehrere, so sollte der Vogel in einer trockenen, mit Küchenkrepp ausgeschlagenen Kiste schnellstmöglich zu uns in die Riemer Straße 270, 81829 München gebracht werden. Bitte nicht versuchen das Tier zu füttern, denn eine falsche Fütterung kann zum Tod führen." Beim Finden eines schwer verletzten Vogels (Blut, Bewegungsunfähigkeit, etc.), sollte auf keinen Fall der Umweg über das Tierheim gemacht werden. "Lieber gleich zu einem Tierarzt bringen, denn dann zählt jede Minute", sagt Judith Brettmeister. Ist der Jungvogel vollständig befiedert, unverletzt und sitzt ruhig am Boden, gilt es Ausschau nach den Elterntieren zu halten. In diesem Fall handelt es sich um einen Ästling, der von den Eltern am Boden weiterhin versorgt wird. "Befindet sich der Vogel in einer Gefahrenzone, z.B. nah an der Straße, sollte man ihn in der Nähe in ein Gebüsch setzen und beobachten, ob die Elterntiere ihn dort finden", meint Brettmeister abschließend.

Weitere Infos zur richtigen Verhaltensweise gibt es unter www.tierschutzverein-muenchen.de im Internet. Bei weiteren Fragen kann man sich gerne telefonisch an die Mitarbeiter der Tierschutzinspektoren unter (089) 921000-33 oder -37 und am Wochenende an die Wildtierpfleger des Tierschutzvereins unter Tel. 0147 7729600 wenden.

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