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"Ein Wechselspiel der Freude"

Fünf Pianisten lassen sich aufeinander ein

Zweimal 88 Tasten: Das Miteinander der Pianisten ist das Besondere beim Münchner Pianistenfestival. (Bild: www.tommyweiss.de)

Zum fünfjährigen Jubiläum des Münchner Pianistenfestivals hat der musikalische Leiter, Christian Christl,  außergewöhnliche Klavierkollegen nach München eingeladen. Unter dem Motto: „Pianoplayers rarely ever play together“ – also „Pianisten spielen selten zusammen“ dürfen sich in diesem Jahr wieder Klaviervirtuosen aus den Bereichen „Klassischer Boogie Woogie“, „New Orleans Piano“, „Jazz-Piano“, „Rock`n Roll Piano“ und „Blues-Piano“ an zwei Flügeln auf einander einlassen. Darin besteht die Energie und die Magie des Münchner Pianistenfestivals.

Die Musiker

Am Sonntag, 11. August, stehen ab 20.30 Uhr im Festsaal des Münchner Künstlerhauses folgende Musiker auf der Bühne: Martin Pyrker, Daniel Breitenstein, Daniel Paterok, Bastian Korn und Christian Christl.

 

Wie zeigt man Respekt?

Applaus ist eine wunderbare Art, einem Künstler Respekt zu zollen. Welche Formen von Beifall unterscheiden Sie? Gibt es Beifall an der falschen Stelle? Und wie zeigen Sie selbst Ihrem Publikum Respekt? Die fünf Musiker antworten:

"Nuancen lassen es sofort erkennen"

Martin Pyrker:

Die Nuancen des Beifalls lassen mich sofort erkennen, wie ein von mir gespielter Titel "hinüberkommt".

Heftiger Beifall schon im Schlussakkord = sehr gut rübergekommen, Stimmung bestens.

Verzögerter Beifall, jedoch auch heftig = beeindruckende langsame Bluesnummer.

Mäßiger Beifall = war nicht das Stück fürs Publikum.

Kein Beifall = noch nie vorgekommen.

Respekt gegenüber dem Publikum tritt sofort ein, wenn sie zuhören ... Dann versucht man, dem Publikum einen perfekten Abend zu liefern, von dem sie eventuell noch lange sprechen werden.

"Reaktionen während des Stücks"

Daniel Breitenstein:

Es gibt verschiedene Formen, wie das Publikum auf eine musikalische Darbietung reagieren kann. Der "normale" Applaus nach jedem Stück ist fast schon Selbstverständlichkeit, er ist ein fester Teil eines Konzertabends – ob das Publikum "nur" aus Respekt klatscht oder weil es überwältigt ist, das merkt man vielleicht an der Intensität, aber applaudiert wird immer.

Interessant sind die Publikumsreaktionen während eines Stückes. Manchmal begeistert der mitreißende Rhythmus, ein überraschender Break, eine technisch schwierige Passage oder eine berührende Ballade. Das Publikum reagiert dann mit spontanem Klatschen, Kreischen, Aufstehen oder "Wow"-Rufen. Es ist wie beim Sport, solche spontane Reaktionen des Publikums motivieren den Künstler direkt und dieser versucht noch mehr zu geben und zu begeistern. Dieses Wechselspiel der Freude und Begeisterung ist für mich ein Zeichen des gegenseitigen Respekts und führt zu den unvergesslichen und magischen Momenten eines Konzertabends – für Musiker und Publikum.

"Ich bin jedes Mal sehr dankbar"

Daniel Paterok:

Es gibt ja zwei Formen von Beifall. Beifall aus Freude darüber, dass eine dreiviertelstündige Rede endlich vorüber ist, der man nur aus gesellschaftlichen, beruflichen oder sonstigen Verpflichtungen beiwohnt und Beifall aus tatsächlicher Begeisterung darüber, was man gerade erlebt hat. In unserem Beruf werden wir glücklicherweise mit der zweiten Form des Beifalls konfrontiert. Das ist sehr schön und einer der vielen Vorzüge unserer Zunft.

Nach einem Konzert bedanke ich mich üblicherweise beim Publikum dafür, dass sie sich für Live-Musik entschieden haben. Die Leute, die im Konzertsaal sitzen sind ja freiwillig da und haben sich entschieden, ihre Zeit und ihr Geld in die Anwesenheit bei einem meiner Konzerte zu investieren. Das ist großartig und dafür bin ich jedes Mal sehr dankbar. Sie hätten ja schließlich auch zu Hause vor dem Fernseher sitzen bleiben können.

"Sich in die Seele schauen lassen"

Bastian Korn:

Gott sei Dank ist es mir sehr selten passiert, dass es bei einem Auftritt von mir keinen Applaus gab. Für mich ist die Reaktion des Publikums das Wichtigste bei einem Live-Konzert. Applaus (wenn er nicht nur höflich gemeint ist) signalisiert mir, dass meine Kunst beim Zuhörer (bzw. Zuschauer) angekommen ist. Ein Publikum nicht zu erreichen, ist sicherlich das Schlimmste für einen Künstler. Insofern gibt es für mich eigentlich auch keinen Applaus an der falschen Stelle.

Immer alles zu geben, mir sozusagen in die Seele schauen zu lassen, ist meine Art dem Publikum Respekt zu zeigen. Egal ob 5 oder 5000 Menschen zuhören.

"Wie die Luft zum Atmen"

Christian Christl:

Beifall ist wie die Luft zum Atmen, wenn du da oben auf einer Bühne sitzt. Die Intensität ist ein Spiegelbild der Atmosphäre im Konzertsaal. Ist der Applaus verhalten, aber freundlich, kann ich Gas geben. Ist der Applaus frenetisch, stimme ich mich darauf ein. Den meisten Applaus – und damit den höchsten Respekt – bekundet mein Publikum, wenn es spürt, dass ich da oben zuerst für mich spiele. Fühle ich mich am Flügel wohl, kann ich diese Energie auch auf das Publikum übertragen. Pianisten, die mit Gimmicks und akrobatischen Einlagen versuchen, „das Publikum zu bekommen“, scheitern immer. Konzertbesucher fühlen instinktiv, ob der Pianist authentisch ist. Und honorieren dies entsprechend mit Applaus.

 

Die einsame Insel

Welche drei Bücher würde man auf eine einsame Insel mitnehmen wollen, auf die es einen verschlägt? Die Antwort sagt viel über den aus, der sie gibt. Für die Musiker beim Pianistenfestival haben wir diese klassische Frage etwas angepasst: Welche drei Songs würden sie auf "ihrer" Insel nicht verzichten wollen?

"Sie inspirieren mich"

Martin Pyrker:

"Goodbye, Ma!" - "Blues for Valerie" - "The Spirit of Luisa". Diese drei Stücke können mich einen ganzen Tag lang inspirieren - in Gedanken an meine Mutter (das Stück entstand zwei Tage nach ihrem Tod), bzw. an zwei meiner Enkelkinder, Valerie und Luisa, die ich ganz groß ins Herz geschlossen habe.

"Mit Erinnerungen verbunden"

Daniel Breitenstein:

Jambalaya (Hank Williams 1952) - ein rhythmisches Stück, das fröhlich macht und zum Aktivsein motiviert: Der Song ist unkompliziert, hat einen mitreißenden Rhythmus bei dem man nicht mehr ruhig sitzen kann und erzählt vom fröhlichen und gemütlichen Beisammensein mit Musik und gutem Essen.

Let them talk (Lew Douglas, Earl King 1959) - eine schöne Ballade, die beruhigt und träumen lässt: Der gospelähnliche Song berührt mit einer verzaubernden Akkordfolge, einer wunderschönen Melodie und einem packenden Text über die Kraft der Liebe.

Dorothy / For my Mother (Dr. John 1981) - ein mit Erinnerungen verbundenes Stück: Der New-Orleans-Musiker Dr. John schrieb diese gefühlsvolle Pianoballade für seine Mutter Dorothy. Ich spielte den Song vor zehn Jahren in der Kirche für meine verstorbene Mutter. Am 6. Juni dieses Jahres hat uns Dr. John verlassen. Er hinterlässt u.a. diesen Song voller Erinnerungen an großartige Menschen, die Großes geleistet haben.

"Perfektion wie bei Mozart"

Daniel Paterok:

Sweet Georgia Brown (oder jeder andere Swing-Standard), gespielt von der Count Basie Big Band. Es gibt keine, gab nie eine und wird nie eine Band geben, die dermaßen swingt wie die Count Basie Big Band.

Klavierkonzert in C-Dur KV 467, Wolfgang Amadeus Mozart. Das, was Count Basie für die Swing-Ära ist, ist Mozart für die Klassik. Perfektion.

John Cage - 4'33''.

"Er hat mich tausend Mal getröstet"

Bastian Korn:

Nur drei Songs auszuwählen, fällt mir extrem schwer, aber ich würde mich hier für folgende Titel entscheiden:

God only knows (The Beach Boys). Brian Wilson auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Für mich die perfekte Verschmelzung von Wort und Ton und klassischer und populärer Musik.

Let it be (The Beatles). Dieser Song hat mich tausend Mal getröstet. Musik wie eine Medizin für die Seele.

Johnny B Good (Chuck Berry). Ich liebe Rock & Roll. Ich finde dieser Song, beschreibt den Rock & Roll perfekt. Keiner konnte zu dieser Zeit so einfache, aber clevere Geschichten erzählen wie Chuck Berry.

"Sie sind zeitlos schön"

Christian Christl:

Ich nehme diese drei Songs mit, weil sie für mich zeitlos schön sind:
a) George Winston: Autumn into Spring
b) Vince Weber: Take a giant step outside your mind
c) Queen: Dont stop me now

Hier gibts Karten

Tickets (39,20 Euro zuzgl. Geb.) an allen bek. VVK-Stellen oder direkt im Künstlerhaus am Lenbachplatz, Tel. 089 / 59918414.


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