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"Ein Herz für jede Rasse"

Tierschutzverein München: Kampfhundeverordnung muss überarbeitet werden

Gehört zur Kategorie 1 der Listenhunde: Staff Casper. (Bild: Tierheim München)

Das Münchner Tierheim steckt in einem Dilemma. Immer mehr sogenannte Listenhunde müssen nach behördlicher Sicherstellung dort untergebracht werden. Diese Tiere können praktisch kaum noch vermittelt werden.

"Grund ist die in Bayern geltende Kampfhundeverordnung, die fünf Hunderassen stark diskriminiert", erläutert Kristina Berchtold aus dem Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Tierschutzvereins München. Bis auf wenige Bundesländer kann man in ganz Deutschland jeden Hund halten und bekommt dafür auch eine Erlaubnis. In Bayern dagegen wird seit 1992 eine Rasseliste mit zwei Kategorien geführt. Die Haltung von Hunden der Kategorie 1 ist komplett verboten, darunter fallen die Rassen American Pitbull Terrier, American Staffordshire Bullterrier, Tosa Inu, Bandog sowie alle Kreuzungen aus diesen Rassen." Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass diese Rassen "unwiderlegbar gesteigert aggressiv" seien, so die Tierschützerin weiter. Zwar könne eine Erlaubnis wegen "berechtigten Interesses" erteilt werden, doch dieser Begriff sei nicht definiert und de facto würde eine solche Erlaubnis so gut wie nie erteilt.

Rechtliche Mittel ausschöpfen

Inzwischen sieht sich das Münchner Tierheim immer weniger in der Lage, diese Hunde an geeignete Tierfreunde weiterzugegeben, obwohl durch diverse Studien und unzählige Wesenstests, so Berchtold, inzwischen erwiesen sei, dass Listenhunde nicht per se aggressiv oder gefährlich seien. "Früher konnten wir sie noch an Tierheime in anderen Bundesländern abgeben oder in das angrenzende Ausland vermitteln. Doch diese geraten mittlerweile selbst an die Grenzen ihre Kapazitäten oder ihre Gesetzeslage lässt die Aufnahme nicht mehr zu", erklärt die Tierschützerin.

Das Tierheim München, das immerhin das zweitgrößte in Deutschland ist, sieht inzwischen den Tag näherrücken, an dem es mit von Behörden sichergestellten Hunden auf Dauer überbelegt wird. Auch der illegale Welpenhandel und die Zucht von Moderassen tragen zu dieser dramatischen Entwicklung bei.

Die eigentliche Aufgabe des Tierheims sei die Vermittlung. Es könne nicht angehen, dass Listenhunde sehenden Auges bis an ihr natürliches Lebensende letztlich dort eingesperrt und die Einrichtung durch die Versorgung der Tiere ihrer wirklichen Funktion nicht mehr gerecht werden könne, konstatiert Kristina Berchtold.

Der Tierschutzverein München hat sich nun an das bayerische Innenministerium gewandt, mit der Forderung die Kampfhundeverordnung von 1992 zu überarbeiten. "Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Mittel, seien diese medialer oder rechtlicher Art, ausschöpfen, um zu verhindern, dass wir als Folge legislativer Untätigkeit unsere Aufgaben als Tierschutzverein nicht mehr wahrnehmen können", betont die Organisation.

Was passiert wenn...?

Noch deutlicher wird der 2. Vorsitzende des Tierschutzvereins München, Claus Reichinger: „Das Tierheim hat einen Vertrag mit der Stadt München, dass Hunde, die beschlagnahmt werden, aufgenommen werden müssen. Was passiert, wenn das Tierheim überquillt? Sollen dann die anderen Münchner Hunde keinen Platz mehr bekommen? Oder sollen dann die Listenhunde getötet werden?“, fragt er und stellt entschieden fest: „Der Tierschutzverein München wird keine Listenhunde einschläfern! Zur Not fahren wir die Tiere zum Innenministerium, damit sich die Verantwortlichen selbst darum kümmern.“

Listenhundetag im Tierheim

Schon am Sonntag, 28. Juli, können sich Tierfreunde selbst ein Bild von der Situation machen. Das Münchner Tierheim (Riemer Str. 270) lädt dann unter dem Motto "Ein Herz für jede Rasse" von 10 bis 17 Uhr zum 2. Listenhundetag ein. Bei der Veranstaltung werden einige der Hunde vorgestellt und gezeigt, "wie sie wirklich sind", sowie die bayerische Kampfhundeverordnung diskutiert. "Mit unserem Infotag möchten wir das schlechte Image der sogenannten Listenhunde etwas geraderücken und mit Wissen und Diskurs das Fundament für eine modernere und gerechtere Regelung legen", erklärt das Tierheim München in einer Pressemitteilung.

Eine Regelung, so der Tierschutzverein, könnte wie folgt aussehen: Der Hund muss aus dem Tierschutz stammen; der Halter muss ein Führungszeugnis ohne Einträge vorlegen; es muss ein Wesenstest abgelegt und bestanden werden (auch vom Halter); der Halter muss einen Hundeführerschein vorweisen und gegebenenfalls sollte Leinenzwang angeordnet werden.

Um den Besuchern der Veranstaltung trotz des ernsten Themas einen schönen Sommertag zu bereiten, gibt es außerdem Gewinnspiele, Tombola und Flohmarkt, Info- und Verkaufsstände, ein mobiles Fotostudio von Tierfotografin Petra Eckerl für die Besucherhunde, einen Agility-Spaßparcours für Groß und Klein mit Hund unter Anleitung der Hundetrainer und eine offene Trainingsstunde mit den Hundetrainern für Kinder mit eigenen Hunden und ausgewählten Listenhunden.


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