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Drei Forderungen - was steckt dahinter?

So will die AWO eine menschlichere Pflege sicherstellen

Maike Hessel, Leiterin des Referats Pflege bei der AWO München-Stadt. (Bild: AWO München-Stadt)

Der Internationale Tag der Pflege wird jährlich am 12. Mai begangen. Der Tag erinnert an den Geburtstag der britischen Krankenpflegerin und Pionierin der modernen Krankenpflege, Florence Nightingale. Pflegerinnen und Pfleger sind eine tragende Säule der Gesundheitsversorgung. Spätestens mit der vom SARS-CoV-2-Virus verursachten Pandemie ist klar geworden, wie wichtig die Arbeit der Pflege für unsere gesamte Gesellschaft ist – sie ist systemrelevant. Während andere Branchen in den Lockdown gingen, machten die Pflegenden unter hohem persönlichem Risiko für sich und ihre Angehörigen weiter.

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) danken allen Mitarbeitern und allen in der Pflege tätigen Menschen, die nach wie vor tagtäglich, ob im ambulanten Dienst, in der stationären Einrichtung oder als Angehörige zu Hause, mit vollem Einsatz und kreativen Lösungen für die Menschen da sind, die auf Hilfe und Fürsorge angewiesen sind.

Während der Pandemie hatte ganz Deutschland Hochachtung für die Pflege ausgedrückt. Aber es braucht mehr als "nur klatschen". Die Arbeiterwohlfahrt München-Stadt (AWO) hat zum Tag der Pflege eine Reform für eine menschlichere Pflege angemahnt. Drei Forderungen sind für die AWO dabei zentral. Hier erklären AWO-Mitarbeiter, warum diese drei so wichtig sind:

"Die Arbeitsbelastung ist immens"

Eine der Kernforderungen der AWO ist die Aufwertung der Pflege durch höhere Bezahlung und bessere Personalausstattung. Hans Kopp, Geschäftsführer der AWO München-Stadt, erklärt:

Eine bessere Personalausstattung würde für mehr Entlastung sorgen und den Pflegeberuf attraktiver machen. Derzeit sind 2 Pflegemitarbeiter*innen in einer Tagschicht für ca. 12 schwerpflegebedürftige Bewohner*innen zuständig. Nicht nur angesichts der Pandemiebelastungen sondern auch bei Krankheitsausfall und in Urlaubszeiten ist die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter*innen mit Mehrarbeit und Arbeitsverdichtung immens.

Überfällig ist ein allgemeingültiger trägerübergreifender Tarifvertrag für die Pflege. So wird entgegengewirkt, dass private Träger Fachkräfte mit höherer Bezahlung von tarifgebundenen Trägern abwerben, was letztlich durch untertarifliche Löhne von Pflegehelfern finanziert wird.

Eine junge Pflegefachkraft muss heute in München mindestens 3.200 Euro brutto verdienen, um sich München mit einer halbwegs günstiger Wohnung leisten zu können. Für die Vereinbarkeit mit Familie sind flexible planbare Arbeitszeiten grundlegend.

"Die Belastungen der Pflege müssen solidarisch getragen werden"

Eine der Kernforderungen der AWO ist, den Eigenanteil der Betroffenen durch eine Pflegevollversicherung zu entlasten. Jürgen Salzhuber, Vorsitzender der AWO München-Stadt, erläutert:

Der Eigenanteil der Betroffenen bei den Heimkosten beträgt z.Z. in unseren Einrichtungen ca. 2.800 Euro monatlich. Davon schlagen die Pflegekosten mit über der Hälfte zu Buche. Wir fordern, dass die eigentlichen Pflegekosten voll über die Pflegeversicherung übernommen werden. So verbleiben für die Betroffenen nur mehr die sog. Hotelkosten mit Verpflegung, Unterkunfts- und Mietkosten.

Diese Position wird von vielen Sozialverbänden mitgetragen: Die Belastungen der Pflege müssen solidarisch getragen werden, die Pflegeversicherung muss zu einer Pflegevollversicherung umgebaut werden. Die notwendigen Verbesserungen bei der Personalausstattung und Bezahlung der Pflegekräfte dürfen nicht den Pflegebedürftigen aufgebürdet werden.

Der Staat müsste einen Steuerzuschuss zur Pflegeversicherung leisten, erspart sich aber dafür Sozialhilfekosten. Ca. 40 % der Pflegebedürftigen in Heimen sind auf Sozialhilfe angewiesen, Tendenz steigend. Unsere Solidarität muss den Pflegebedürftigen gelten, die schweren finanziellen Belastungen ausgesetzt sind.

"Wir brauchen intelligente Arbeitsmodelle"

Eine der Kernforderungen der AWO ist, durch Bürokratieabbau mehr Zeit für den Menschen zu gewinnen. Maike Hessel, Leiterin des Referats Pflege bei der AWO München-Stadt, verdeutlicht:

Studien belegen, dass gerade Pflegefachkräfte 30 % in ihrer Tätigkeit mit organisationsbezogenen und verwaltungsbezogenen Aufgaben gebunden sind. Ihre wertvolle Beziehungskompetenz um Umgang z.B. mit Demenzkranken kommt so zu wenig zum Tragen. Auch sollten sie mehr Kapazitäten für die Anleitung der Pflegehelfer*innen haben, um die Pflegequalität über das gesamte Pflegeteam zu sichern.

Noch wird zu viel im Pflegealltag dokumentiert aus Angst vor Kontrollen. Alle Prognosen sagen voraus, dass wir über kurz oder lang weniger Pflegefachkräfte haben werden. Deshalb brauchen wir intelligente Arbeitsmodelle, wie die wenigeren Fachkräfte ihre Kompetenz gezielt für den Pflegebedürftigen selbst, aber auch für Steuerungsaufgaben einsetzen können.

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