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Dr. Peter Gauweiler, CSU

geboren am 22. Juni 1949 in München seit 2006 Vorsitzender des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages war von 1990 bis 1994 Bayerischer Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen verheiratet, Vater von vier Kindern als Reaktion auf die Studentenbewegung, die aus seiner Sicht sozialistische Ziele verfolgte, trat er 1968 der CSU bei seit 2002 Mitglied des deutschen Bundestages von 2001 bis 2005 verfasste Peter Gauweiler regelmäßig eine Kolumne in der Bild-Zeitung zu aktuellen politischen Themen

 

Der Werbe-Spiegel, der Sendlinger Anzeiger und das SamstagsBlatt haben eine Politiker-Reihe, genannt „Aug' in Aug' mit der Politik“, ins Lebens gerufen, bei der sich Entscheidungsträger mit einem kurzen Statement zu einem bestimmten Thema äußern können.

 

Bundeswehreinsatz an der syrischen Grenze – Einmischung oder Bündnissolidarität?

„Grundsätzlich ist die Bündnissolidarität das Herzstück der NATO. Selbstverständlich auch gegenüber der Türkei, wenn sie von außen angegriffen wird. Ich habe allerdings verlangt, dass ein solcher Schutz – wenn seine Voraussetzungen vorliegen – mit Russland abgestimmt werden muss, um falsche Frontbildungen schon im Ansatz zu vermeiden.“

 

Strebt Bayern zu Recht eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich an?

„Föderalismus bedeutet nicht, Stadtstaaten die Haushaltsverantwortung abzunehmen, sondern den Ländern die Stärkung eigener, wirtschaftschwacher Regionen zu ermöglichen.“

 

Sind Senioren überrepräsentiert? "

"Im Gegenteil. Unser Land, das seinen Wiederaufstieg einem Mann verdankt, der den Beinamen 'Der Alte' trug (Bundeskanzler Konrad Adenauer), muss aufpassen, dass es den Stellenwert lebenslanger Erfahrung nicht vergisst."

 

Was erwarten Sie von Papst Franziskus?

"Der Rücktritt von Benedikt XVI. hat mich ins Herz getroffen. Ich wünsche mir von Papst Franziskus, dass er uns Europäern - ausgehend von seinem persönlichen Lebensweg und Erfahrungsschatz in Lateinamerika - eine neue Perspektive für die Kirche aufzeigt. Der Gelehrten-Papst Benedikt hat uns theologische Tiefe geschenkt, Franziskus wird uns an Barmherzigkeit und Solidarität erinnern."

 

Soll die Wasserversorgung in Deutschland privatisiert werden?

„Ich habe gegen die Wasserprivatisierung gestimmt, weil Wasser durch die Kräfte des Marktes in Gefahr gerät, zu einer Ware reduziert zu werden. Leere Kassen dürfen nicht - wie in den vergangenen Jahren viel zu oft - dazu führen, dass die Kommunen Ihre Verantwortung an private Unternehmen abgeben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass marktwirtschaftlicher Wettbewerb auf dem Gebiet der öffentlichen Daseinsvorsorge das falsche Mittel ist.“

 

Sexuelle Belästigung in Chaträumen: Sind Sie der Meinung, dass zum Schutz der Heranwachsenden seitens des Staates alles Menschenmögliche getan wird, um im Internet korrigierend und beschützend einzuwirken?

"Die Zahlen - ca. 40% der Kinder und Jugendlichen werden online mit sexuellen Avancen konfrontiert und die polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet einen konstanten Anstieg der Straftaten mit kinderpornografischem Bezug - zeigen, dass die bestehenden Gesetze nicht ausreichen, um unsere Kinder zu schützen. Vor allem müssen auch die Eltern sensibilisiert und stärker einbezogen werden, da ihnen die Gefahren des Internets oftmals unbekannt sind."

 

Ist der Entertainer Stefan Raab ein angemessener Moderator für das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück?

"Herr Raab moderiert ja nicht alleine und er hat in seiner Sendung „Schlag den Raab“ bewiesen, dass man ihn nicht unterschätzen sollte, auch geistig nicht. Und dass er ein ehrbares Handwerk gelernt hat (Metzger) spricht für ihn. Unabhängig davon: Es sollte bei dem Duell der beiden Spitzenkandidaten überhaupt keinen Moderator geben, damit die Zuschauer sehen können, welcher Politiker fähig ist, dem jeweils anderen zuzuhören und ihn freiwillig ausreden zu lassen."

 

Haben Sie mit Ihren Eltern, Großeltern oder Verwandten über die NS-Zeit und den 2. Weltkrieg gesprochen?

"Na klar. Mein Vater blieb in Russland als Soldat schwerverletzt hinter den feindlichen Linien liegen. Ein russischer Soldat rettete ihm das Leben, indem der ihn  zu seiner Einheit zurückschleichen ließ. Die Erinnerungen meiner Mutter kreisen um den Tag, an dem unsere Wohnung in der Innerkoflerstraße von US-Soldaten eingenommen wurde und die lähmende Angst, die sie damals empfand. Als einer der Soldaten aber meine Schwestern - damals 3 und 4 Jahre alt - sah, zeigt er ihnen Bilder von seinen eigenen Kindern. Diese Begegnungen mit dem 'Feind' prägen unsere Familie bis heute."

 

Welches Buch würden Sie anderen weiterempfehlen?

"Ich lese gerade 'Theodor Heuss - Der Bürger als Präsident' von Peter Merseburger. Mit Sympathie und Einfühlungsvermögen erzählt der Autor das Leben des ersten Bundespräsidenten: Redakteur in Heilbronn, Dozent in Berlin, erste Schritte des jungen Liberalen Heuss und schließlich der Start in eine goldene Zukunft mit der Gründung der jetzigen FDP. Neben Einblicken in schwierige Zeiten findet man auch wunderbare Reden und Zitate des Bildungsbürgers und Literaten Heuss."

 

Land unter! Sollte Bayern mehr Geld in den Hochwasserschutz investieren?

"Hochwasserbekämpfung ist eine Daueraufgabe. Was München angeht, haben wir via staatlichen Wasserbau durch Renaturierung der Ufer, Wasserrückhaltebecken und der Sylvensteinsperre das Risiko einer Katastrophe verringert und dafür bis 2020 insgesamt 2,3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. In Friesland habe ich den Satz gelernt: 'De nich will dieken, mutt wieken'! Das heißt: Wer nicht weichen will, muss Deiche bauen."

 

Sind Sie zufrieden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in München?

„Es gibt immer mehr Fahrgäste (2012: 662 Millionen!). Also muss der Fuhrpark angepasst und das Streckennetz erweitert werden. Der Streit zwischen den Verkehrsbetrieben und der Regierung von Oberbayern muss zugunsten neuer Zulassungen sofort beendet werden. Im Interesse der großen und kleinen Münchner, die verlässlich zur Arbeit oder zur Schule kommen wollen, muss das Ziel sein: die U-Bahn soll in der Rush Hour im Zwei-Minuten-Takt fahren können.“

 

Sind Sie zufrieden mit dem deutschen Schulsystem?

„Sind reiche Kinder in der Schule erfolgreicher? Nein. Sonst wären nicht so viele Kinder von Superreichen totale Schulversager. Bayern setzt in der Bildung mehr auf Qualität als andere Länder, siebt aber auch mehr aus. Das ist gut und nicht schlecht. Wir haben von allen deutschen Ländern die niedrigste Zahl von Schülern ohne Abschluss. Und wer als Handwerker den Meisterbrief erhalten hat, darf in Bayern auch ohne Abitur auf die Universität. Bei den jährlichen PISA-Wettbewerben liegen Bayerns Schüler - aus allen sozialen Schichten - in den wichtigsten Disziplinen auf Platz 1. In Lesen und Mathematik zum Beispiel.“

 


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