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"Die Tram hilft, absehbare Verkehrsprobleme zu vermeiden"

MVG-Fachleute nehmen Stellung zu den wichtigsten Kritikpunkten unserer Leser

Vom Romanplatz bis zur Aidenbachstraße verläuft die geplante nahezu neun Kilometer lange Strecke der "Tram-Westtangente". Auf der Grafik fehlt die zwischenzeitlich ergänzte Haltestelle Winfriedstraße am nördlichen Portal der Umweltverbundröhre. (Bild: MVG)

In einer wachsenden Stadt wie München müssen nicht nur Wohnungen und Schulen gebaut werden, sondern auch das Verkehrsnetz muss mitwachsen. Eines der umstrittendsten Vorhaben ist die Westtangente der Tram (9 km lange Neubaustrecke vom Romanplatz zur Aidenbachstraße). Die meisten unserer Leser sehen das Projekt äußerst kritisch. Die Münchner Wochenanzeiger haben die wichtigsten 15 Argumente gegen die Tram, die die Leser in unseren letzten Ausgaben angeführt haben, an die MVG weitergegeben. Deren Experten haben Stellung zu diesen Punkten genommen:

"Es gibt Staus, wenn nichts passiert"

1. „Durch die Straßenbahn wird die wichtige Fürstenrieder Straße zu eng für den Autoverkehr.“ Löst die Tram hier Staus im Autoverkehr aus?

Antwort MVG: Die Tram hilft, absehbare Verkehrsprobleme zu vermeiden! Wenn in der Fürstenrieder Straße bei weiter steigenden Einwohnerzahlen und damit auch wachsendem Verkehrsaufkommen nichts passiert, wird es mehr Stau geben. Eine schnelle, attraktive Tram würde die Situation für alle Verkehrsteilnehmer verbessern: Auch der Autoverkehr auf der Fürstenrieder Straße wird mit einer leistungsfähigen Tram und mehr Menschen im ÖPNV besser fließen als ohne.

"Auch künftig fahren Busse"

2. „Der Bus 51 fährt bis Moosach, Bus 151 fährt bis zum Westfriedhof. Was wird mit diesen Strecken?“ Wie werden diese Strecken bedient, wenn die Tram kommt?

Antwort MVG: Die Tram ersetzt die Busse zwischen Aidenbachstraße und Romanplatz. Auf den übrigen Streckenabschnitten werden auch künftig Busse fahren.

"Alle Ampeln werden modernisiert"

3. „Die Tram müsste sich nach der Ampelschaltung richten; also auch nach dem Straßenverkehr. Es käme zu oft zu Verspätungen.“ Lassen sich solche Verspätungen vermeiden?

Antwort MVG: Die Tram wird – wie alle Tramlinien in München – von Haus aus beschleunigt unterwegs sein. Dies gewährleistet einen stabilen und möglichst störungsfreien Betriebsablauf. In diesem Zuge werden alle von der Tram befahrenen Ampelanlagen modernisiert. Hiervon profitiert neben der Tram auch der Auto-, Rad- und Fußgängerverkehr, da das tatsächliche Verkehrsaufkommen besser erfasst und die Grünzeiten bedarfsgerechter geschaltet werden können.

"Es gab keine"

4. „Es gab ja schon früher eine Trambahn in der Fürstenrieder Straße, die hat man rückgebaut.“ Warum gab man die alte Linie auf?

Antwort MVG: In der Fürstenrieder Straße gab es noch keine Trambahn.

"Es funktioniert gut"

5. „Bei jeder Haltestelle muss eine Ampel für den gefahrlosen Weg für die Fahrgäste zur und von der Tram in der Mitte der Straße installiert werden. Das führt zu noch mehr Stau.“ Wie werden die Haltestellen und Zugänge geplant? Blockieren die Übergänge den Autoverkehr?

Antwort MVG: Die Querung erfolgt in der Regel genauso an ampelgeregelten Kreuzungen wie bisher beim Bus und zusammen mit dem querenden Autoverkehr. Dass dies auch bei starkem Fahrgastaufkommen und beträchtlichem Autoverkehr gut funktioniert, zeigt zum Beispiel die Dachauer Straße. Die Standorte der Ampeln werden an den Kreuzungen wo notwendig an die Planung angepasst und die Technik der Schaltung modernisiert.

"Es gibt keine Sondersituation"

6. „Wie schnell kommt ein Feuerwehr-Löschzug bei einer in Fahrtrichtung zweispurigen Fürstenrieder Straße zum Einsatzort?“ Bleibt mit der Tram genug Platz für Rettungskräfte?

Antwort MVG: Auf der Fürstenrieder Straße gibt es auch mit Tram durchgängig zwei Fahrstreifen pro Richtung mit zusätzlichen Abbiegespuren an Kreuzungen. Die Fahrstreifenbreiten richten sich nach den anzuwendenden deutschen Regelwerken. Dies entspricht der Situation wie auf vielen anderen großen Straßen in der Stadt. Daher gibt es auf der Fürstenrieder Straße keine Sondersituation in Bezug auf Rettungsfahrzeuge.

Gleise geben Breite vor

7. „Die Tram sollte lang, aber schmal (für München neu) sein.“ Gibt es entsprechende Planungen?

Antwort MVG: Unsere Fahrzeuge sind auf die Gleisanlagen ausgerichtet und derzeit generell 2,30 Meter breit.  Die Länge der Fahrzeuge ist variabel und wird auf das jeweilige Fahrgastaufkommen abgestimmt.

Grünanteil nimmt zu, nicht ab

8. „Die jetzt noch bestehenden Grünflächen würden durch Gleise ersetzt werden.“ Wieviel Grün muss wegen der Schienen aufgegeben werden?

Antwort MVG: Die heute vorhandenen Gehölze in der Straßenmitte entfallen. Durch die Realisierung von Rasengleis wird der Grünanteil allerdings insgesamt zunehmen.

"Umbau ist so oder so erforderlich"

9. „Wie will man den gesamten Verkehr durch den Laimer Tunnel bringen?“ Wie ist der Stand der Planungen und die Zeitschiene?

Antwort MVG: Die Westtangente soll den Laimer Bahnhof nicht in der bestehenden Unterführung für den Kfz-Verkehr queren, sondern in einer eigenen neuen Unterführung, der so genannten Umweltverbundröhre. Sie ist östlich der bestehenden Unterführung des Kfz-Verkehrs geplant. Die Umweltverbundröhre wird aber nicht eigens für die Tram gebaut, sondern ist Teil des Projekts 2. Stammstrecke zum Ausbau der S-Bahn in München. Dabei ist vorgesehen, den S-Bahnhof Laim so umzubauen, dass künftig Bus und Tram in der neuen Unterführung direkt unter dem Bahnhof halten können, um ein Umsteigen auf kurzem Weg zu ermöglichen. Neben den „Spuren“ und den Haltestellen für den ÖPNV ist auch ein Geh- und Radweg geplant. Sollte die 2. S-Bahn-Stammstrecke wider Erwarten nicht kommen, müssten DB und LHM den Laimer Bahnhof samt Laimer Unterführung separat umbauen; dies ist zur Steigerung der Leistungsfähigkeit an diesem Knotenpunkt so oder so erforderlich.

"Tram ist attraktiver als Bus"

10. „Die Leute, die jetzt mit dem Auto fahren, steigen sicher nicht auf die Straßenbahn um, sonst würden sie jetzt schon den Bus nehmen.“ Wie will man Pendler von auswärts zum Umsteigen in die Tram bringen?

Antwort MVG: Die Tram wird von vielen Menschen als attraktiveres Verkehrsmittel wahrgenommen als der Bus und hat auch objektiv betrachtet Vorteile wie zum Beispiel ein ruhigeres Fahrverhalten und eine höhere Pünktlichkeit durch eine eigene Fahrspur unabhängig vom Autoverkehr. Durch die Gleise ist dem Fahrgast auch dann klar, wo die Linie hinfährt, wenn gerade kein Fahrzeug da ist. Außerdem entstehen durch die Tram zusätzliche attraktive Direktverbindungen. Daher ziehen Züge mehr Fahrgäste an als Busse. Dies hat sich zuletzt bei den Neubaustrecken in die Parkstadt Schwabing und nach St. Emmeram eindrucksvoll gezeigt.

"Busbetrieb auf Dauer nicht zukunftsfähig"

11. „Wir haben doch den Bus 151. Das Problem ist doch gelöst, wenn der Bus ganztägig fahren würde.“ Ist die Kapazität der Busse ausreichend?

Antwort MVG: Die Fahrgastzahlen der dort heute verkehrenden Buslinien 51, 151 und 168 haben in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Seit Herbst 2014 werden daher auf den Linien 51 und 151 in den Hauptverkehrszeiten Busse mit Anhänger eingesetzt (dort haben 30% mehr Fahrgäste Platz als im Gelenkbus), die Anzahl der eingesetzten Buszüge wird kontinuierlich weiter erhöht. Selbst bei weiterem Einsatz von Buszügen ist der Busbetrieb auf dieser Strecke auf Dauer nicht zukunftsfähig. Für ein leistungsfähiges und pünktliches Bussystem müssten durchgehende, autofreie Busfahrstreifen gebaut werden. Dadurch würden – genauso wie durch den Bau der Tram Westtangente – Fahrspuren des Kfz-Verkehrs wegfallen. Übrigens ist eine Tram gegenüber einem Buszug ab einer bestimmten Nachfrage schon deswegen wesentlich effizienter, weil 1 Fahrer nicht nur 130, sondern bis zu doppelt so viele Fahrgäste befördern kann.

"Nicht alles auf einmal"

12. „Eine weitere große Baustelle, von denen es in München reichlich gibt, braucht es wirklich nicht.“ Wie umfangreich wären die Bauarbeiten und wie lange dauern sie?

Antwort MVG: Die Bauarbeiten würden insgesamt einige Jahre dauern, weil das Projekt sehr umfangreich ist. Die Tram würde allerdings in Abstimmung mit der Straßenverkehrsbehörde (Kreisverwaltungsreferat) in mehreren Abschnitten gebaut, es wäre also nicht die gesamte Strecke auf einmal betroffen. In einer wachsenden Stadt wie München muss die gesamte Infrastruktur wie z.B. auch Ver- und Entsorgungsleitungen an die steigenden Einwohnerzahlen angepasst werden, wenn sie weiter funktionieren soll. Daher sind Baustellen unvermeidbar.

Zu wenig Fahgäste für U-Bahn

13. „Warum wird keine U-Bahn gebaut?“ Ist eine U-Bahn eine Alternative zur Tram?

Antwort MVG: Für eine U-Bahn reicht die zu erwartende Fahrgast-Nachfrage in keiner Weise aus. Das wäre die falsche Dimension und kein wirtschaftlicher Einsatz von Finanzmitteln zum Ausbau des ÖPNV.

"Tagente liegt zu weit in der Stadt"

14. „Vom Bau genügend großer Parkhäuser in Funktionseinheit mit der Tram ist nicht die Rede.“ Sind solche P+R-Parkhäuser z.B. an der Basler Straße (U3 / Garmischer Autobahn) und an der Lindauer Autobahn (Tram 18 / verlängerte U5) sinnvoll?

Antwort MVG: Die Anlage großer P+R-Parkhäuser ist nahe am Stadtrand sinnvoll (etwa Fröttmaning). Die Strecke der Tram Westtangente liegt zu weit in der Stadt; der dadurch zusätzlich verursachte Kfz-Verkehr würde die bereits stark belasteten Straßen weiter belasten. Ein P+R-Parkhaus soll aber genau das vermeiden.

15. „Bei der Laimer Unterführung ist noch nicht geklärt, wer die Umbaukosten trägt, die Stadt oder die Bahn.“ Wie ist der aktuelle Sachstand?

Antwort MVG: siehe oben zu Frage 9.

In unseren vorigen Ausgaben haben wir viele Briefe von Lesern zur Westtangente veröffentlicht. Mit den Antworten der MVG-Fachleute schließen wir diese Diskussion vorerst ab.


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