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Die soziale Ungleichheit bekämpfen

Soziales Netz Bayern fordert: "Strukturelle Armut in Bayern muss ein Ende haben"

Verena Di Pasquale warnt: Aktuell ist fast jede siebte Person in Bayern von Armut bedroht. (Bild: DGB Bayern/Groh)

Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, ein ausufernder Niedriglohnsektor, ein kaputtgespartes Pflege- und Gesundheitssystem und immer weiter steigende Mietpreise – auch knapp eineinhalb Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland sind diese und viele weitere soziale Ungerechtigkeiten hochaktuell. Rund zwei Monate vor der Bundestagswahl nimmt das Soziale Netz Bayern – ein Bündnis aus 16 Verbänden, Organisationen und Institutionen – diese Situation zum Anlass, sich in einer gemeinsamen Erklärung klar zu positionieren.

Der Arbeitsmarkt "verwildert"

Zentrale Kernforderungen des Bündnisses sind, die soziale Ungleichheit in Bayern zu bekämpfen und der strukturellen Armut im Freistaat ein Ende zu bereiten. Laut Verena Di Pasquale, kommissarischer Vorsitzender des DGB Bayern, ist aktuell fast jede siebte Person in Bayern von Armut bedroht. „Einer der Gründe für die steigende Armut liegt in der Verwilderung des Arbeitsmarktes. Arm trotz Arbeit ist für viele Menschen im reichen Freistaat bittere Realität. Dabei muss es doch darum gehen, dass Beschäftigte mit ihrem Entgelt sich und ihre Familien ernähren können und auch die gesellschaftliche Teilhabe gesichert ist.“

Daher sei es Di Pasquale zufolge notwendig, aus dieser Krise zu lernen und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Sicherheit und Perspektiven zu geben. „Dazu gehört, alle möglichen Hebel in Bewegung zu setzen, um die Tarifbindung in Bayern wieder deutlich zu erhöhen“, so Di Pasquale.

Das Netz erhalten und ausbauen

„Um Armut wirkungsvoll zu bekämpfen, braucht es neben der direkten finanziellen Unterstützung ein gut ausgebautes Netz an sozialen Diensten und Einrichtungen, das Menschen unterstützt, berät und entlastet“, ergänzt Margit Berndl, Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege und Vorständin des Paritätischen in Bayern. Armutsfeste soziale Sicherungssysteme und die soziale Infrastruktur seien zwei Seiten eines funktionierenden Sozialstaates. „Mit Blick auf die sozialen Folgen der Pandemie muss die soziale Infrastruktur erhalten und ausgebaut werden – trotz anstehender Sparhaushalte“, fordert Berndl.

"Nicht dem freien Markt überlassen"

Auch Ulrike Mascher, Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK Bayern, plädiert für einen starken Sozialstaat: „Die Pandemie-Monate haben deutlich gemacht, wie das öffentliche Pflege- und Gesundheitssystem in den vergangenen 30 Jahren an entscheidenden Stellen ‚kaputtgespart‘ wurde. Pflegerinnen und Pfleger brauchen bessere Arbeitsbedingungen und eine gute Bezahlung. Der Eigenanteil für Pflegebedürftige in der stationären Pflege ist viel zu hoch. Und die zahlreichen pflegenden Angehörigen kommen zuhause körperlich, psychisch und finanziell an ihre Grenzen.

Darüber hinaus können sich viele Menschen die Mieten nicht mehr leisten, es fehlt an bezahlbarem und barrierefreiem Wohnraum. Unser dringender Appell an die Politik lautet: Überlassen Sie das Gesundheits- und Pflegesystem und den Wohnraum nicht dem freien Markt, sondern stärken Sie den Sozialstaat!“

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