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Die kunterbunte Familienkiste - Wenn Religion auf Alltag trifft

Wieviel Zeit dürfen 12-Jährige im Internet oder vor dem Fernseher verbringen?

Schlichte Fragen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten ist das Anliegen dieser Serie. In der kunterbunten Familienkiste versammeln sich die Antworten aus verschiedenen Glaubensrichtungen: Religion im Praxistest sozusagen.

Kirche und Religion? Nichts für mich, sagen heute viele Menschen: zu weltfremd, zu theoretisch, nicht mehr aktuell. Ob das stimmt, können Sie selbst beurteilen: Wir haben uns wieder mit einer Alltagsfrage an Kirchen und Religionsgemeinschaften aus unserem Verbreitungsgebiet gewandt.

Kaplan Marco Piranty

katholische Pfarreien Maria Schutz und St. Hildegard, Pasing:

Ein Leben ohne Computer und Internet ist heute für viele kaum mehr vorstellbar. Darauf müssen Kinder vorbereitet werden. Die Frage der Dauer ist dabei zweitrangig. Ohne Aufsicht und Anleitung der Eltern sollten 12-Jährige meines Erachtens überhaupt nicht im Internet surfen. Die Gefahren (Mobbing, Pornografie, Chats mit zwielichtigen Personen) werden oft unterschätzt. Genauso wie ich einen 12-Jährigen nicht alleine eine Autobahn überqueren lasse, sollte ich ihn auch nicht allein auf dem Datenhighway rumspazieren lassen. Medienkompetenz muss erlernt werden. Ich selber habe keinen Fernseher und vermisse ihn nur selten. Seit ich die Kiste rausgeworfen habe, bleibt viel mehr Zeit für andere schöne Dinge: Gebet, Lesen, Freundschaften pflegen.Meine konkrete Antwort: Ohne besondere Umstände zu berücksichtigen, halte ich eine Obergrenze von zwei Stunden pro Tag für ein gesundes Maß.

Dr. theol. Markus Roth

Referent für Theologie und Ethik, Münchner Bildungswerk: Sowohl das Internet als auch das Fernsehen ist aus dem Alltagsleben nicht mehr wegzudenken. Gerade bei den Jugendlichen spielt das Internet, allen voran „facebook“ und Co., eine besondere Rolle. Auch wenn es sehr schwer ist, einen zeitlichen Rahmen für die Nutzung von Internet und Fernsehen zu benennen, so ist es unerlässlich die Verwendung der beiden Medien zu begleiten. Bei allem Nutzen und aller Hilfe dürfen auch die Nachteile einer zu intensiven Nutzung nicht aus dem Blick geraten. So ist etwa eine Initiative wie „www.schau-hin.info“, mit der Forderung einer angemessenen und von den Eltern unterstützten Nutzung von Internet und Fernsehen, einer strikten zeitlichen Reglementierung vorzuziehen. Doch scheint eine Nutzung von ca. zwei Stunden pro Tag eine Maßgabe, die sinnvoll erscheint.

Hans-Martin Köbler

Pfarrer der evangelischen Himmelfahrtskirche, Pasing:

Anderthalb Stunden pro Tag. Empfiehlt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Die meisten hocken länger vor der Glotze. Das gibt Ärger. Oft ist es Verhandlungssache: Lieber eine Stunde Galileo als zehn Minuten Totschlag und Geschrei. Wobei die Experten streiten, ob das Geballere Gewalt abbaut oder verstärkt. Klare Vereinbarungen helfen: Was? Wann? Wie lange? Und: Mit wem? Wenn Eltern mitschauen, kann man nachher drüber reden. Das Internet erweitert den Blick. Unterstützt Kontakte. Gehört heute dazu. Auch Fernsehen will gelernt sein. Die Zeitschrift Flimmo gibt wertvolle Tipps. Sendungen werden kommentiert: „Kinder finden’s prima“. „Mit Ecken und Kanten“. „Nicht für Kinder.“ Das Heft gibt’s kostenlos in manchen Apotheken. Und natürlich: Im Internet! Unter www.flimmo.tv

Harald Hackländer

Pressesprecher der Bahai-Gruppe Germering:

"In allen Dingen ist Mäßigung wünschenswert. Wird etwas übertrieben, so  erweist es sich als Quell des Unheils. Seht auf die Zivilisation des Westens, wie sie die Völker der Welt aufwühlt und beunruhigt“, so Bahá’u’lláh, der Stifter der Bahá’í-Religion. Für Jugendliche und Internet ist es ähnlich, auf der einen Seite gehört  es zum allgemeinen Wissenserwerb dazu und Kinder müssen schon in der Schule mit dem Werkzeug Internet arbeiten. Doch auf der anderen Seite birgt das Internet, wie alle Medien auch seine Gefahren. Die Eltern sind hier sehr früh gefordert, ihre Kinder als verantwortliche und mündige Menschen zu erziehen. Das heißt, man sollte seine Lieben begleiten, mit ihnen regelmäßig reden und mit ihnen die Zeit verbringen, damit Internet kein Zeitfüller oder Elternersatz ist.

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