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Die EU – Land ohne Bürger?

Politischer Frühschoppen der Grünen

Der Politische Frühschoppen der Grünen in der Storchenburg Pasing (August-Exter-Str. 1) mit dem Münchner EU-Abgeordneten aus München nahm sich am Sonntag, 23. Januar, gleich zu Jahresanfang eines umstrittenen Themas an: „In vielen EU-Gremien herrscht die Meinung, das Gebilde EU sei so komplex, dass man es Eliten vorbehalten und die Bürger besser raushalten sollte, denn die verstünden das nicht und schadeten nur. Dabei kommen inzwischen weit mehr als 50 Prozent aller uns tagtäglich betreffenden Vorgaben aus Brüssel." Das war einer der Kernsätze Häfners zum Thema Bürgerbeteiligung auf EU-Ebene. Er räumte ein, dass in Anbetracht von Klimakatastrophen und Finanzkrise das Demokratie-Thema nicht besonders dringend erscheine. Aber Demokratie sei der Grundpfeiler der EU und Bürgerbeteiligung deshalb ein fundamentales Anliegen. Viele essentielle Zukunftsentscheidungen würden immer noch weitgehend ohne Bürgerbeteiligung getroffen, national und auf EU-Ebene. Als Beispiele nannte er das Aufbrechen des Atomkonsenses und das Swift-Abkommen. Quasi im Hinterzimmer sei in Deutschland zwischen Regierung und Atom-Lobby ein gigantisches Geschäft mit Energie ausgehandelt worden, das noch Generationen belasten wird – und das gegen den Willen der Mehrheit der Bürger.

Außen vor

Auf EU-Ebene sei selbst das Parlament noch weitgehend außen vor. Das EU-Parlament hat kein eigenes Initiativrecht für Gesetzesvorlagen, muß aber seit den Lissabon-Verträgen immerhin zustimmen. So habe der EU-Rat Änderungen des Swift-Abkommens mit den USA dem EU-Parlament vorlegen müssen und ernsthaft dessen Zustimmung verlangt, ohne es über den Inhalt zu informieren. Der sei „geheim und alternativlos" – eine Begründung, mit der des Öfteren versucht wird, die Öffentlichkeit rauszuhalten.

Direkte Bürgerbeteiligung sei in der EU noch ganz am Anfang, so das Fazit. In den Lissabon-Verträgen ist immerhin der Gedanke eines Bürgerbegehrens festgehalten und die Mindestzahl von einer Million Unterschriften. Ein Verfahren dazu gab es bisher nicht, so dass es in der Praxis wirkungslos war. Als Anekdote erzählte Häfner das Schicksal eines Begehrens von Behindertenverbänden mit 1,3 Mio. Unterschriften, die als wesentliche Reaktion aus Brüssel nach Monaten gebeten wurden, die Unterschriftenlisten doch wieder abzuholen, denn „man wisse nicht wohin damit".

Am 16.12.2010 wurde im EU-Parlament festgelegt, dass sich EU-Kommission und EU-Parlament in einer öffentlichen Anhörung mit einem Begehren befassen müssen. Einen Volksentscheid in Europa sieht Häfner aber noch in weiter Ferne.


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