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Die Brückenfrau

Petra Windisch de Lates führt seit 30 Jahren die Deutsche Lebensbrücke

Petra Windisch de Lates gehört zu den 25 Prozent weiblicher Führungskräfte. (Bild: Deutsche Lebensbrücke)

„Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau“, heißt es. Aber heute treten Frauen immer mehr ins Rampenlicht, übernehmen Verantwortung und Führungspositionen, nicht nur in Politik und Wirtschaft, sondern auch in klassischen Männerdomänen.

Hätten Sie gedacht, dass in Hilfsorganisationen die Führungsebene mehrheitlich von Männern besetzt ist? Obwohl Frauen viel mehr Ehrenamt leisten als Männer? Petra Windisch de Lates gehört zu den 25 Prozent weiblicher Führungskräfte. Seit 30 Jahren ist sie Vorstandsvorsitzende der Münchner Deutschen Lebensbrücke.

In die Wiege gelegt

Wie kam sie dazu, als Vorreiterin einen sozialen Verein zu leiten? „Das war mir wahrscheinlich schon in die Wiege gelegt“, lacht die 60-Jährige. Und erklärt, dass sie schon als Elfjährige die Nachbarskinder in der Straße betreut hat. Während ihrer Schulzeit in einer Münchner Klosterschule hat sie die Armenspeisung mit organisiert und trat als Klassen- und Schulsprecherin gegenüber dem Lehrerkollegium für die Belange ihrer Mitschülerinnen ein – manchmal sehr nachdrücklich, wie sie berichtet.

„Ich hab das zu Hause so erlebt“, sagt sie. „Die elterliche Prägung macht da viel aus, damals wie heute. Deshalb stimmt es auch nicht, dass junge Menschen sich heute weniger sozial engagieren. Die Art des Engagements hat sich vielleicht geändert – damals haben wir Gastarbeiterfamilien unterstützt, heute gehen junge Menschen für die Umwelt auf die Straße oder helfen Geflüchteten.“

Gespür für Menschen

Auf ihrer Reise durch die Welt, während ihrer Forschungsarbeiten in Biologie in New York oder auf ihrer Tour quer durch Afrika: Immer hatte sie einen offenen Blick für menschliche Not – und ein besonderes Händchen dafür, Netzwerke zu knüpfen und Hilfen zu organisieren. Passiert ist ihr dabei nie etwas, nicht einmal, als ihr Auto nachts mitten in der Bronx liegenblieb. „Ich hab eben auch ein Gespür für Menschen und weiß, an wen ich mich wenden kann“, sagt sie.

Sie ist weitgereist, aber fest im bayerischen Boden verwurzelt. Während ihrer Zeit in Amerika hat sie gemerkt, dass sie nicht überall daheim ist, sondern in Oberbayern. Deshalb hat sie genau hier ihre Netze ausgeworfen und Kontakte geknüpft.

Erste Hilfsprojekte

Als nach der Wende und dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime im Osten eine Handvolle Freunde, darunter Eduard Prinz von Anhalt und Senator Dr. Reinhard Mayer, sie darum bat, ihre Kontakte einzusetzen, um Familien und Kindern in den ehemaligen Ostblockstaaten zu helfen, sagte sie spontan zu: Sie wurde Gründungsmitglied der von Senator Mayer ins Leben gerufenen Deutschen Lebensbrücke. Wo es keine Wege mehr gebe, um zu helfen, wollten die Freunde Brücken bauen.

Die ersten Hilfsprojekte startete Petra Windisch de Lates mit der Deutschen Lebensbrücke 1989 in Osteuropa. Inzwischen ist die Hilfsorganisation vermehrt in Deutschland tätig. Die Deutsche Lebensbrücke unterstützt hier schwerpunktmäßig die dramatisch wachsende Zahl an Grundschulkindern, die ohne Frühstück in die Schule kommen. „Mitten in einem reichen Land arm zu sein, das ist ganz schrecklich. Und mit leerem Magen lernt sich’s einfach schlecht, deshalb wollen wir, dass alle Kinder satt und zufrieden dem Unterricht folgen können“, sagt sie.

Spenden sind das A und O

Ihre Mutter hat ihr früher immer wieder gesagt: „Wenn Du doch mal ans Geld denken würdest!“ Das tut sie inzwischen täglich. Denn für die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lebensbrücke ist das Generieren von Spenden das A und O. Ohne Geld keine Hilfen.

„Ich brenne dafür, anderen zu helfen und diese Hilfen möglichst effizient zu organisieren.“ Genau das rettet sie wahrscheinlich vor dem Helfersyndrom: „Ich kann nicht anders, ich sehe die Dinge immer realistisch.“

Gerade heute brauchen wir diese Art von Hilfe, hier bei uns in Deutschland. „Es ist ja nicht so, dass der Sozialstaat alles finanziert. Gerade die Armen, und hier vor allem die Kinder, fallen leicht durch das soziale Netz. „Es stimmt nicht, dass die Menschen in Deutschland weniger spenden. Aber sie spenden anders. Prominente z.B. haben fast alle ihre eigene Stiftung – an die ranzukommen, um für hungrige Grundschüler ein Frühstück zu erbitten, ist schwer. Immer mehr Menschen spenden lieber Zeit als Geld und engagieren sich in ökologischen Projekten und erleben dabei Natur und Gemeinschaft. Die Menschen, die für die lebensrettende OP unserer herzkranken Kinder spenden, oder für einen Therapiehund, für die Beinverlängerung eines kleinen Mädchens – die wissen ganz genau, warum sie das machen. Und sie haben oft persönlich erlebt, was Leiden bedeutet. Wer weniger hat, ist oft empathischer – und jede Spende macht den Unterschied. Eine Tasse Cappuccino ernährt ein Kind einen Tag lang!“

Was wirklich wichtig ist...

Es geht nicht darum, wieviel jemand hat. Statussymbole gelten für Petra Windisch de Lates nicht. „In Afrika habe ich gelernt, was wirklich wichtig ist: Nahrung zu haben und ein soziales Netzwerk. Eine wie immer geartete Familie. Das sind die menschlichen Grundbedürfnisse. Alles andere ist nebensächlich.“

Nach diesem Prinzip lebt sie bis heute. Mit ihrem Mann und zwei Katzen in einer Schwabinger Wohnung. Mit ihrer Arbeit, die sie immer noch um die halbe Welt führt. Und mit der festen Überzeugung, dass es wichtig ist, Brücken zu bauen, vor allem dort, wohin scheinbar keine Wege führen.

Infos zur Deutschen Lebensbrücke unter www.lebensbrucke.de

Spendenkonto Deutsche Lebensbrücke

IBAN DE47 7008 0000 0321 7000 00

Stichwort: Kinder in Not


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