Der Besuch der alten Dame
Sie sind verhalten aufgeregt. Vorhin hatte das Mobiltelefon geklingelt und alle waren sofort mucksmäuschenstill. Doch er hatte nichts gesagt, nur genickt, ein paar Mal, zum Himmel, der mit dunklen, langsam ziehenden Bergen gedroht hatte, gesehen, auf die Uhr geblickt, wieder zum Himmel hinauf und leise etwas in das Handy gesagt.
Die Erwachsenen steckten die Köpfe zusammen, schoben die Kinder vorsichtig beiseite und tuschelten. Alle waren gut angezogen, als wäre heute ein Festtag. Jemand nahm zwei Jungs und eine Einkaufstasche und eilte zum Einkaufen. Zwei junge Frauen liefen schnell in zwei nebeneinanderliegende Appartements. Die Männer und die kleinen Kinder blieben auf der Piazza stehen. Rauchten, sahen den Kindern beim Spielen zu und verströmten diese gespannte Ruhe, die vor einem großen Ereignis spürbar ist. Sicher 25 Minuten waren seit dem Anruf vergangen. Immerfort rannte jemand nach vorn an die Boschetsrieder Straße, um das ankommende Taxi als Erster zu sehen. Dann kam er schreiend angelaufen, Metodi rief mit sich überschlagender Stimme "Baba, baba, baba!"*
Jetzt schreckten sie zusammen, die Kippen und halbgerauchten Zigaretten flogen weit weg, alle Erwachsenen kamen näher, die älteren vorweg. Insgesamt waren es 25 Erwachsene und einige Kinder. Sie warteten auf der Piazza, direkt vor dem Durchgang. Dann sah man sie kommen. Es waren drei Personen. Zwei starke junge Männer, wahre Hünen, stützten ein kleines zierliches Persönchen zwischen sich. Sie musste uralt sein und man sah, dass sie erschöpft von der Reise war. Als sie näher kam, verschwand der müde Zug aus ihrem Gesicht. Freude fand ihren Weg zu jedem Einzelnen und von diesem wieder zu ihr zurück: "Moego semejstvo, cjalogo mi semejstvo."** Viele Freudentränen empfingen die von so weit gekommene Urgroßmutter und vermischten sich mit ihren.
* Großmutter
** Meine Familie, meine ganze Familie
In unserer nächsten Geschichte von der Piazza an der Bo wird einiges vorbereitet.
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