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„Da steckt so viel Herzblut drinnen“

Bayerischer Fußballverband und Münchner Wochenanzeiger starten Initiative gegen Gewalt auf Fußballplätzen

Bernhard Slawinski sieht etwas erschöpft aus, als er die Räumlichkeiten der Redaktion zum Interview betritt. Die letzten Tage ist er von einem Termin zum nächsten geeilt. Doch das Lächeln, das um seine Lippen spielt, zeigt: Für ihn hat es sich gelohnt.

Slawinski ist stellvertretender Kreisvorsitzender des Bayerischen Fußballverbandes (BFV) in München und unermüdlich im Einsatz für die neue Initiative „Fairplay München“, eine Kooperation des BFV und der Münchner Wochenanzeiger. Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, den durch negative Berichterstattung in Verruf geratenen Amateurfußball gerecht darzustellen, präventiv gegen Gewalt auf Fußballplätzen vorzugehen und den Ballsport für Kinder, Jugendliche und Familien wieder attraktiv zu machen.

Integrative Funktion geht verloren

„Als ich vor 15 Jahren nach München kam, war ich enttäuscht vom niedrigen Stellenwert des städtischen Amateurfußballs“, erklärt Slawinski, der insgesamt 30 Jahre lang als Schiedsrichter aktiv war. „Ich bin auf dem Land aufgewachsen, wo ein Spiel ein großes Event war und regelrecht zelebriert wurde.“ Dazu gehörten auch das gemütliche Beisammensein aller Spieler nach dem Wettkampf sowie die aktive Teilnahme der Eltern am Vereinsleben. Die Mütter brachten hausgemachte Spezialitäten und Kuchen mit, die Väter standen am Grill, man unterhielt sich über Gott und die Welt. „So etwas gibt es zwar noch in München, aber es wird immer seltener“, bedauert Slawinski.

In der Landeshauptstadt stünde die Amateurliga völlig im Schatten der großen Vereine FC Bayern und TSV 1860, was geringes Interesse und niedrige Zuschauerzahlen zur Folge habe. Dabei werde unterschätzt, welch hochkarätigen, technisch versierten Fußball man in niedrigeren Ligen zu sehen bekomme. Negative Berichterstattungen über Ausschreitungen unter Jugendlichen auf Fußballplätzen haben dem Image des Amateurfußballs zusätzlich geschadet. „Eine Veränderung in Richtung Gewaltzunahme ist mir im Spiel nie aufgefallen“, versichert der erfahrene Schiedsrichter. „Eine gewisse Grundaggression im fußballerischen Wettkampf ist zwar immer vorhanden, aber inzwischen werden Tabus bedenkenlos gebrochen. Berichte über Reibereien gab es auch vor 20 Jahren schon, aber das waren eher Einzelerscheinungen, die nicht so heftig ausfielen.“ Diese Aussage bestätigen auch Statistiken der Polizei und der Sportgerichte. Der Tenor: Die Häufigkeit von Gewalt geht zwar zurück, aber die Intensität steigt.

„Auf diese Weise geht die soziale und integrative Funktion des Amateurfußballs völlig verloren. An diesem Ballsport bewundere ich am meisten, dass er Menschen verschiedenster Nationalitäten miteinander verbindet. Genau diese Funktion möchte 'Fairplay München' wieder aufleben lassen.“

Handlungsbedarf erforderlich

Bernhard Slawinskis Zukunftspläne sahen am Anfang des Jahres noch ganz anders aus. Eigentlich wollte er sich aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit etwas zurückziehen und seine Freizeit privater gestalten. Doch mit dem Beginn der Rückrunde war feststellbar, dass sich Ereignisse auf Fußballplätzen abspielen, die aktiven Handlungsbedarf erfordern. „Nach intensiven Gesprächen mit dem Bezirksvorsitzenden Horst Winkler, der bereits vor einem Jahr Maßnahmen zur Gewaltprävention erarbeitet hat, habe ich mich entschlossen, die Konzeption und die Leitung zu übernehmen. Die Initiative 'Fairplay München' basiert also auf Horst Winklers Vorarbeit“, erklärt Slawinski und gesteht: „Mittlerweile ist das irgendwie mein Kind geworden. Da steckt so viel Herzblut drinnen.“

Der erste Schritt bestand darin, Spielbeobachter auszusenden. Diese sind dafür zuständig, eine Bestandsaufnahme der Ist-Situation zu machen und unter Umständen präventiv einzugreifen. Aktuell stehen Slawinski 20 Ehrenamtliche zur Seite, die zuvor geschult worden sind. „Noch bin ich auf der Suche nach weiteren ehrenamtlichen Spielbeobachtern, die Spaß am Fußball haben und Feinfühligkeit den Mitmenschen gegenüber besitzen. Demnächst ist für Interessierte auch ein Informations- und Schulungsabend geplant, das genaue Datum steht aber noch nicht fest. Wer sich für die Übernahme dieser Aufgabe bewerben, sich anderweitig engagieren oder allgemein Informationen zu 'Fairplay München' erhalten möchte, kann sich per E-Mail an die Adresse team@fairplay-muenchen.de wenden. Wir werden umgehend antworten.“

Verständnis schaffen

Das Hauptziel der Initiative ist die Gewaltprävention im Amateurfußball durch das Etablieren eines aufrichtigen Sportverhaltens, die Förderung von Integration und das Schaffen eines gemeinsamen Verständnisses für dieses Thema. Und der Ball gerät allmählich ins Rollen: „Bin ich anfangs noch selbst auf die Münchner Vereine zugegangen, um ihnen mein Konzept vorzustellen, so melden sich nun viele bei mir, die die Initiative unterstützen möchten und gute Ideen und Vorschläge zur Umsetzung bringen“, schwärmt der engagierte Ehrenamtliche. „Durch die Zusammenarbeit der Verantwortlichen, Vereine, Spieler, Eltern und Zuschauer können wir den Amateurfußball in das Licht rücken, das er verdient. Die Eltern sollen sich wieder darauf verlassen, dass ihre Kinder in den jeweiligen Vereinen gut aufgehoben sind, ehrlichen Fußball spielen und Freude daran haben. Das gemeinsame Gewinnen und Verlieren fördert das Teamdenken und bringt einen positiven Erziehungseffekt mit sich“, erklärt Slawinski.

Neu: „Spiel der Woche“

Die Münchner Wochenanzeiger unterstützen als Kooperationspartner die Initiative „Fairplay München“ durch regelmäßige Berichte rund um das Thema Amateurfußball. Dabei geht es jedoch in erster Linie nicht um Ergebnisse und Tabellen: Was diesen Breitensport so interessant macht, sind die Menschen, die mitwirken und sich für einen fairen Fußball einsetzen.

Die Leserinnen und Leser erwarten demnächst spannende Artikel über Vereinsmitglieder, Schiedsrichter, junge Spieler, aktive Eltern, Fußballfamilien und vieles mehr, das einen Einblick hinter die Kulissen gewährt.

Alle Fußballfans und diejenigen, die es noch werden wollen, sind herzlich zum „Spiel der Woche“ eingeladen. Diese wöchentlich stattfindende Aktion des Bayerischen Fußballverbandes und der Münchner Wochenanzeiger findet ihren Auftakt am Samstag, 17. August, um 16 Uhr mit dem Spiel TSV 1860 III gegen SC München in der Sportanlage Untergiesing (Agilolfingerstr. 6). Neben der Möglichkeit, verschiedene Münchner Vereine kennen zu lernen, werden auch ein buntes Rahmenprogramm für Groß und Klein und spannender Amateurfußball geboten. Nähere Informationen zu dieser Veranstaltung werden noch bekannt gegeben.

Wird der Traum wahr?

Auf die Frage wie seiner Meinung der Amateurfußball in zehn Jahren aussieht, antwortet Bernhard Slawinski: „Ich hoffe emotional und mit einer großen, begeisterten Zuschauerkulisse. Mit Familien, die den Spielern zujubeln und sich aktiv am Vereinsleben beteiligen. Das Schönste wäre, wenn die Initiative 'Fairplay München' in drei bis vier Jahren als solche nicht mehr gebraucht wird und ich als Projektleiter überflüssig bin. Das würde nämlich bedeuten, dass es genügend engagierte und vernünftige Leute gibt, die 'Fairplay München' verstanden haben, es in die Vereine und nach außen tragen und sich aktiv für einen fairen Fußball einsetzen.“


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