Wochenanzeiger München Wir sind Ihr Wochenblatt für München und Umland

"Alle haben prima mitgemacht"

Die Einrichtungen der Stiftung ICP München waren durch Corona besonders gefordert

Die Stiftung ICP München betreut in ihren Einrichtungen Kinder, Jugendliche und erwachsene Menschen mit körperlichen Mehrfachbehinderungen - pädagogisch, therapeutisch und medizinisch. (Bild: ICP)

Die Stiftung ICP München betreut in ihren Einrichtungen Kinder, Jugendliche und erwachsene Menschen mit körperlichen Mehrfachbehinderungen - pädagogisch, therapeutisch und medizinisch.

In Sorge um die Kinder

Die Corona-Pandemie stellt die Fördereinrichtungen vor ganz besondere Herausforderungen. Denn die Kinder haben hier alle - teilweise schwere - Vorerkrankungen und eine Ansteckung muss um jeden Preis verhindert werden.

Die Förderschule wurde wie andere Schulen geschlossen, die Heilpädagogische Tagesstätte und das Schülerwohnheim blieben für Notbetreuungen offen. Im Schülerwohnheim wurden Kinder versorgt, deren familiäre Situation es nicht zuließ, dass sie nach Hause konnten. Für die Kinder war dies eine durchaus schwierige Zeit, ganz ohne direkten Kontakt zu ihren Familien, der nur telefonisch oder online möglich war.

"Für die Kinder waren alle diese Maßnahmen nicht immer leicht zu verstehen, aber sie haben trotzdem prima mitgemacht", so ICP-Stiftungsvorstand Thomas Pape. "Alle im Haus betreuten Kinder – im Schülerwohnheim und in der Tagesstätte – wurden wie gewohnt von unserem Pflegedienst sowie unserer Ärztin medizinisch betreut."

An der Seite der Eltern

Ganz großen Belastungen waren die Eltern ausgesetzt, die ihre Kinder mit teils schweren Behinderungen zu Hause betreuen mussten – rund um die Uhr und ohne die gewohnte Unterstützung. Die Eltern waren plötzlich und wochenlang Pfleger, Lehrer, Betreuer, Freund bzw. Freundin, Therapeut, Psychologe – alles in einer Person und teilweise während sie selbst im Homeoffice waren. Dazu kam, dass insbesondere die Kinder, die von ihrer Krankheit besonders stark beeinträchtigt sind und einen besonders hohen Therapiebedarf haben, auch besonders gefährdet waren und auf gar keinen Fall aus ihrer elterlichen Wohnung durften. Um den Eltern und den Kindern in dieser schweren Zeit zur Seite zu stehen, stellte die Stiftung ICP ständig Hilfsmaßnahmen bereit. Die Mitarbeiterinnen des Psychologischen Dienstes standen z.B. rund um die Uhr den Eltern, Kindern und der gesamten Familie für Beratungen online und per Telefon zur Verfügung. Dieses Angebot wurde gerne und häufig angenommen.

 

"Wir sind froh und dankbar"

ICP-Stiftungsvorstand Thomas Pape:

Durch die enge Zusammenarbeit aller Abteilungen und Einrichtungen und das innovative Engagement unserer Mitarbeiter ist es uns gelungen, innerhalb kürzester Zeit ein effektives Schutzprogramm für unsere Kinder einzurichten und zudem sicherzustellen, dass auch die Eltern so umfangreich wie möglich unterstützt werden. Alle Beteiligten haben hier viel geleistet und wir sind froh und dankbar, dass wir die völlig neue Situation so gut gemeistert haben und immer noch meistern.

"Der Kontakt zu den Eltern hat geholfen"

Beatrix Born, Lehrerin an der Förderschule der Stiftung ICP München:

Wir haben nach der Schulschließung die Schüler zu Hause ganz individuell mit Unterrichtsmaterial versorgt und zwar entsprechend ihrer häuslichen Voraussetzungen. Dabei hat uns der gute Kontakt zu den Eltern sehr geholfen, so wussten wir, ob ein Computer vorhanden war oder nicht und welche Arbeitsmittel zur Verfügung standen. Ich unterrichte in der Berufsschulstufe, in der lebenspraktischer Unterricht eine große Rolle spielt, wie etwa Einkaufen gehen, mit der U-Bahn fahren oder auch Kochen. Diese Anleitung zum selbstständigen Leben war nicht möglich und ist auch jetzt noch nicht ohne weiteres machbar. Der Unterricht findet derzeit in geteilten und damit kleineren Klassen statt. Über Internet bleiben wir mit dem anderen Teil der Klasse in Kontakt, das ist ein kleiner Trost für die Schüler, die den engen Kontakt zu ihren Freunden vermissen. Wir hoffen alle sehr, dass die Situation sich weiter verbessert. Die Ungewissheit ist mit das schwierigste an der Situation.

"Die Unterstützung durch das ICP war sehr gut"

Daniela Gabler, Mutter von Jakob Tonnemacher (19 Jahre, Insel 10):

Die Zeit der Schulschließung war nicht einfach. Aber wir hatten Glück, mein Arbeitgeber ist mir mit Homeoffice und geänderten Arbeitszeiten entgegen gekommen. Anfangs habe ich mit Jakob die Physiotherapieübungen gemacht, habe ihn jeden Tag durchbewegt und ihn in den Stehständer gestellt. Das ist für Jakob wichtig, auch um Schmerzen zu verhindern. Aber es war doch sehr anstrengend und ich war sehr froh, als nach einiger Zeit eine Physiotherapeutin aus dem ICP zu uns ins Haus kam und ein- bis zweimal die Woche professionell mit ihm gearbeitet hat.

Überhaupt war die Unterstützung durch das ICP sehr gut. In den letzten Wochen stand Jakob eine Schulbegleiterin zur Seite, was für ihn sehr wertvoll war und auch mir geholfen hat. Denn die Isolation zu Hause war für Jakob sehr schwierig, er hat seine Freunde vermisst und die Videogespräche mit ihnen waren nur ein schwacher Ersatz. Jetzt hoffen wir, dass bald wieder Normalität einkehren kann.

"Sie haben ihre Freunde vermisst"

Sebastian Gäbelein, Heilerziehungspfleger in der Insel 11:

Die Schließung der Heilpädagogischen Tagesstätte erfolgte ja sehr schnell. Anfangs fanden es die Jugendlichen, die in meiner Gruppe sind, recht cool, so ohne Schule. Aber das hielt nicht lange an. Sie haben ihre Freunde vermisst und den ganzen Tag mit den Eltern zu Hause war dann doch nicht so spannend. Und für die Eltern war die Zeit eine wirklich große Belastung.

Auch für uns Pädagogen war es keine einfache Zeit. Ich war zunächst in der Notbetreuung in unserem Schülerwohnheim eingesetzt und habe dann auch in anderen Einrichtungen der Stiftung ICP München mitgeholfen, als dort Unterstützung benötigt wurde. Inzwischen sind die meisten Kinder wieder bei uns, aber wir sind noch weit weg von einem Normalbetrieb. Wir arbeiten in kleineren Gruppen in einem festen Team, ohne den üblichen Austausch zwischen den Gruppen. Die Regeln zum Infektionsschutz sind zwar sehr streng, aber sie sind notwendig und werden sehr gut umgesetzt. Und selbst an das Tragen der Maske gewöhnt man sich.

"Wir haben beschlossen, Hausbesuche durchzuführen"

Edith Pallauf und Marion Schröter, Physiotherapeutinnen in der Stiftung ICP München:

Die coronabedingte Schließung der Förderschule und der Heilpädagogischen Tagesstätte bedeutete auch, dass unsere Kinder, die teilweise sehr schwere körperliche Beeinträchtigungen haben, nicht mehr zur Physiotherapie kommen konnten. Dabei sind es gerade die Kinder mit schweren Erkrankungen, die unbedingt Therapie benötigten, etwa um Schmerzen zu verhindern. Diese Kinder sind aber Risikopatienten. Wir haben dann in Absprache mit unserer Ärztin und auch mit dem Gesundheitsamt beschlossen, bei diesen Kindern Hausbesuche durchzuführen. Jede von uns hatte mehrere kleine Patienten, mit denen wir dann zu Hause die Übungen gemacht haben. Natürlich in voller Schutzkleidung mit Kitteln, Mundschutz und Handschuhen und auch die Kinder hatten einen Mundschutz. Aber sie haben sich sehr gefreut über die Abwechslung in ihrem Alltag zu Hause. Und für die Eltern war es eine große Entlastung. Jetzt sind wir froh, dass die Kinder langsam wieder zu uns kommen können, und sie hier ihre Therapien von uns erhalten. Für uns und die Kinder ist es aber noch lange nicht „wie immer“, denn es gibt noch viele Einschränkungen und Auflagen.


Verwandte Artikel

Startseite Anzeige aufgeben Zeitung online lesen Jobs Kontakt Facebook Anfahrt