Zwei Seelen wohnen, ach ...
Valleystraße: "Bequem" ist für Andere gefährlich
Das Straßenpflaster gehört für die Sendlinger zum Bild ihres Viertels. Über eine so gepflasterte Fallstraße verließ Goethe am 7. September 1786 früh gegen 5 Uhr München. Er saß in einer rumpelnden Postkutsche und hatte nur Tage zuvor seine "Italienischen Reise" begonnen. Bis er den Reisebericht darüber und seinen "Faust" veröffentlichte, sollten da noch etliche Jahre vergehen. "Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust", ist einer der Verse in Faust.
Inzwischen ist das historische Pflaster aus der Fallstraße und anderen Sendlinger Straßen verschwunden. "Zwei Seelen" ist indes ein geflügeltes Wort geblieben und beschreibt das Verhältnis der Sendlinger zu ihrem Kopfsteinpflaster treffend, denn beim Pflaster scheiden sich in der Post-Kutschen-Ära die Geister. Anders als Asphalt versiegelt es die Fahrbahn nicht vollständig. Zum anderen bewahrt gerade das Großsteinpflaster, das trotz aller Zeitläufe noch in einigen Straßenzügen sichtbar ist, ein Stück Münchner Stadtgeschichte und Identität. Andererseits empfindet mancher Radler es als unangenehm, über das holprige Pflaster zu rumpeln. In der - gepflasterten – Valleystraße führt das zu Konflikten und gefährlichen Begegnungen, wie ein Bürger dem Sendlinger Bezirksausschuss (BA 6) klagte.
Roller und Radler gefährden Andere
Ein Großteil der Fahrradfahrer und jetzt auch Benutzer von Rollern fahren oft mit hoher Geschwindigkeit auf dem Gehweg der Valleystraße, um das Pflaster nicht benutzen zu müssen. An den Schankflächen beim Café Südhang komme es deshalb immer wieder zu sehr gefährlichen Situationen. Dabei seien schon mehrmals Kinder und Erwachsene angefahren worden, berichtet der Bürger. Das sei "nicht mehr tolerierbar und muss zeitnah geändert werden", fordert er. Kontrollen der Verkehrswacht im Sommer 2018 haben nur kurzzeitig geholfen. Daher sei eine Asphaltierung der Valleystraße die einzige Möglichkeit, die gefährliche Situation zu entschärfen.
Den Vorschlag, das Kopfsteinpflaster in der Valleystraße durch Asphalt zu ersetzen, damit die Radler künftig auf der Straße bleiben, sieht der Bezirksausschuss skeptisch. "Das ortsbildprägende Pflaster würden wir gerne behalten", erklärte BA-Vorsitzender Markus Lutz. Das Gremium hatte sich bei vielen Straßensanierungen in der Vergangenheit für einen Erhalt des Pflasters ausgesprochen.
„Ich radel da auch ungern“, meinte Philip Fickel zur Valleystraße, schlug aber einen Kompromiss für mehr Radfreundlichkeit vor: Er fragte, ob man statt einer vollständigen Versiegelung nicht nur einen kleinen Streifen der Fahrbahn für die Radler herrichten könne.
Jens Erdmann sprach sich gegen eine Teilversiegelung aus. Die verhindere eine verbotene Nutzung des Gehwegs durch Radler nicht, glaubt er: Ob Radler auf den Gehweg ausweichen, sei schlicht eine Sache von deren Bequemlichkeit. Der Denkmalschutz sollte an dieser Stelle Vorrang haben.
Auch Ernst Dill verwies darauf, dass man das Pflaster aus Gründen des Denkmalschutzes unter Umständen behalten wolle.
Der Bezirksausschuss bat das städt. Baureferat um Klärung, welche Lösung in der Valleystraße machbar ist.
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