"Wir pflanzen 'Hoffnungszwiebeln'"
Udo Hahn, Pfarrer und Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing
Meine Frau und ich pflegen schon seit vielen Jahren im November ein Ritual: Wir pflanzen „Hoffnungszwiebeln“! Dabei handelt es sich um Narzissen und Krokusse, die wir in größeren Mengen kaufen und vergraben. „Hoffnungszwiebeln“ nennen wir sie, weil wir ja nicht wissen können, ob aus ihnen etwas wird. Soweit man nicht Blumentöpfe dafür eigens hernimmt oder Balkonkästen, darf man nicht zu früh mit der Pflanzaktion beginnen, denn die Zwiebeln sind sonst ein gefundenes Fressen für Mäuse und Krähen. Oder, wenn es noch herbstlich warm ist, treiben sie zu früh aus. Und zu spät darf man auch nicht dran sein, denn sonst erfrieren sie.
In Bonn und bei Hannover, wo wir schon lebten, gibt es solche Blumeninseln, die alljährlich im Frühjahr blühen. Freunde und frühere Nachbarn schicken uns dann Bilder. Wir pflanzen nicht nur im eigenen Garten, sondern auch schon mal im öffentlichen Raum – an Stellen, die Menschen beim Spaziergang einen unvermuteten Blumengruß aus der Erde schicken. Und beim Anblick vielleicht ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Man kann – und muss – etwas tun, um sich und anderen eine Freude zu bereiten. Aber wie bei so vielem im Leben, haben wir es selbst nicht in der Hand, dass immer alles gut geht und gut wird. Aber wir staunen, dass doch immer mehr aufgeht, als wir eigentlich erwarteten. So war es 2020 – und so wird es hoffentlich auch im nächsten Jahr sein.
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