"Wir haben keine Zeit für Experimente"
Landesschülerrat fordert differenziertes Vorgehen in der Corona-Pandemie
Besorgt über Chancengerechtigkeit und Gesundheitsschutz zeigt sich der Landesschülerrat in Bayern (LSR). Wie von der Wissenschaft prognostiziert, hätten voreilige und schlecht vorbereitete Öffnungen die Corona-Fallzahlen innerhalb kürzester Zeit weiter stark ansteigen lassen. Wieder einmal fiele das zu Lasten der bayerischen Schülerinnen und Schüler, so der LSR. Zunehmende Chancenungleichheit, schlechtere Prüfungsvorbereitung und wachsender psychischer Druck seien die Folge.
"Großer Fehler"
Den Schritt, alle Jahrgangsstufen zwei Wochen vor den Osterferien zurück in die Schulhäuser zu schicken, betrachtet der LSR nach wie vor als großen Fehler. Ein Grund dafür sei, dass die Schulen nach wie vor nicht flächendeckend für Hybridunterricht ausgestattet seien und viele Lehrer die deutliche Mehrbelastung nicht stemmen könnten. Dies habe zur Folge, dass das stoffliche Vorankommen der Klassen deutlich stagnierte, oder auf Kosten der Unterrichtsqualität geschah.
"Nicht genügend Sets"
Der LSR fordert deshalb ein differenziertes Vorgehen. Je nach Infektionsgeschehen vor Ort und den räumlichen Kapazitäten könnten Unterstufenklassen zurück in den Wechselunterricht. Die Abschlussklassen bräuchten jedoch dringend, sofern es das Infektionsgeschehen und die räumliche Situation vor Ort zulasse, einen sicheren Präsenzunterricht oder Distanzunterricht. "Die Grundvoraussetzung für Unterricht im Schulhaus ist ein ausreichender Hygiene- und Gesundheitsschutz. Nach wie vor besteht in bayerischen Klassenzimmern für Schülerinnen und Schüler keine Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske, und Überfüllungen im ÖPNV, gerade zur ,Rushhour' erhöhen das Risiko einer Infektion unnötig. Leider scheiterten ebenfalls die Test-Pläne an den Schulen, da nicht rechtzeitig genügend Sets geliefert wurden und die Umsetzung vor Ort sich als praxisuntauglich herausstellte", so der LSR.
"Testen ist ein wirksames Mittel"
Für den LSR steht jedoch fest, dass das Testen an Schulen ein wirksames und notwendiges Mittel ist, um den Schulbetrieb in Präsenz für alle Beteiligten sicher zu machen. Dafür müssten die entsprechenden Kapazitäten geliefert, Räumlichkeiten an den Schulen zur Verfügung gestellt werden und die Durchführung von medizinisch geschultem Personal geschehen. Eine Rückkehr in das Klassenzimmer müsse zum Schutze aller, inzidenzunabhängig an die Vorlage eines negativen Testergebnis gekoppelt sein. "Wir haben keine Zeit für Experimente in den Schulen und das stetige Herumschieben der Verantwortung zwischen den Ministerien und Verwaltungsebenen muss aufhören", mahnt Moritz Meusel, Landesschülersprecher der bayerischen Gymnasien.
"Es braucht dringend Angebote"
Leider seien bis heute immer noch nicht ausreichend Maßnahmen zur Unterstützung der bayerischen Schülerinnen und Schüler bei pandemiebedingten Lernrückständen und psychosozialen Belastungen getroffen worden. Statt jene stetig anzukündigen, brauche es nun dringend Angebote in der Praxis, um der Schülerschaft in persönlichen und schulischen Notlagen Unterstützung geben zu können. "Es ist zutiefst bedauernswert, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler keine Möglichkeit haben, effektiv schulische Lücken zu schließen, den Anschluss verlieren und bei psychischen Krisen wochenlang auf einen Termin beim Schulpsychologen warten müssen", so Orcun Celik, stellvertretender Landesschülersprecher der Realschulen.
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