"Weiß-blaue Idyllle trügt"
VdK Bayern fordert mehr soziale Themen im Wahlkampf
„Ein Riss geht durch den Freistaat. Die weiß-blaue Idylle trügt!“ Mit diesen Worten beschrieb VdK-Landesvorsitzende Ulrike Mascher das derzeitige politische Klima in Bayern. Wenige Wochen vor der bayerischen Landtagswahl, die am 14. Oktober stattfinden wird, lud Mascher zusammen mit Michael Pausder, Landesgeschäftsführer des Sozialverbandes VdK Bayern und VdK-Präsidentin Verena Bentele zum Sommerpressegespräch. „Wer von Armut, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung betroffen ist, gerät ganz schnell ins Abseits“, so lautete der einheitliche Tenor. Die Verantwortlichen des Sozialverbandes forderten unter anderem eine grundlegende Wende in der Sozialpolitik sowie eine Stärkung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen. Ebenso kritisierten sie die Staatsregierung für den ihrer Ansicht nach schleppenden Ausbau der Barrierefreiheit im Freistaat.
Pflegebedürftigekeit führt ins soziale Abseits
VdK-Landesvorsitzende Mascher machte darauf aufmerksam, dass die Probleme und Risiken, welche die Pflegebedürftigkeit mit sich bringt, von Seiten der bayerischen Politik keine ausreichende Beachtung finden. „Wer pflegebedürftig ist oder einen Pflegebedürftigen in der Familie versorgt, weiß, wie schnell man ins soziale Abseits geraten kann. Pflege macht einsam und oft auch arm“, betonte Ulrike Mascher.
Die derzeitige Ausrichtung des Wahlkampfes auf das Thema Migration hält Mascher für falsch, da es sich nicht an den wahren Bedürfnissen der Wähler orientiert. „Die Angst vor Armut oder Pflegebedürftigkeit im Alter treibt die Menschen in Bayern mehr um als die Angst vor Flüchtlingen".
Dementsprechend appellierte sie an die bayerischen Politiker dem Thema Betreuung mehr Beachtung zu schenken. „Die Pflege muss im Freistaat denselben Stellenwert bekommen wie der Ausbau der Kindererziehung. Das Kümmern um Ältere muss genauso wichtig sein wie das Kümmern um Kinder“, ergänzte die VdK-Landesvorsitzende.
Barrierefreiheit ausbauen
VdK-Präsidentin Verena Bentele erinnerte daran, dass der Ausbau der Barrierefreiheit im Freistaat immer noch nicht genügend vorangeschritten ist. Sie appellierte an die Politik sich an ihre versprochenen Zielsetzungen zu halten, „Ich bohre da gerne in der Wunde“, bemerkte Bentele. „Schließlich war es ja die Staatsregierung selbst, die versprochen hat, dass Bayern bis 2023 barrierefrei ist“. Allerdings, so die Sozialverbands-Präsidentin, werde von Seiten der bayerischen Politik diese Pläne derzeit eher ignoriert als umgesetzt. „Aber versprochen ist versprochen. Da müssen sich alle gewaltig ranhalten“, forderte Bentele und machte diesbezüglich schon einmal deutlich, was sie sich von der neuen bayerischen Staatsregierung erhofft.
Als eine mögliche Orientierungshilfe, wie Barrierefreiheit gelingen kann, nannte die VdK-Präsidentin die österreichische Gesetzgebung. „Dort regelt das Behindertengleichstellungsrecht, dass Güter, Dienstleistungen und der Arbeitsplatz barrierefrei zur Verfügung stehen müssen. Barrierefreiheit ist Pflicht“. Bentele regte an in Bayern eine Schlichtungsstelle nach österreichischem Modell zu schaffen. Betroffene können sich dorthin wenden und einen Ausbau der Barrierefreiheit einfordern, falls dies bisher nicht geschehen ist. Anders als bei den südlichen Nachbarn „setzt man in Deutschland bei der Barrierefreiheit auf reine Freiwilligkeit. Das bringt nichts. Wir brauchen gesetzliche Regelungen und Verpflichtungen“, erklärte die VdK-Präsidentin, die seit Mai die Amtsgeschäfte führt.
"Bayern muss sozialer werden"
Michael Pausder, Landesgeschäftsführer des Sozialverbandes, erläuterte, dass der VdK in Bayern derzeit eine Reihe von Großveranstaltungen und Podiumsdiskussionen durchführt, welche die sozialen Themen und Probleme in den Mittelpunkt stellen. Der Sozialverband möchte damit die Politik aufrütteln und die etablierten Parteien dazu bewegen, sich auf Themen zu konzentrieren, die für die bayerischen Bürger relevant sind.
Niedriglohn, hohe Mieten, die Angst vor Altersarmut, die Furcht vor Krankheit und Pflegebedürftigkeit – das alles beunruhigt die Menschen am meisten. Und da muss gegengesteuert werden“, betonte Pausder. Bayern muss sozialer werden und die im Landtag vertretenen Parteien müssen sich dessen mehr bewusst werden, so der einheitliche Appell der VDK-Verantwortlichen zum Abschluss des Sommerpressegesprächs.
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