Warum Kochen nicht nur Kochen ist
Ganzheitliche Erziehung im Montessori-Kindergarten der Aktion Sonnenschein
Auf den Boden in die Mitte legen sie alles, was sie zum Kochen brauchen – die Kinder des Montessori-Integrationskindergartens der Aktion Sonnenschein in der Heiglhofstr. 63. Da sind der Kürbis, die Kartoffeln, die Karotten, die Zwiebel, das Suppengemüse, ein Glas mit Gemüsebrühe, der Topf und der Pürierstab versammelt. Die Mädchen und Buben und ihre Erzieherinnen sitzen im Stuhlkreis drumherum. 13 Kinder umfasst die Gruppe von Gerlinde Witzemann und Thea Zeitler-Lesch derzeit – einige davon mit Förderbedarf.
Am nächsten Tag soll Erntedankfest gefeiert werden und dazu bedarf es einiger Vorbereitungen. So will man in der Gruppe schon jetzt eine Kürbissuppe vorbereiten. Die Zwei- bis Sechsjährigen wissen über Gemüse und Obst schon recht gut Bescheid. Als Gerlinde Witzemann in die Runde fragt, was denn "unter dem Boden" wächst, hat die fünfjährige Viktoria sofort ein Antwort parat. "Karotten und Zwiebeln", sagt sie.
Gemüse oder Obst?
Zur Veranschaulichung werden Kärtchen auf dem Boden ausgebreitet. Früchte kommen auf die eine Seite, Gemüsesorten auf die andere. Theodor sucht die Zitrone heraus und legt sie auf die richtige Seite, Annika fügt auf der anderen Seite zur Gemüsekarte mit der Paprika die Gurke hinzu. Dann kommt der Pilz. "Er ist weder Gemüse noch Obst" erklärt die Erzieherin. Deshalb kommt der Pilz in die Mitte.
Und dann wird es noch ein bisschen schwieriger. Zu jeder der Karten muss eine weitere zugeordnet werden, auf der eine aufgeschnittene Obst- oder Gemüsesorte abgebildet ist. Georg fügt zur ganzen Gurke die Gurkenscheibe hinzu und dreht die Kärtchen dann um. Auf der Rückseite sind farbige Punkte aufgedruckt. Wenn sie übereinstimmen, ist die Kombination richtig.
Nach dem Stuhlkreis teilen sich die Kinder in Mini-Grüppchen auf. Anna, Adrian und Marie ziehen die Kochschürzen an und setzen sich an den Küchentisch, um das Gemüse zu schneiden. Ganz selbstverständlich hantieren sie mit den Messern. "Die Kinder kochen gerne und es schmeckt ihnen auch besser, wenn sie es selbst zubereitet haben", sagt Gerlinde Witzemann.
Greifen und begreifen
Kochen ist im Montessori-Kindergarten nicht nur Kochen, es beinhaltet die gesamte kosmische Erziehung, die Maria Montessori so wichtig war. Die Sprache werde geschult, die Kinder lernten zu zählen und Teilmengen wie ein Halbes oder ein Viertel zu begreifen, erklärt die Erzieherin. Und was mit dem Biomüll passiert und warum man Müll trennen muss, wird ebenfalls (be)greifbar gemacht. Dazu haben die Mädchen und Buben gemeinsam mit den Pädagoginnen das Müllmuseum besucht. Die Kinder erfahren im Kindergarten, wie man einen Tisch deckt, wohin man das Besteck legt, wie Erntedankkörbchen gestaltet werden und welche Herbstlieder zum Entedank passen. "Bei uns ist alles dabei. Unsere Kinder lernen ganzheitlich", betont Gerlinde Witzemann, die bereits seit 1987 in der Einrichtung arbeitet.und damit die am längsten dort tätige Erzieherin ist.
Inzwischen sind die Gemüsestücke im Topf gelandet und dieser steht nun mit entsprechend Wasser gefüllt auf dem Herd. Auch die beiden anderen Kindergartengruppen bereiten fürs Erntedankfest etwas vor. Apfelstrudel und Obstsalat soll es geben. Gefeiert wird dann gemeinsam am nächsten Tag mit allen 45 Kindern aus den insgesamt drei Gruppen.
In die Jahre gekommen
Gerlinde Witzemann entsperrt die extra Sicherung für den Herd der voll funktionstüchtigen Kinderküche. Früher habe sie regelmäßig einmal in der Woche mit den Kindern gekocht, erzählt sie. Jetzt sei das auf bestimmte Anlässe beschränkt. Ein Grund dafür ist, dass die Küchen, die sich in jedem Gruppenraum befinden, in die Jahre gekommen sind. Einige Schränke schließen nicht mehr richtig, die Holzteile müssten abgeschliffen und neu gestrichen werden. Nach 30 Jahren im Gebrauch ist das kein Wunder. Die Sanierung würde allerdings genau so viel kosten, wie eine Neuanschaffung, daher sammelt die Aktion Sonnenschein nun Spenden, um neue Küchen anschaffen zu können. Dann könnten auch wieder so tolle Dinge mit den Kindern in Angriff genommen werden, wie Marmelade einkochen, Butter schütteln oder die Herstellung von Salbeibonbons. Gerlinde Witzemann und die Kinder freuen sich schon darauf.
Wer die Aktion Sonnenschein in der Anschaffung von neuen Kinderküchen unterstützen möchte, kann dies mit einer Spende an:
Bank für Sozialwirtschaft München
Konto-Inhaber: Gemeinnützige Schul-GmbH der Aktion Sonnenschein
Kennwort: Küche
IBAN: DE53 7002 0500 0008 8284 00
Weitere Infos unter www.aktionsonnenschein.com.
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