Vieh- und Fleischhandel warnt vor Populismus
Verband übt Kritik an geplantem Verbot von Werkverträgen und fordert sachliche Diskussion
Die Veröffentlichung der Testergebnisse von mehr als 5100 Mitarbeitern an 46 großen bayerischen Schlachthöfen hat der stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Vieh- und Fleischhandelsverbandes, Reinhold Koller, zum Anlass genommen, der Bundesregierung Populismus und mangelnde Loyalität gegenüber einer Branche, die noch vor wenigen Wochen als systemrelevant und essenziell für die Aufrechterhaltung der Versorgung mit Lebensmitteln bewertet wurde, vorzuwerfen. Die Politik allgemein, vor allem aber Bundesarbeitsminister Heil und die für Ernährung zuständige Bundesministerin Klöckner seien aufgerufen, anstelle unsachlicher öffentlicher Kritik einen internen Dialog mit der Branche auf der Grundlage von Fakten zu führen, erklärt Koller.
Von Anfang an sehr ernst genommen
Die jetzt vorliegenden Testergebnisse, bei denen nach Mitteilung der Bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml nur zehn weitere Tests positiv von insgesamt 5.100 waren, belegten, dass die bayerischen, wie auch die meisten deutschen Schlachtbetriebe das Thema der Bekämpfung der Coronaausbreitung von Anfang an sehr ernst genommen haben. Früher als viele andere Betriebe hätten bayerische Schlachtunternehmen bereits Hygienekonzepte erstellt und darauf geachtet, dass Teams gebildet und Mund-Nasen-Bedeckungen getragen werden, wo ein Sicherheitsabstand von 1.5 Metern nicht immer eingehalten werden kann. Wenn deutschlandweit nun trotzdem sehr wenige Betriebe eine deutliche Häufung von Coronainfektionen zu verzeichnen hätten, sollte das nicht Anlass sein, wieder die ganze Branche zu diffamieren, sondern vielmehr ruhig und sachlich zu eruieren, wie die Infektionsketten trotz der Hygienekonzepte verliefen, heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes.
"Zum Werkvertragswesen hat der Verband der Fleischwirtschaft schon in den Jahren 2014 und 2015 einen Fünf-Punkte-Plan zur Selbstverpflichtung der Branche vorgelegt, der hervorragend als Diskussionsgrundlage dienen kann. Die Tatsache, dass die Bundesregierung dies ignoriert, kann nur so gewertet werden, dass es wohl bequemer ist, über Parteigrenzen hinweg auf den fahrenden Zug von Bundesarbeitsminister Heil aufzuspringen, als sich hinter eine Branche zu stellen, die ohnehin – außerhalb von Krisenzeiten – der Prügelknabe der Lebensmittelwirtschaft ist", konstatiert Reinhold Koller anlässlich der Ankündigung der Bundesregierung, ab 2021 Werkverträge in der Fleischwirtschaft zu verbieten und Bußgelder bei Arbeitszeitverstößen in Schlachthöfen drastisch zu erhöhen.
Niemand ist damit gedient
Den stellvertretenden Verbandsvorsitzenden ärgert besonders, dass wieder einmal Einzelfälle herausgegriffen wurden, um auf vermeintlich unhaltbare Zustände hinzuweisen. "Die Politik hat es über Jahrzehnte versäumt, der Bevölkerung Fleisch als ein hochwertiges und vor allem auch hochpreisiges Lebensmittel zu vermitteln. Wenn die Fleischproduktion nun allerdings aufgrund der ständigen Debatten aus Deutschland heraus verlagert wird, ist weder den Beschäftigten hier in der Branche noch dem Tierwohl gedient, das andernorts einen viel niedrigeren Stellenwert genießt als bei uns!“, betont er.
Klöckner möge sich jetzt dafür einsetzen, den Schaden zu begrenzen und die Schwellenwerte, ab denen Werkverträge verboten werden, so zu wählen, dass mittelständische Schlachtunternehmen vernünftig arbeiten können, betont Koller. Die Personalbeschaffung sei in vielen Fällen außerhalb von Werkunternehmen gar nicht zu bewältigen. Der Wunschgedanke der Politik, dass kleine und mittlere Schlachthöfe übers Land verteilt die regionale Versorgung sicherstellen, werde sonst konterkariert. Die drohende Abwanderung der Großbetriebe müsse dringend wieder entschärft werden.
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