Umsatzsteigerungen durch Lohndumping und Missachtung von Umwelt- und Verbraucherschutz?
In unseren vorigen Ausgaben haben wir über das Freihandelsabkommen TTIP und die Einschätzung von Politikern und anderen Fachleuten berichtet.
Dazu schreibt Leser Manfred Bauer:
Mit bestem Dank für Ihre interessante Berichterstattung zu TTIP (und im Hintergrund damit auch zu CETA mit Kanada) erlaube ich mir folgenden Leserbrief:
Von der (bayerischen) SPD-Spitze wird der Schutz der Arbeitnehmerrechte bei TTIP als selbstverständlich bezeichnet. Seltsam, dass dann nicht nur die SPD-Grundwertekommission, sondern auch der Arbeitskreis sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen und die Jusos sich gegen TTIP entschieden haben - wie übrigens auch Jeremy Corbyn, Mitglied des Britischen Parlaments und Chef der Labour Party. Auch der CDU-CSU-SPD-Koalitionsvertrag verlangt die Einhaltung der acht ILO-Kernarbeitsnormen, von denen sowohl die USA als auch Kanada nur einige wenige unterschrieben haben und (USA) ausgeschlossen haben, die weiteren zu unterschreiben. Ein Mitgliederentscheid in der Bundes-SPD wird verweigert, wohl weil die Zahl der TTIP-Gegner in der Partei realistisch eingeschätzt wird.
Fluchtursachen werden verstärkt
Selbst die Befürworter von TTIP versprechen keine nennenswerten volkswirtschaftlichen Zugewinne, dagegen gibt es Gutachten, die Arbeitsplatzverluste ausgerechnet für schwächere EU-Länder und für Länder der sogenannten "Dritten Welt" voraussagen - und damit die Verstärkung von Fluchtursachen durch TTIP und CETA belegen. Sowohl in der EU als auch in den USA und Kanada sind die Märkte mit (oft unnützen) Konsumgütern übersättigt. Woher sollen da bitte Umsatzsteigerungen kommen wenn nicht durch Lohndumping und Missachtung von Umwelt- und Verbraucherschutz? Ein paar EU-Firmen mögen in der einen oder anderen Branche ja wegen guter Qualität mehr Absatz erreichen können, dafür hoffen die US-Rancher bereits auf eine Verhundertfachung ihrer Rindfleischexporte in die EU - ein Hoch auf den Bauernverband!
Verstöße gegen das Grundgesetz
Bei der auf beiden Seiten des Atlantiks erträumten Steigerung der Umsätze würden so viele zusätzliche Transporte notwendig, dass mit Sicherheit sämtliche Klimaschutzvereinbarungen aus Paris, die ohnehin bisher nichts wert sind, sofort zum Altpapier gelegt werden müssen. Über gutachtlich festgestellte Verstöße gegen das Grundgesetz und gegen Menschenrechte brauchen wir da eigentlich nicht mehr zu diskutieren. Da leuchtet es schon ein, dass das umstrittene TTIP jetzt schnell als weniger bekanntes CETA (mit Kanada) in einer Überrumpelungsaktion eingeführt werden soll; den ca. 80% US-Firmen mit Filialen in Kanada nützt es genauso viel wie TTIP und CETA enthält die noch schlechtere Ausgestaltung der wohl in beiden Versionen verfassungswidrigen Privatgerichte.
Wie oft muss sich das noch wiederholen?
An TTIP scheiden sich die Geister. Das Problem: Die meisten können gar nicht wissen, worüber sie genau debattieren, weil die Inhalte der Geheimhaltung unterliegen. Aber es gibt Erfahrungen, über die man diskutieren kann. So wie unsere Leserin Karin Müller:
Leider halte ich dieses "Vertragswerk" für dermaßen gefährlich und es ist unabdingbar, dass wir Artikel und Infos noch und nöcher schreiben und veröffentlichen können, am Inhalt aber im Grunde rein gar nichts verändert werden kann.
Die Äußerungen mancher Politiker, dass "wir", die Deutschen "Wert" darauf legen, unsere nationale Eigenständigkeit zu behalten, sie darauf "achten" und sich dafür einsetzen würden: alles Makulatur! Wenn diese Abkommen unterschrieben sind, kann keine Mutti Merkel und kein anderer jemals etwas daran ändern oder eine Ausnahmeregelung durchsetzen.
"Abkommen bringen nichts"
Die Probleme in Mexiko beweisen doch, dass diese ganzen Handelsabkommen nichts bringen, erst recht keinen Aufschwung oder mehr Arbeitsplätze wie landläufig und gebetsmühlenartig heruntergebetet wird. Genau dort gab es Handelsabkommen mit den USA, genau die gleichen Heilsversprechen, mehr Arbeitsplätze, mehr Aufschwung usw. Und was war das Ergebnis? Die Mexikaner können sich nicht am Wirtschaftswachstum erfreuen, im Gegenteil: Warum fliehen so viele in die Illegalität in die USA? Weil sie dort etwas vom Kuchen abbekommen wollen. Und was ist die Konsequenz? Statt einzusehen, dass es ein Fehler war oder daraus für andere "Abkommen" gelernt würde? Sie bauen einen Megazaun an der Grenze auf: Stacheldraht ohne Ende. Man beutet das Land aus, und dann verwehrt man den hilflosen Opfern ein legales Arbeiten in andern Ländern. Jetzt also Europa: neues Spiel, neue Gewinngarantien.
Man fischt die Meere leer und dann ...
Wie oft muss sich das noch wiederholen? Jetzt werden "Außengrenzen gesichert" in Europa. Jahrzehntelang fischt man den Afrikanern die Meere leer, dass die Einheimischen nichts mehr zum Leben haben, dank der EU-"Handels"-Abkommen! Dann werden "Rebellen" weltweit mit deutschen Waffen beliefert. Dann kommt das böse Erwachen: Auf einmal kehren sie uns den Rücken und die Waffen gehören den Rebellen. Jetzt müssen Waffen her, damit die Rebellen bekämpft werden. Welche Gründe haben denn die ganzen Konfliktherde in Afghanistan, Syrien & Co.? Doch nur, dass unsereins immer denkt, wir wissen und lösen alles.
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