Über 1.000 Menschen ohne Krankenversicherung
Neue Anlaufstelle für Menschen ohne ausreichenden Schutz
Eine neue Clearingstelle von Condrobs soll den Zugang zum Gesundheitssystem sicherstellen: Die Konradstraße 2 in Schwabing ist ab nun auch Anlaufstelle für Menschen ohne Krankenversicherung oder mit ungeklärtem Versicherungsstatus. Hier finden Betroffene Lösungswege, wie der Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung sichergestellt werden kann. Initiiert wurde das Projekt vom Sozialreferat und dem Amt für Wohnen und Migration in enger Kooperation mit Referat für Gesundheit und Umwelt. Der Hilfeträger Condrobs betreibt die Clearingstelle mit drei Mitarbeitern: einem Sozialpädagogen, einem Fachangestellten für Sozialversicherungen und einer Verwaltungskraft.
Schwerwiegende Folgen
Auf Basis durchgeführter Behandlungen wird die Zahl an Menschen ohne Krankenversicherung in München von sozialen Hilfsorganisationen auf über 1.000 Betroffene geschätzt. Arbeitssuchende EU-Bürger ohne Anspruch auf Sozialleistungen sind dabei die größte Gruppe. Doch auch deutsche Staatsbürger und Menschen aus Drittstaaten – oft mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus – sind betroffen. Dr. Sophia Berthuet, Leiterin der zuständigen Abteilung bei Condrobs, schildert mögliche Folgen: „Wenn Menschen keine Krankenversicherung haben, hat das oft schwerwiegende Konsequenzen. Zum Beispiel begeben sich Kranke lange nicht in Behandlung, weil sie nicht wissen, wie sie diese bezahlen sollten. Oder Eltern können sich die Impfung ihrer Kinder nicht leisten. Es ist wichtig, sich hier nicht allein auf die Arbeit von ehrenamtlichen Ärzten zu verlassen, sondern den Zugang zum Gesundheitssystem und zu gesundheitlicher Versorgung für alle in München lebenden Bürger auch strukturell zu verankern.“
Ähnlich sieht das Münchens Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Es ist wichtig, dass in unserer Stadt Menschen, die sich in einer gesundheitlichen Notlage befinden und keinen Versicherungsschutz haben, nicht ihrem Schicksal überlassen werden. Es ist für die Betroffenen ein großer Schritt nach vorne, dass sie sich ab sofort in der Clearingstelle beraten lassen können und damit dann auch eine medizinische Behandlung bekommen. Aufgrund der Coronasituation hat Condrobs bereits im April einen Notbetrieb zur Beratung sichergestellt. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Ich freue mich, dass im Mai nun der Regelbetrieb starten kann.“
Clearingstelle vermittelt Zugang zum Gesundheitssystem
Viele, so Berthuets Einschätzung, könnten einen Krankenversicherungsschutz oder anderweitige Leistungsansprüche geltend machen. Doch komplexe Rechtskonstellationen und die fehlende Kenntnis über das Gesundheitssystem in Deutschland stehen dem oft im Weg. Die Condrobs-Clearingstelle Gesundheit in der Konradstraße setzt sich zum Ziel, für jeden Menschen ohne Krankenversicherung eine Lösung zu finden. Das geschieht mit einer Kombination aus Beratung, Vermittlung, Vernetzung mit Behörden in Deutschland und in Herkunftsländern und Gesprächen mit behandelnden Ärzten. Geplant ist auch, aufsuchend tätig zu sein und in Kooperation mit den Anlaufstellen für die Behandlung von Menschen ohne Krankenversicherungsschutz nach Bedarf feste Beratungszeiten in deren Behandlungszentren anzubieten.
Gesundheitsfond sichert Versorgung
Auch Menschen, die nicht ins Krankenversicherungssystem integriert werden können, sind nicht von medizinischer Versorgung ausgeschlossen. Ein Gesundheitsfonds der Landeshauptstadt München über jährlich 500.000 Euro schafft in solchen Fällen Abhilfe. Zugang zum Gesundheitsfond haben deutsche Staatsbürger, weitere EU-Bürger und Menschen mit geklärtem und ungeklärtem Aufenthaltsstatus aus anderen Drittstaaten. Voraussetzungen dafür, dass eine Behandlung über den Gesundheitsfond bezahlt wird, sind neben der Anbindung an die Clearingstelle, dass die Notwendigkeit der Behandlung medizinisch festgestellt wurde und keine alternativen Finanzierungsmöglichkeiten bestehen.
Testphase auf drei Jahre
Zunächst ist das Projekt auf drei Jahre befristet, danach wird das Hilfsangebot evaluiert. „Besonders in der Zeit von Corona werden sich vermehrt Menschen an uns wenden“, meint Einrichtungsleiter Robert Limmer: „Anhand anderer Clearingstellen in Deutschland sehen wir aber, dass es uns nicht nur in der Krise braucht. Wir freuen uns, dass wir Menschen nun diese absolut notwendigen Lösungen anbieten können!“
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