Tiefe Spuren im Netz
Wie Angehörige mit dem digitalen Nachlass von Verstorbenen umgehen können
Maria hatte ein langes und erfülltes Leben. Drei Kinder und sieben Enkel hat sie hinterlassen, jetzt ist sie im Alter von 87 Jahren gestorben. Zurück bleiben trauernde Angehörige und Dinge, die leider zu erledigen sind. Denn Marias Versicherungen müssen gekündigt, die Krankenkasse abgemeldet und das Zeitschriftenabo abbestellt werden.
Christian wurde bei einem Verkehrsunfall aus dem Leben gerissen – mit gerade mal 38 Jahren. Auch er hat viel hinterlassen: eine Frau, zwei Kinder. Und Spuren im Internet. Er war in diversen sozialen Netzwerken unterwegs, bestellte regelmäßig bei einem online-Versandhändler und hat gerade noch drei Internetauktionen am Laufen. Seine Passwörter nahm Christian mit ins Grab.
Rechte und Pflichten
Diese beiden fiktiven Fälle zeigen, was auf Angehörige von Verstorbenen zukommt. Früher wie heute. Doch die Spuren, die ein Mensch hinterlässt, sind jetzt noch tiefer. Manchmal ist das schön, manchmal auch schmerzhaft. Kümmern müssen sich die Hinterbliebenen auf jeden Fall. Wichtig ist zu wissen, dass ein Erbe in alle Rechte, Pflichten und Rechtsverhältnisse des Verstorbenen eintritt. Das bedeutet, dass Verträge auf ihn übergehen – und die damit verbundenen eventuellen Kosten.
"Wenn die Sterbeurkunden ausgehändigt werden, geht es richtig los. Dann melden sich die Behörden. Früher mussten die Angehörigen jede Stelle selbst anschreiben und die Sterbeurkunde vorlegen, um beispielsweise Verträge zu kündigen", sagt Ralf Hanrieder, Bestattermeister und Geschäftsführer von Hanrieder Bestattungen. "Jetzt geht das einfacher. Vor einigen Jahren wurde ein online-Abmeldeportal ins Leben gerufen, das sich auch mit dem digitalen Erbe eines Verstorbenen beschäftigt", so Ralf Hanrieder. Dabei müsse man unterscheiden: Beim digitalen Nachlass gehe es ganz klar ums Erbe. Das habe nichts mit der Abmeldung bei sämtlichen Behörden zu tun. "Über das Abmeldeportal kann man zum Beispiel Krankenversicherungen und Rentenversicherungen kündigen. Der digitale Nachlass ist die Auflösung von Konten bzw. Guthaben und die Rückführung des Guthabens an die Erben", erklärt der Bestatter. Auch digitale Spuren, die der Verstorbene im Netz hinterlässt, gehören zum digitalen Nachlass, etwa der Facebookaccount, Mitgliedschaften und Verträge.
Suche ohne Passwörter
Das Portal durchforste das Netz nach Nutzerkonten und Profilen des Verstorbenen. "Passwörter sind dazu nicht nötig", betont der Bestattermeister und fügt an: "Gerade ältere Menschen ohne Internetzugang sind hier oft überfordert. Da helfen wir und sagen, was man tun muss. Das gehört zu einem verantwortungsvollen Bestatter dazu. Die Angehörigen erhalten die Zugangsdaten und können sämtlich Abmeldungen selbst vornehmen oder wir übernehmen es. Auf Wunsch kann die digitale Nachlassforschung kostenfrei dazu gebucht werden."
Sind die Daten bei den entsprechenden Anbietern ermittelt, wird mit den Hinterbliebenen besprochen, was damit zu tun ist. Natürlich, die Krankenkasse wird gekündigt. Aber was ist mit dem Zeitschriftenabo? Werden Vermögenswerte aus online-Aktivitäten entdeckt, können diese den Erben zugeführt werden.
Zu Lebzeiten vorsorgen
Um es den Angehörigen leichter zu machen, kann bereits zu Lebzeiten festgelegt werden, was nach dem Tod mit dem digitalen Nachlass geschehen soll. Die Verbraucherzentrale Bayern rät auf ihrer Internetseite unter anderem, sich eine Übersicht aller Accounts mit Benutzernamen und Kennworten anzufertigen und eine Vertrauensperson zum digitalen Nachlassverwalter zu bestimmen. In einer Vollmacht sollte detailliert festgelegt werden, wie mit dem digitalen Nachlass umzugehen ist. Weitere Infos unter www.verbraucherzentrale-bayern.de/digitale-daten im Internet.
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