Stadt will von Vorkaufsrecht Gebrauch machen können
Bundesverfassungsgericht schränkt bisherige Praxis ein / Reiter drängt auf Gesetzesänderung
In einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz und Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, bittet Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter diese, sich für eine Änderung der Regelungen über die gesetzlichen Vorkaufsrechte in Erhaltungssatzungsgebieten einzusetzen.
Grund ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9.11.2021, nach dem die Ausübung dieser Vorkaufsrechte insbesondere in den großen Anwenderstädten (neben München u.a. Berlin, Hamburg, Köln, Leipzig, Frankfurt a.M.) mit wenigen Ausnahmen kaum mehr möglich sein wird. Dies habe erhebliche Folgen für die angestammte Wohnbevölkerung in diesen Gebieten, so Reiter.
Seit 1987 wurden von der Landeshauptstadt München zahlreiche Erhaltungssatzungen erlassen, von denen derzeit 36 bestehen. In deren Umgriff leben ca. 335.600 Münchner in 192.000 Wohnungen. Ziel dieser Satzungen ist es, die angestammte Wohnbevölkerung im Gebiet zu erhalten und Verdrängungseffekten durch den anhaltenden Druck auf dem Münchner Wohnungsmarkt entgegenzuwirken.
Als effektives Instrument habe sich dabei das Vorkaufsrecht erwiesen, so Reiter. Die Münchner Vorkaufsrechtspraxis gab seit Mitte 2018 Käufern die Möglichkeit, die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Stadt abzuwenden, wenn sie sich z.B. zu Mietpreis- und Belegungsbindungen verpflichteten.
Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Praxis eingeengt, indem es die Ausübung des Vorkaufsrechts unter bestimmten Bedingungen ausschließt. Die Landeshauptstadt sehe daher dringenden Handlungsbedarf, die gesetzlichen Bestimmungen zu ändern, so Reiter.
Ziel dieser Änderung sollte sein, dass die Anwenderstädte künftig bei in Erhaltungssatzungsgebieten liegenden Grundstücken vollumfänglich von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen können, wenn eine nicht erhaltungssatzungskonforme Nutzung durch den Käufer und damit eine Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung zu befürchten ist.
Zudem sollte eine Klarstellung im Baugesetzbuch vorgenommen werden, dass der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts in Erhaltungssatzungsgebieten nur abwenden kann, wenn er Bindungen (z.B. in Form von Unterlassungspflichten) eingeht, die die Wahrung der Ziele und Zwecke der Erhaltungssatzung auch für die Zukunft sicherstellen.
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