Sie selbst und doch ganz hier
Die Kurden im Verein zur Förderung ethnischer Minderheiten
Im Ledigenheim in der Bergmannstraße 35 befinden sich nicht nur Zimmer für allein stehende Männer. In dem riesigen Backsteingebäude gibt es noch viel mehr zu entdecken. Wendet man sich etwa vor dem Treppenaufgang nach rechts, steht man vor der Tür des Vereins zur Förderung ethnischer Minderheiten. Mehmet Ali Dogan und Adnan Sütcü haben ihn 1986 hier ins Leben gerufen, als Treffpunkt für die Kurden in München. „Das Wort ,Kurdisch‘ durfte allerdings nicht im Namen vorkommen, sonst hätten wir damals keine Förderung durch die Stadt bekommen“, erklärt Sütcü.
Die Kurden pflegen hier ihre Bräuche und ihre Kultur: die kurdische Sprache, das Essen, Feste, Tänze, Folklore. Gleichzeitig engagieren sie sich für Bildung und Integration in die hiesige Gesellschaft. Sie sind bestens vernetzt mit Politikern, Vereinen, Organisationen und machen kurdische Anliegen öffentlich.
„Das beste Viertel“
Für unterschiedliche Religionen, Weltanschauungen und Meinungen sind sie offen. Im multikulturell geprägten Westend fühlen sie sich bestens aufgehoben. Von Anfang an haben sie sich am Internationalen Fest auf dem Gollierplatz beteiligt. Mit dem Griechischen Haus, das nur ein paar Häuser weiter gegenüber liegt, arbeiten sie eng zusammen. „Dieses hier ist das beste und interessanteste Stadtviertel Münchens“, meint Ruken Dogan, Tochter des Vereinsvorsitzenden Mehmet Ali Dogan.
Ruken Dogan ist das Paradebeispiel für die Integrations- und Bildungsarbeit des Vereins. Die 30-Jährige ist in München geboren und aufgewachsen, hat studiert und einen guten Beruf, ist mit einem deutschen Mann verheiratet. „Eine unserer Forderungen an die bayerische Politik ist die Chancengleichheit von Migranten-Kindern in der Schule“, sagt Ruken Dogan. Der Verein wünsche sich auch Kurdisch-Unterricht an Schulen – in einigen anderen Bundesländern gebe es das.
Nicht verloren gehen
„Das Ziel des Vereins ist, dass unsere Kinder nicht zwischen zwei Kulturen verloren gehen. Wir wollen vermeiden, dass sie nicht wissen, wo sie herkommen und wo sie hingehen“, formuliert es Mahir Bakis, Vater von fünf Kindern. „Wir Vereinsmitglieder haben unterschiedliche Schwerpunkte. Mir persönlich ist es sehr wichtig, dass die Kurden in München eine Stimme haben“, sagt Ruken Dogan. Der Vereinsvorstand schätzt die Zahl der Kurden in München auf 25.000 bis 30.000, in Bayern auf 200.000, in Deutschland auf über eine Million. 30 bis 50 Millionen seien es im Kurdengebiet, Schätzungen seien schwierig, weil Kurden nicht als solche registriert sind, sondern nach ihrer Staatsangehörigkeit: Türken, Iraner, Iraker und Syrer.
4. Kurdische Filmwoche
Was macht eigentlich die kurdische Identität aus? Um anschauliche Antworten darauf zu geben, veranstaltet der „Verein zur Förderung ethnischer Minderheiten“ die 4. Kurdische Filmwoche in München. „Filme können so viel ausdrücken und transportieren“, erklärt Ruken Dogan. Einerseits sollen Kurden die Möglichkeit haben, Filme aus ihrer Heimat zu sehen, andererseits soll die Filmwoche auch allen anderen interessierten Menschen in München neue Einblicke vermitteln: "Durch die Geschichte der Kurden gibt es da Trauriges und Tragisches – aber auch Lustiges und filmisch sehr gut Erzähltes zu sehen." Neben neuesten Filmen kurdischer Regisseure präsentiert die Filmwoche auch eine Bahman-Ghobadi-Retrospektive. Bahman Ghobadi gilt als wichtigster kurdischer Regisseur aus Iran. Von ihm stammt das Zitat: "Ich möchte mich für dieses Land mit 40 Millionen Menschen, das als solches nur in meiner Phantasie existiert und noch keine eigene Kinolandschaft hat, einsetzen."
Die Filmwoche wird nicht nur vom Kulturreferat, sondern auch von der Münchner Stadtbibliothek unterstützt. Die Filme laufen vom 21. bis 25. Februar im Carl-Amery-Saal im Gasteig, dem ehemaligen Vortragssaal der Bibliothek. „Der Gasteig ist viel bekannter als unsere Räumlichkeiten hier im Westend. Wir hoffen auf zahlreichen Besuch“, so Ruken Dogan.
Nähere Informationen zum Verein und auch zur Filmwoche sind unter www.vzfem.de im Internet zu finden.
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