Quatschlieder in harten Zeiten
Musiktherapie für krebskranke Kinder stärkt Körper und Seele
"Wenn wir mit der Meerestrommel eine Klangreise spielen, stelle ich mir vor, dass ich ein Delphin bin und im Ozean schwimme. Das ist richtig schön." (Patient, 6 Jahre, Chemotherapie)
"Mal Dampf ablassen"
Seit 2006 kommt der Musiktherapeut Richard Löhr immer dienstags auf die Kinderkrebsstation des Schwabinger Krankenhauses – schwer bepackt mit verschiedenen, auch exotischen Instrumenten. Die große Steeldrum sieht aus wie ein Dampfkessel und die Djembe, die afrikanische Trommel, wie der Schlot, aus dem der Dampf entweicht. Richard Löhr fühlt sich selbst oft wie ein Lokomotivführer mit seiner Zugmaschine. Die Kinder freuen sich, denn das gemeinsame Musizieren und Singen sind nicht nur eine willkommene Abwechslung im Klinikalltag, sondern geben den jungen Patienten auch die Möglichkeit, ihre Gefühle ohne Worte auszudrücken und sich mitzuteilen. "Es ist immer sehr befreiend für die Kinder, diese positive Erfahrung mit sich und ihren Gefühlen zu machen, mal Dampf ablassen zu können, so richtig drauf zu hauen, ohne dass etwas kaputt geht, ohne Angst, es nicht zu dürfen“, sagt Richard Löhr.
Die Krankheit eine Weile vergessen
Es wird viel zusammen gelacht. Wenn auf dem australischen Digderidoo der "Elefantenpubs" gespielt wird, die Kinder mit der Steeldrum aus Jamaica mit kleinen Bällen Suppe kochen oder Quatschlieder erfinden, sind Krankheit und Chemotherapie für eine Weile vergessen. Mit der Ocean-Drum reisen die Kinder gedanklich ans Meer, können sich an schöne Erlebnisse, wie an den Urlaub, erinnern oder sich auf ihrer Traumreise Wünsche erfüllen. Ob Dampf ablassen oder sich mit zarten Tönen in ihrer Verletzlichkeit wahrnehmen – in jedem Fall werden diese Stunden von den jungen Patienten und auch ihren Eltern als entlastend erlebt. Sie schenken Leichtigkeit, Kraft und bedeuten Lebensqualität in einer sehr schweren Lebensphase. Ressourcenstärkende Angebote sind da oft von großer Bedeutung.
Stimmungen ausdrücken
"Mit der Diagnose Krebs geraten der junge Patient und seine Familie in eine schwere Lebenskrise. Durch die Musiktherapie können die unterschiedlichen Stimmungen wie Angst, Wut und Traurigkeit, aber auch Freude erlebt und auf einer nicht sprachlichen Ebene zum Ausdruck gebracht werden", erklärt der Musiktherapeut und Psychoonkologe. So haben auch kleine Patienten, die noch nicht in der Lage sind, über Sprache zu kommunizieren, die Chance sich über Musik auszudrücken.
Die Musiktherapie findet entweder im Gruppenraum der Krebsstation statt oder individuell am Krankenbett, falls ein Kind zu geschwächt ist, um aufzustehen und mit der Gruppe zu spielen. Bei meditativen Klängen können sich schwache Kinder entspannen und erleben ein Gefühl der Geborgenheit. Richard Löhr geht immer auf das Bedürfnis und momentane Befinden der jungen Patienten ein. Manchmal kommt er sogar nach Hause, wenn das Kind es sich wünscht. Oder bietet musiktherapeutische Begleitung in palliativen Situationen.
"Freue mich über Vertrauen der Kinder"
"Ich freue mich jedes Mal, wenn ich die Begeisterung der Kinder erlebe, wenn sie sich ,einlassen' und mir ihr Vertrauen schenken, auch oft mit ihren Eltern zusammen", so Löhr, der in seiner Freizeit als Saxophonist einer Jazz-Band seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann.
Finanziert wird die Musiktherapie von der "Initiative krebskranke Kinder München e.V.", die seit über 30 Jahren krebskranke Kinder und ihre Familien unterstützt – während der Akutbehandlung und in den Jahren danach. Mehr Infos unter www.krebs-bei-kindern.de im Internet.
Spendenkonto
Wer die Initiative krebskranke Kinder München e.V. unterstützen möchte, kann auf folgendes Konto spenden:
Initiative krebskranke Kinder München e.V.
HypoVereinsbank München
IBAN: DE83 7002 0270 0002 4400 40
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