"Paradestück, wie man Anwohner übergeht"
Zu unserem Beitrag "Die Grenzen erreicht?" (Sendlinger Anzeiger vom 14. Juni) hat die Bürgerinitiative gegen Wohntürme Campus Süd Anmerkungen zum Projekt Campus Süd. Ihre Sprecher Carmen Pasedag, Isolde Matt und Michael Weinzierl schreiben:
Nun ist es also offiziell. Die Firma Patrizia hat mitgeteilt, dass sie das Grundstück der ehemaligen Siemenswerke „Campus Süd“ noch vor Baubeginn weiterverkaufen möchte. Vorangegangen ist ein Paradestück, wie man Anwohner, denen vom Stadtrat das Recht für eine Bürgerbeteiligung erteilt wurde, übergeht und gesichtslose Hochtürme plant, die die Bürger in einem Workshop vorher abgelehnt haben.
Im Dezember 2013 hatte der Stadtrat eine erweiterte Bürgerbeteiligung beschlossen, bei dem die Münchner in wesentliche Fragen der Planung einbezogen werden sollten. Daraufhin hatten sich im Jahr 2014 die Teilnehmer eines Bürgerworkshops zum Thema Campus Süd für eine Bauhöhe von vier bis höchstens acht Stockwerken ausgesprochen. In dem vom Eigentümer Patrizia im Anschluss ausgelobten Architekturwettbewerb haben sich dann auch fast alle Architekten an diese Vorgaben gehalten – bis auf die Architekten Rapp und Rapp, die anschließend auf wundersame Weise diesen Wettbewerb gewannen.
Dieser Architekturentwurf sieht sieben dreizehngeschossige Hochtürme vor. Damit sind die Türme fast doppelt so hoch wie die jetzige Bebauung. In dem Entwurf von Rapp und Rapp heißt es: „Selbstverständlich sind in den Obergeschossen der Türme Wohnungen mit fantastischer Aussicht über München möglich“. Dass den jetzigen Anwohnern dadurch Licht und Sicht genommen wird, interessiert dabei nicht. Diese geplanten Eigentumswohnungen betreffen aber nicht die breite Masse, sondern werden zahlungskräftigen Kunden vorbehalten sein.
Der Protest der Anwohner und eine Petition mit 763 Unterschriften gegen den Architekturentwurf von Rapp und Rapp wurde von der Stadt München zur Kenntnis genommen – mehr nicht. Allerdings bekam unsere Bürgerinitiative in einem erneuten Stadtratsbeschluss im Dezember 2015 zumindest das Recht zur weiteren Mitgestaltung. Doch auch da wurde, wen wundert es, wieder schnell ein Riegel vorgeschoben. In einer einmaligen „Informationsveranstaltung“ im Baureferat haben sich die Verantwortlichen zwar noch einmal die Bedenken der Bürgerinitiative angehört, aber das war es dann auch.
Damit hatte der milliardenschwere Konzern aus Luxembourg doch offenbar seine Ziele jetzt fast schon erreicht – oder doch nicht? Über die Gründe des Verkaufs wird nicht gesprochen. Nun können wir als Anwohner nur weiterhin dafür kämpfen, dass nun doch noch einer der vielen freundlichen und menschennahen Entwürfe aus diesem Wettbewerb siegt. Die Anzahl der Wohnungen ist nämlich in allen Entwürfen gleich. Aber wir hier vor Ort müssen mit diesen Bauten leben.
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