"Niemand soll Angst haben, ins Heim zu kommen"
VdK mahnt in der Pflege eine "Rückbesinnung" an
Mit einer Verfassungsbeschwerde setzt sich der VdK für menschenwürdige Pflege ein. "Niemand soll Angst haben, ins Heim zu kommen", erklärte VdK-Landesvorsitzende Ulrike Mascher. Mit der Beschwerde will der Sozialverband der Verletzung der Grundrechte von Pflegebedürftigen in Pflegeheimen einen Riegel vorgeschieben.
Unterstützung von Pflegekräften
Mascher unterstrich zugleich: "Das heißt nicht, dass in Deutschland in jedem Pflegeheim zu jeder Stunde des Tages gegen die Grundrechte der Heimbewohner verstoßen wird. Und das bedeutet erst recht nicht, dass jede Pflegekraft potenziell quasi zur 'Täterin' wird." Gerade von Seiten der Pflegekräfte komme viel Unterstützung für die Verfassungsbeschwerde: "Viele sprechen mehr oder minder offen von Mängelverwaltung und Mängelvertuschung", so Mascher. Der VdK hält die Gefahr, in Deutschland als Pflegebedürftiger in einer stationären Pflegeeinrichtung Grundrechtsverletzungen wie Freiheitsentziehung, Vernachlässigung oder gefährlicher Pflege ausgesetzt zu sein, für hoch.
Staat ist in der Pflicht
Beschwerdeführer sind sieben Personen, die wegen einer Erkrankung oder Pflegebedürftigkeit befürchten, in ein Pflegeheim umziehen zu müssen und dort Grundrechtsverletzungen ausgesetzt zu sein, erläuterte Verfassungsrechtler Prof. Dr. Alexander Graser: "Unter anderem haben sie Angst davor, unzureichend mit Nahrung oder Flüssigkeit versorgt zu werden, mit Fixiergurten oder Psychopharmaka ruhig gestellt zu werden, hygienisch zu verwahrlosen oder seelisch zu verkümmern." Das Grundgesetz gebiete aber den aktiven Schutz der Grundrechte, weshalb der Staat gegenüber Pflegebedürftigen in der Pflicht sei.
Öffentliche Träger ziehen sich zurück
Mascher kritisierte den auch in Bayern ungebremsten "Zug ins Heim". Waren es 1999 noch 82.400 Personen, die im Heim lebten, war deren Zahl Ende 2013 auf 112.000 gestiegen. Im selben Zeitraum sind 500 Pflegeheime in Bayern hinzugekommen. Gleichzeitig haben sich im Lauf der Zeit Städte und Kommunen immer mehr aus der Pflegethematik herausgezogen, nur 156 der 1.751 stationären Einrichtungen in Bayern seien in öffentlicher Trägerschaft. Die VdK-Landesvorsitzende forderte für Bayern "eine Rückbesinnung auf kleinräumliche Strukturen in der Pflege". Kommunen müssten in die Pflicht genommen, aber auch finanziell wie organisatorisch in die Lage versetzt werden, Pflegebedürftige in ihrer gewohnten Umgebung versorgen zu lassen – idealerweise bis an deren Lebensende. Mascher: "Pflegeheime könnten für eine solche Neustrukturierung ein sinnvoller Baustein sein, zum Beispiel als Begegnungszentren mit Angeboten zur Tages- und Kurzzeitpflege, aber auch mit medizinischen Angeboten zur Prävention und Rehabilitation."
VdK mahnt mehr Unterstützung an
Die VdK-Landesvorsitzende sieht Pflege als Aufgabe für alle in der Politik: "Das Thema gehört in alle Ressorts." Der VdK Bayern fordert deshalb eine viel deutlichere Unterstützung für den Pflegebeauftragten der bayerischen Staatsregierung, Hermann Imhof, beispielsweise für dessen Vorstoß für einen Pflege-Flächentarifvertrag. In dieser Richtung sollte es von Gesundheitsministerin Melanie Huml und Arbeitsministerin Emilia Müller, aber auch von Ministerpräsident Horst Seehofer deutlichere Signale geben.
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