„Niemand darf sich entmutigen lassen“
Vielen Gastronomie-Betriebe lassen sich im Corona-Lockdown gemeinsam mit ihren Auszubildenden einiges einfallen

Einfallsreichtum in Zeiten der Corona-Krise: vielen Betriebe des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes haben ihre Azubis in der Krise nicht alleine gelassen. (Foto: Dehoga Bayern)
Der Corona-Lockdown trifft einige Branchen härter als andere. Einer der am härtesten betroffenen Bereiche ist die Gastronomie. Wie bildet man eigentlich aus, wenn die Betriebe praktisch auf null heruntergefahren oder ganz geschlossen sind – in einer Zeit ohne Gäste und ohne Veranstaltungen? „Der erste Gedanke in so einer Situation wäre gewesen, die Auszubildenden freizustellen“, erzählt Susanne Droux, Geschäftsführerin Berufsbildung des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Bayern e.V. „Aber genau das Gegenteil ist passiert, denn die Betriebe haben ihre Auszubildenden behalten und verschiedene Projekte mit ihnen gemacht.“
Kreative Ideen
Bekannterweise macht Not erfinderisch und so haben sich einige Gastronomie-Unternehmen einiges einfallen lassen, um ihre Auszubildenden trotz geschlossener Betriebe gut durch die Krise zu bekommen. Extrem kreativ gehe es zu. „Das hat uns selbst überrascht“, sagt Susanne Droux. Angefangen von „Essen to go“ über Instandhaltungsaufgaben in den Häusern bis hin zu Housekeeping in den Hotels. „Da waren ganz viele sehr kreativ im Umgang mit den Jugendlichen. Viele haben mit ihren Azubis zudem auch Karrieregespräche und Prüfungsvorbereitungen gemacht.“
„Die Unternehmen lassen die Azubis nicht alleine“
Natürlich sei es unendlich schade, dass der „Corona-Jahrgang“ an Auszubildenden auf so viele Highlights verzichten haben müsse. „Sie konnten spannende Gäste und festliche Events wie Hochzeiten und Gala-Abende nur teilweise live miterleben“, so die Diplom-Betriebswirtin weiter. Umso mehr seien die vielfältigen Aktionen der Branche für ihre Azubis ein Lichtblick. „Davon haben im Übrigen beide Seiten profitiert – die Unternehmer und die Auszubildenden. Sie haben sich besser kennengelernt und sich gegenseitig motiviert. Zudem hat untereinander ein Wissenstransfer stattgefunden. Das ist richtig toll.“ Im Grunde resultiere das Ganze auch aus einer Art Überlebensstrategie für die Betriebe. „Aber dennoch bewerte ich es positiv und bin begeistert über den Einfallsreichtum. Viele Unternehmer wollen ihre Azubis nicht allein lassen.“
„Wir haben niemanden verloren“
Die Abschlussprüfungen haben insgesamt alle stattfinden können. „Wir haben niemanden verloren und für die Auszubildenden gab es keinerlei Zeitverlust“, betont Susanne Droux. Insgesamt sei die Ausbildungssituation in der Branche dennoch schwierig, denn es habe im vergangenen Jahr einen Rückgang von 20 Prozent bei den Auszubildenden gegeben. „Wir wollen keine Corona-Generation. Unser Ziel ist nicht, dass wir einen kompletten Jahrgang vergessen. Das würde sich später rächen. Aber eines ist klar: es wird nicht mit diesem Enthusiasmus eingestellt werden wie zu anderen Zeiten. Es wird zurückhaltender sein, zumindest was die Städte betrifft“, befürchtet Susanne Droux. Großstädte wie München seien stärker vom Lockdown betroffen als die ländlichen Gebiete. „Unsere Häuser in den Städten leben von Messen und Tagungen, Geschäftsreisen und internationalen Gästen. Im ländlichen Raum dominieren die Inlandstouristen. Das ist ein Unterschied.“
Einfach Bewerbungen einreichen
Für junge Menschen, die aktuell auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind, hat die Berufsbildungschefin der DEHOGA Tipps parat: „Mein erster Rat an Jugendliche: regional flexibel sein! Und zweitens: Wer sich für eine Ausbildung in unserer Branche interessiert, kann immer bei unseren Betrieben anklopfen oder einfach gleich eine nette Bewerbung einreichen. Bei einer guten Bewerbung besteht immer die Chance auf eine Einladung zum Bewerbungsgespräch, auch wenn der Betrieb vielleicht gar nicht einstellen möchte. Das habe ich schon bei vielen unserer Unternehmer herausgehört“, verrät Susanne Droux.
Praktika sind möglich
Interessierte könnten zudem im Internet die dehoga-Berufsberatung, die Berufsportale der Arbeitsagentur oder der Industrie- und Handelskammer nutzen. „Es gibt nach wie vor freie Plätze“, betont Susanne Droux. „Niemand darf sich entmutigen lassen, auch wenn es aktuell vielleicht nicht ganz so einfach ist. Manchmal ist es so, dass sich das Ganze dann zeitlich verschiebt und es Nachholeffekte geben wird. Und das wird nächstes Jahr sicher passieren.“ Und auch Praktika seien in den Ferien möglich. „Das bieten wir nach wie vor an“, erklärt sie weiter.
„Es wird eine Zeit nach Corona geben“
Auch, wenn die Branche extrem unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu leiden hat, baut Susanne Droux auf die Zukunft: „Die Menschen gehen gerne ins Wirtshaus, treffen sich mit Freunden, reisen gerne, feiern Feste mit der Familie und Freunden, gehen gemeinsam ins Museum – das war vor Corona so und das wird auch nach Corona so sein. Das macht mir und unserer Branche Hoffnung. Es wird sich nach den Impfungen wieder normalisieren. Es wird eine Zeit nach Corona geben.“
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