"Nicht unbedingt eine Frage des Geschlechts"
So geht Selbstverwirklichung 2013: Sommergespräch mit erfolgreichen Frauen
Wann ist eine Frau erfolgreich? Wenn sie im Vorstand eines der 200 Top-Unternehmen in Deutschland sitzt? Dort beträgt der Frauenanteil magere vier Prozent. Gut, im Amt des deutschen Bundeskanzlers sind es immerhin 100 Prozent... Frauen befinden sich auf dem besten Weg zur Chancengleichheit, davon gab sich CSU-Stadträtin und Landtagskandidatin Mechthilde Wittmann beim Sommergespräch "Erfolgreiche Frauen" überzeugt. Optimistisch, gelassen und mit Realitätssinn diskutierte eine interessante Frauenrunde: Rechtsanwältin Wittmann, ihre Rechtsanwalts- und Stadtratskollegin Beatrix Zurek (SPD), Cornelia Denk, Projektleiterin bei der BMW Forschung und Technik GmbH sowie Sabine Pfeiler, Personalleiterin einer Münchner Senioren- und Pflegeeinrichtung. Im Hirschgarten sprachen sie über die Bedeutung von Netzwerken, unerwünschte Anmache, die Bewältigung des Familienalltags, über männliches Selbstbewusstsein und Marmelade kochen – und verrieten ihre eigenen Erfolgsrezepte.
Münchner SamstagsBlatt: Wie definieren Sie Erfolg für sich persönlich?
Beatrix Zurek: Meine Maxime war es immer, das zu machen, was ich für richtig halte, was mir gut tut – dann bin ich für mich selber erfolgreich. Ich bin es auch nach außen hin, aber ich würde genauso handeln, wenn mir andere den Erfolg absprechen würden.
Cornelia Denk: Für mich ist es das Gefühl, an der richtigen Stelle zu sein, immer neue Herausforderungen und Ziele zu erfüllen und sich selbst zu verwirklichen.
Sabine Pfeiler: Erfolg ist auch für mich, gesteckte Ziele zu erreichen, unabhängig von der Wirkung auf die Außenwelt.
Mechthilde Wittmann: Es gibt unterschiedliche Arten des Erfolgsgefühls: Manchmal ist man glücklich, wenn einem die Marmelade gelingt, die man zum ersten Mal versucht hat. Oder man hat ein vergleichsweise hoch gestecktes Ziel erreicht und es stellt sich nicht das zufriedenstellende Erfolgserlebnis ein. Erfolg ist meist nichts, worauf man krampfhaft hingearbeitet hat.
Männer würden diese Frage vielleicht etwas anders beantworten, finden Sie nicht?
Cornelia Denk: Weil wir das Geld verdienen nicht erwähnt haben? Es ist ein Motiv, aber nicht das wichtigste. Ich glaube aber, das ist nicht unbedingt eine Frage des Geschlechts, sondern eine Generationsgeschichte: Den jüngeren Leuten, auch den Männern, sind Freiheit und Selbstverwirklichung heute wichtiger als Geld und Status.
"Es ist zwar stressig, aber es geht"
Woran liegt es, dass Männer in Führungspositionen noch immer überrepräsentiert sind, verglichen mit dem Anteil an ebenso gut ausgebildeten Frauen?
Beatrix Zurek: Zum einen liegt es an alten Netzwerkstrukturen. Wir Frauen müssen lernen uns zu vernetzen, nicht um den Männern etwas nachzumachen, sondern um eine gute Idee für uns zu nutzen. Zweitens müssen sich Frauen mehr zutrauen. Und zum dritten glauben viele Frauen immer noch, wenn sie eine Familie gründen, sei das ein Entweder-Oder. Ich glaube, dass beides geht – es ist zwar stressig, aber es geht.
Mechthilde Wittmann: Für uns Frauen mit Kindern ist es immer noch schwieriger, weil wir zuerst zuhause schauen, dass es klappt. Ein Mann steht auf, zieht sich an, frühstückt und geht aus dem Haus. Eine Mutter hat tausend Dinge im Kopf: Steht ein Ausflug an, muss für ein Fest ein Kuchen gebacken und transportiert werden, hat die Tochter Flöte geübt? Ich kenne wenige Männer, die sich mit so etwas befassen. Frauen übernehmen mehr Verantwortung in der Familie. Dadurch haben sie den Kopf nicht so frei für den Beruf. In bestimmten Lebensphasen haben Frauen einfach andere Voraussetzungen. Sie werden sich dessen aber auch zunehmend bewusst und gleichen die Unterschiede mit sehr viel Charme aus. Und natürlich sind im Moment noch die Männernetzwerke dichter und haben eine längere Tradition. Außerdem haben Frauen seltener die Chuzpe, sich eine Position zu angeln, von der sie sich nicht sicher sind, ob sie dafür geeignet sind. Man wächst ja rein, Männer wissen das. Da müssen wir Frauen "männlicher" werden und die Dinge einfach anpacken, ohne vorher groß zu überlegen, ob das auch langfristig alles gut geht.
Beatrix Zurek: Ja, Männer neigen eher zur Selbstüberschätzung als Frauen. Ich beobachte auch eine größere Solidarität unter Männern als unter Frauen.
Sabine Pfeiler: Es ist wirklich nicht so leicht, von Männern unterstützt zu werden.
Cornelia Denk: Wenn man das Glück hat, einen Förderer zu haben, kommt man auch an die richtigen Stellen, ansonsten kann das etwas langwieriger werden.
Förderer und Mentorinnen
Von Männer- und Frauennetzwerken war eben die Rede – müssen die getrennt sein?
Cornelia Denk: Nein, sind sie auch nicht. Aber manchmal ist es dann schwierig, Berufliches und Privates zu trennen. Als Frau in einer Männerbranche passiert es schon öfter, dass man nur professionell netzwerken will, dabei unerwünschte private Annäherungen erlebt – und aus gekränktem Stolz ist es dann vorbei mit der beruflichen Förderung.
Sie sind selbst Mentorin für Frauen in technischen Berufen an den bayerischen Universitäten. Wird das gut angenommen?
Cornelia Denk: Projekte in Schulen und Universitäten sind sehr wichtig, um Mädchen schon möglichst früh die Angst vor technischen Berufen und auch Führungspositionen zu nehmen. Bei den Frauenprojekten an Universitäten ist der Haken, dass es vielen Studentinnen nicht bewusst ist, dass ein Netzwerk so immens wichtig ist. Frauenförderung stößt oft auf Vorbehalte, hat etwas von "Therapiegruppe", oder man möchte nicht als Emanze oder Feministin dastehen.
Sabine Pfeiler: Als ich Informatik studiert habe, wurde bei uns an der Uni eine Frauenbeauftragte eingeführt, und das kam bei den Frauen gar nicht gut an. Niemand wollte eine Sonderbehandlung nötig haben.
"Wir haben die riesige Aufgabe, echte Wahlfreiheit zu schaffen"
Wie stehen Sie zu einer Frauenquote?
Sabine Pfeiler: Ich bin kein Fan einer Quote und ich denke, keine Frau möchte eine Quotenfrau sein. Aber die öffentliche Diskussion darüber rüttelt die Gesellschaft auf und weist auf Missstände hin.
Cornelia Denk: Der Nachteil: Selbst wenn man eine Position nicht wegen der Quote bekommen hat, wird es einem dann vielleicht doch nachgesagt. Besser wäre ein neutrales Auswahlverfahren. Es gibt ja diese Tests: Ein Lebenslauf wurde Personalentscheidern mit einem männlichen und einem weiblichen Namen vorgelegt, und es wurde immer der Mann bevorzugt. Für eine Frau hat der Lebenslauf zu zickig, zu arrogant gewirkt.
Mechthilde Wittmann: Wir sind die Schnittgeneration, in der sich immer mehr Frauen etwas zutrauen. Wir haben die riesige Aufgabe, ein echtes Gleichgewicht und Wahlfreiheit zu schaffen. Nicht jede Frau will Führungskraft werden, aber die, die es wollen, müssen die gleiche Chance haben wie Männer. Es liegt sehr an unserer Generation, diesen Weg zu ebnen. Jetzt in dieser Übergangsphase werden vielleicht Frauen in Positionen gedrängt, in die sie gar nicht hingehören. Im Lauf der nächsten Jahre wird sich eine Selbstverständlichkeit einstellen.
Beatrix Zurek: Im Gegensatz zu Ihnen bin ich nach sorgfältiger Abwägung der Argumente eine klare Verfechterin der Quote. Wenn eine gesellschaftliche Veränderung nicht von selber passiert, muss man nachhelfen. In meiner Partei hat sich gezeigt, dass die Quote ganz wichtig war, und ich bin immer noch dafür, obwohl ich vor Jahren sogar schon einmal selber Quotenopfer geworden bin.
Männer in Elternzeit
Sind wir auf einem guten Weg zur wahren Gleichberechtigung?
Sabine Pfeiler: Die Einführung des Elterngelds war schon mal sehr gut, weil jetzt auch Männer in Elternzeit gehen können. Es ist wichtig, dass sich das Bewusstsein ändert: Frauen sind kein größerer Risikofaktor.
Mechthilde Wittmann: Durch die aktuelle Rechtsprechung hat sich die Versorgung einer Frau durch eine Ehe sowieso erledigt. Im Fall einer Scheidung ist die Frau verpflichtet, zügig in die Berufstätigkeit zurückzukehren. Dadurch ergibt sich automatisch, dass Frauen berufstätig sind, es liegt also gar nicht nur an den Münchner Verhältnissen. Ich muss schauen, dass ich meinen Beruf so weit am Laufen halte, dass ich ihn jederzeit hochfahren kann.
Sabine Pfeiler: Mittlerweile ist es ja auch gesellschaftlich anerkannt, dass Männer mehr für die Familie machen.
Beatrix Zurek: Ja, früher hieß es noch "So ein Weichei".
Fleißig sein!
Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Beatrix Zurek: Ziele verfolge ich hartnäckig, aber nicht zu ehrgeizig, kann Gegenwind aushalten und arbeite anständig und ordentlich. Und das mit einem gewissen Humor, das hilft auch weiter.
Cornelia Denk: Ich habe ein breites Interesse, ein extrem gutes Netzwerk, Fachwissen und kann einschätzen, welchen Weg ich am besten einschlage.
Sabine Pfeiler: Ich verfolge Ziele konsequent, aber nicht verbissen, bin flexibel und versuche meine Arbeit immer bestmöglich und mit vollem Einsatz zu machen.
Mechthilde Wittmann: Auch bei mir ist es: fleißig sein, das Ziel beharrlich im Auge haben, Entspanntheit und trotzdem Entschlossenheit. Man muss auch wissen, was machbar ist, zum Beispiel käme für mich wegen der Kinder nie eine Bewerbung um ein Bundestagsmandat in Frage.
Wer nimmt wen mit?
Unsere Abschlussfrage: Sie haben die Aufgabe, 30 Schulkinder durch die Münchner Innenstadt zu führen. Mit wem der Anwesenden könnten Sie sich das vorstellen?
Beatrix Zurek: Mit Cornelia Denk, weil sie den Kindern dabei vermitteln kann, wie wunderbar es ist, in einem technischen Beruf zu arbeiten.
Cornelia Denk: Mit Sabine Pfeiler, weil wir uns schon persönlich kennen – aber eigentlich könnten wir auch gleich zu viert gehen.
Sabine Pfeiler: Es ist niemand hier, mit dem ich es mir nicht vorstellen könnte. Aber ich würde Mechthilde Wittmann mitnehmen, mit ihr wird es sicher spannend.
Mechthilde Wittmann: Ich würde Beatrix Zurek mitnehmen, weil ich sie am längsten kenne und weiß wie sie reagiert. Ich kenne sie als sehr zuverlässig, und das ist für so eine Aktion ja sehr wichtig.
Und das sagt Margarete Bause (Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag)
Wie definieren Sie Erfolg für sich persönlich?
Erfolg ist etwas sehr persönliches. Wenn mir Dinge gelingen, die zunächst ziemlich aussichtslos erscheinen oder wenn ich meine eigenen Ängste überwinde, dann empfinde ich mich erfolgreich.
Ihr Erfolgsrezept?
Zum einen, meiner inneren Überzeugung und meinen Werten folgen. Zum anderen, dann mit Leidenschaft und klarem Kopf die Aufgabe anpacken und mich mit Menschen meines Vertrauens beraten.
So viele gute (Hoch)-Schulabsolventinnen, so wenige Frauen in Führungspositionen – woran liegt's?
Die Männernetzwerke funktionieren immer noch viel zu gut, Frauen stoßen trotz hervorragender Leistungen oft an die sogenannte "gläserne Decke", weil sie keine vergleichbaren Netzwerke haben und auch oft zu wenig Zeit dafür investieren. Auch das Fehlen einer guten und zuverlässigen Kinderbetreuung raubt Frauen oft Energie, Nerven und Zeit.
Wie stehen Sie zur Frauenquote?
Die Quote ist wichtig und überfällig. Gemischte Führungsgremien sind nachweislich erfolgreicher als Männerbünde. Wir Grünen machen es ja seit über 25 Jahren vor und immer mehr Unternehmen machen es nach.
Was denken Sie?
Was macht Frauen erfolgreich? Was ist Ihr persönliches Erfolgsrezept? Schreiben Sie uns Ihre Meinung per Mail an leser@muenchenweit.de oder per Post an Wochenanzeiger Medien GmbH, Redaktion, Fürstenrieder Str. 11, 80687 München.
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