Nachhaltigkeit ist, wenn ...
... junge Migranten durchstarten
Fußballprofi zu werden, war sein Traum: Milosh Zhivachki besuchte das Sportgymnasium in Mazedoniens Hauptstadt Skopje und war schon mit 16 Jahren in der Topmannschaft des kleinen Balkanstaates. Dem 1,92 Meter großen Angreifer stand eine große Karriere bevor – doch dann kam alles anders.
Kurz nach dem Abitur erlitt Milosh Zhivachki eine schwere Knöchelverletzung. „Meine Eltern waren gerade nach Deutschland ausgewandert und ich war allein in Skopje. Der Traum von der Fußballkarriere war geplatzt und ich musste überlegen, was ich nun mit meinem Leben mache“, erinnert sich der 25-jährige Mazedonier. Beim Radio fand er einen Job, denn auch das Spiel mit der Sprache beherrschte er. Serbokroatisch und Bulgarisch hatte er wegen der Grenznähe schon als Kind gelernt.
Er weiß, was er will, und nutzt seine Chancen
Die politische Krise in Mazedonien, die im Februar 2015 begann, die sich verschlechternden Chancen für junge Menschen und die positiven Berichte seiner Eltern und Brüder aus Deutschland ließen seinen Entschluss reifen, nachzuziehen. „Zum Glück hatte mein Vater einen europäischen Pass, das vereinfachte alles.“ Einfach war es für Milosh trotzdem nicht, denn er sprach kein Wort Deutsch, als er nach Augsburg in die elterliche Wohnung zog. Dafür aber Englisch, was ihm schon nach zwei Wochen einen Job bei Amazon brachte. Er kümmerte sich um den Versand und nutzte das Angebot für ausländische Mitarbeiter, morgens einen Deutschkurs zu belegen und in Spätschichten zu arbeiten. „Dabei habe ich viele Leute kennengelernt, mit denen ich heute noch Kontakt habe“, sagt der junge Mann. Als ihm ein Kollege von seinem Abendstudium berichtete, war Milosh fasziniert. „Das will ich auch machen“, dachte er sich. Zwei Tage später führte er sein erstes Gespräch mit der Studienberatung der FOM, der Hochschule für Berufstätige. „Aber auf einmal war ich mir unsicher wegen meiner Deutschkenntnisse und ich kapierte, dass ein Studium neben dem Job bedeutet, dass ich weiter bei den Eltern wohnen muss.“ Doch die Studienberaterin meinte: „Im vierten Semester bist Du der Deutschprofi - das schaffst Du locker!“
„Die Entwicklung von Menschen interessiert mich“
Mittlerweile studiert Milosh im fünften Semester „Betriebswirtschaft & Wirtschaftspsychologie“ an der FOM in einem bemerkenswerten Tempo – und hält auf Deutsch Präsentationen und Vorträge vor Mitstudenten und Professoren. „Meine Kommilitonen sehe ich öfter als meine Familie“, berichtet er lachend, denn das Studium neben dem Beruf lässt kaum Zeit für andere Dinge. Doch er will weitermachen: „Nach dem Bachelor kommt der Master-Abschluss, denn ich will einen Doktortitel machen, am liebsten in Psychologie und Changemanagement, weil mich die Entwicklung von Menschen interessiert“, erklärt Milosh. Er wisse, dass er das Selbstvertrauen und die Energie habe, seine Ziele zu erreichen. Dazu gehört auch, möglichst bald mit seiner Freundin aus der elterlichen Wohnung in ein eigenes Reich zu ziehen.
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