„Lösungen mit den Menschen im Viertel gestalten“
So denken Verena Dietl und Christian Müller über Wohnen und Verkehr in unserer Stadt
Verena Dietl und Christian Müller stehen an der Spitze der SPD im Rathaus. Bei der Kommunalwahl treten sie erneut an. Im Interview sprechen die Münchner Wochenanzeiger mit ihnen über die wichtigsten Themen unserer Stadt.
"Den Druck aus dem Alltag der Menschen nehmen"
Vieles von dem, was in unserer Stadt funktioniert und München liebenswert macht, hat die SPD in die Wege geleitet. Das Wachstum macht es aber schwieriger, diese Balance zu halten. Wie sieht ihr Kurs für die Zukunft aus?
Verena Dietl: Das Ziel der SPD ist es, den Druck aus dem Alltag der Menschen in München zu nehmen, etwa mit kostenfreier Kita, mit Angeboten für Seniorinnen und Senioren wie dem kostenfreien Mittagessen in den Alten- und Servicezentren, mit der Erhöhung der Münchenzulage oder dem städtischen Mietenstopp.
Christian Müller: Die SPD kümmert sich um die Herausforderungen einer modernen Großstadt. Wachstum ist kein Selbstzweck, aber: ohne Wachstum kein Wohlstand. Unsere Hauptverantwortung liegt dabei in einem starken Zusammenhalt in der Stadt. Damit München zukunftsorientiert vorangeht und gleichzeitig niemand auf der Strecke bleibt.
"Die Stadt soll da sein für die Menschen"
Den allermeisten Menschen in München geht es sehr gut. Gleichzeitig spüren sie Veränderungen, Ungewissheit, manchmal auch Angst. Sie sagen, Sie wollen „Druck aus dem Alltag nehmen“. Woran denken Sie dabei und wie sorgen Sie für Entspannung?
Verena Dietl: Unser Ziel ist es, dass Politik den Alltag der Menschen in München ganz praktisch besser macht. Dazu gehört, dass man zuverlässig einen passenden Kindergartenplatz findet, dass ältere Menschen in ihrem Viertel gute Angebote für Unterstützung erhalten oder dass man jetzt entspannt mit Termin ohne langes Warten ins Bürgerbüro gehen kann. Die Stadt soll da sein für die Menschen, die hier leben.
"Die Zukunft nicht verspielen"
Ein drängendes Problem unserer Stadt ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Trotzdem fordern einige, nichts mehr zu bauen. Was sagen Sie dazu?
Christian Müller: Wir schaffen Wohn- und Lebensraum für Münchens Kinder, für eine funktionierende Stadt, in der auch Krankenpfleger, Erzieherinnen und Busfahrer bezahlbar wohnen können. Wer fordert, keine Wohnungen mehr zu bauen, verspielt die Zukunft unserer Stadt. Übrigens haben wir in München allein einen Geburtenüberschuss von 5.000, es kommen also deutlich mehr Münchnerinnen und Münchner zur Welt als versterben. Damit die Münchnerinnen und Münchner auch künftig ein bezahlbares Zuhause haben, brauchen wir mehr Wohnungen. Gleichzeitig ist es wichtig, den Charakter gewachsener Viertel zu bewahren und die Stadtteile lebenswert zu gestalten.
"Rekord-Programm fürs Wohnen aufgestellt"
Andere wiederum sagen, die Stadt tue beim Thema Wohnen zu wenig ...
Verena Dietl: Wir haben dafür gesorgt, dass die Stadt ein Rekord-Programm fürs Wohnen aufgestellt hat. Dazu kommt, dass wir Genossenschaftswohnen stark fördern. Aber man muss auch sagen: Die Stadt allein kann nicht alles leisten. Wir fordern etwa, dass große Unternehmen, die München als Standort nutzen, hier auch Werkswohnungen schaffen. Als einzige Partei setzt sich die SPD auch für echten Mieterschutz ein: Wir haben die Regeln für den Verkauf von Wohnhäusern in Erhaltungssatzungsgebieten verschärft und sorgen dafür, dass die Stadt bedrohten Wohnraum kauft und langfristig bezahlbar hält.
"Er muss funktionieren"
Auf vielen Bürgerversammlungen Thema Nummer eins: der Verkehr. Welche Prioritäten setzen sie?
Verena Dietl: Beim Verkehr sind drei Punkte wichtig. Erstens: Er muss funktionieren und leistungsfähig sein. Gerade beim öffentlichen Nahverkehr müssen wir deshalb viel Kraft und Geld in den Ausbau investieren. Zweitens: Die Menschen spüren den Verkehr, deshalb muss er verträglich sein. Wer mit dem Radl oder zu Fuß unterwegs ist, belastet die Menschen in der Umgebung weniger als mit dem Auto. Komfort und Sicherheit für den Fuß- und Radverkehr wollen wir deshalb weiter erhöhen. Und drittens: Wir wollen saubere Luft für München. Deshalb ist umweltverträgliche Mobilität wichtig.
Christian Müller: Dabei einseitig auf ein Verkehrsmittel zu setzen, sei es jetzt das Radl oder das Auto, bringt überhaupt nichts. Eine leistungsfähige Mobilität ist vielseitig, flexibel und so gestaltet, dass die Münchnerinnen und Münchner gut vorankommen sowie gleichzeitig die Viertel vom Verkehr entlastet werden. Grundsätzlich halten wir den Ausbau des ÖPNV für wegweisend.
"Ein bisserl Rücksicht würde schon viel helfen"
Trotzdem wirken Diskussionen oft so, als würden Rad- und Autoverkehr im Konflikt stehen.
Christian Müller: Im Alltag würde ein bisserl mehr Rücksicht aufeinander oft schon viel helfen. Was die Politik angeht: München soll für den Fuß- und Radverkehr sicherer werden. Es geht also nicht um Konflikt, sondern um Miteinander. Zudem ist der ÖPNV das Rückgrat unserer Mobilität. Wir sollten nicht um jeden einzelnen Parkplatz kämpfen, sondern ein Angebot schaffen, das zum Beispiel Menschen aus dem Umland überzeugt, dass Pendeln mit dem ÖPNV besser und günstiger ist.
Verena Dietl: Uns ist dabei ganz wichtig, Lösungen zusammen mit den Menschen im Viertel zu gestalten. Ein Beispiel, in dem die Menschen vor Ort nicht ausreichend beteiligt wurden, sind die Radfahrstreifen in der Fraunhoferstraße. Es ist absolut richtig, dass der Radverkehr hier sicherer gemacht wurde. Gleichzeitig muss bei solchen Maßnahmen noch besser mit den Anliegerinnen und Anliegern sowie den Gewerbetreibenden vor Ort gesprochen werden.
"Das ist unehrlich"
Anderen gehen solche Lösungen nicht weit genug. Stichwort: autofrei.
Christian Müller: Wenn Parteien wie die Grünen oder die ÖDP eine komplett autofreie Altstadt sofort und ein autofreies München innerhalb des Mittleren Rings bis 2025 versprechen, ist das unehrlich. Innerhalb des Mittleren Rings leben mehr als eine halbe Million Menschen – und es sind dort fast 300.000 Kraftfahrzeuge zugelassen. Wo sollen die alle in den nächsten Jahren so schnell hin? Es wird auf absehbare Zeit immer Menschen geben, die auf ein Auto angewiesen sind. Unser Ziel sind eine autoreduzierte Altstadt und weniger Autoverkehr in den Vierteln, damit diese vom Verkehr entlastet werden. Außerdem soll Autoverkehr künftig möglichst emissionsfrei sein.
"Das geht nicht zum Nulltarif"
Sie wollen eine klimaneutrale Stadt bis zum Jahr 2035. Wofür steht die SPD beim Thema Klimaschutz?
Christian Müller: Dafür, dass Klimaschutz gerecht gestaltet wird. Denn Klimaschutz ist weder leicht, noch kommt er zum Nulltarif. Alle werden ihren Beitrag leisten müssen. Es ist dabei besonders wichtig, dass die, die viel haben, auch viel beitragen. Eine Stadt, in der die Armen die Zeche zahlen und die Reichen unökologisches Verhalten weiter erkaufen können, ist nicht unser München.
Verena Dietl: Ganz konkret heißt das zum Beispiel, auf hochwertiges, regionales und soweit möglich auch biologisch erzeugtes Essen in der Kindertagesbetreuung und den Schulen zu setzen. Es heißt, dass wir – wie in München der Fall – die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs für alle Menschen mit weniger Geld günstiger bis kostenfrei machen, damit alle die umweltfreundlichen Verkehrsmittel nutzen können. Und es heißt beispielsweise auch, dass wir bei der kommunalen Daseinsvorsorge durch die Stadtwerke darauf achten, vorbildlich bei der Energiewende zu sein, sodass alle Münchnerinnen und Münchner günstig mit Öko-Strom und Fernwärme aus regenerativen Quellen versorgt werden.
"Stadt gleicht Fehler des Freistaats aus"
Apropos Schule und Kita: Wir brauchen nicht nur Wohnungen, sondern auch die Infrastruktur drumherum. Wie bewerten Sie in dieser Hinsicht Freiham, das große Projekt im Münchner Westen?
Christian Müller: Der neue Stadtteil muss zunächst verkehrlich gut erschlossen sein – auch weil die Stadt hier Fehler des Freistaats auszugleichen hat. Insbesondere bei der Linie S4 nach Buchenau hat der Freistaat den Ausbau verbummelt. Die U-Bahn ist wichtig, Bund und Freistaat müssen endlich die Finanzierung sicherstellen. Die Stadt ist hier tatkräftig, weshalb Freiham etwa auch hinsichtlich Schulen und Freizeitmöglichkeiten sehr gut aufgestellt ist. Und das neue Schulzentrum ist wichtig für den ganzen Münchner Westen.
"So entstehen Vorteile für alle"
Viele Dinge kann München ja nicht alleine bewältigen. Was im Umland passiert, betrifft die Stadt unmittelbar. Wie bekommt man die Interessen einer großen Stadt und die vieler ganz unterschiedlich aufgestellter Umlandgemeinden unter einen Hut?
Verena Dietl: Mit der richtigen Haltung. Mir gefällt die Einstellung unseres Oberbürgermeisters Dieter Reiter hier sehr gut: Dass München nicht arrogant auftritt und tut, als sei man etwas Besseres, sondern alles gibt, um gemeinsam mit den Gemeinden das Leben für die Menschen in Stadt und Umland besser zu machen. Die SPD hat zum Beispiel bei der MVV-Tarifreform gezeigt, dass daraus Vorteile für alle entstehen.
"Das Ehrenamt und die Vereine fördern"
Frau Dietl, Sie sind in der SPD-Fraktion Sprecherin für Sportpolitik. Vereine, Sport- und Freizeitangebote gehören zur Lebensqualität in einer Großstadt. Da wurde in den letzten Jahren einiges saniert und neu geschaffen. Welche Ideen werden Sie hier künftig umsetzen?
Verena Dietl: Wir haben die Sanierung der Olympia-Regattalage, das ganzheitliche Konzept für den Münchner Eissport und die erfolgreiche Bewerbung für die European Championships beschlossen, außerdem schaffen wir ein Actionsportszentrum und setzen uns für eine neue Surfwelle in München ein. Zentral ist bei allen Ideen für mich aber, zu sehen, was im Münchner Sport jeden Tag geleistet wird – sportlich, organisatorisch, menschlich. Deshalb sind die Unterstützung der Vereine und die Förderung des Ehrenamts mindestens genauso wichtig wie große Projekte. Die Stadt München gibt jährlich 72 Millionen Euro für den Sport aus – der Freistaat insgesamt nur 46 Millionen. Da sieht man schon, welchen Stellenwert der Sport für uns hat.
"Erzieher werden fair bezahlt"
Herr Müller, Sie sind im Kitabereich beruflich tätig. Auch hier fehlen Fachkräfte. Eine schnelle Lösung, diese Lücke zu schließen, gibt es nicht. Gibt es – sehen wir auf die demographische Realität – überhaupt eine Lösung?
Christian Müller: Personal für die Kindertagesstätten zu gewinnen und zu halten, ist eine zentrale Aufgabe bei der Sicherung der Qualität. Wir haben dafür gesorgt, dass Erzieherinnen und Erzieher fair bezahlt werden und attraktive Ausbildungsmodelle geschaffen. Aber wir wollen noch mehr tun. Wir brauchen für Fachkräfte mehr bezahlbaren Wohnraum. Außerdem wollen wir die Arbeit in der Kita noch besser machen. Wir fordern etwa, dass Leitungsaufgaben noch besser bezahlt werden und das Erziehungspersonal von Verwaltungsaufgaben entlastet wird.
"Das tut unserer Stadt gut"
Wenn Sie drei Wünsche für München frei hätten, was würden Sie unserer Stadt wünschen?
Verena Dietl: Ich wünsche mir, dass meine Heimatstadt München so eine schöne Stadt mit Herz und Charakter, eine Stadt der Lebensfreude für alle bleibt – und wir die Herausforderungen unserer Stadt immer wieder meistern.
Christian Müller: Ich wünsche mir, dass unsere Stadtgesellschaft zusammenhält, dass wir gemeinsam ein soziales, sicheres und ökologisches München gestalten.
Verena Dietl: Und drittens, das wünschen wir uns beide: Dass die SPD stärkste Kraft in München bleibt. Denn das tut unserer Stadt gut.
"Wir setzen unsere Pläne auch um"
Was machen Sie anders als die anderen großen Parteien?
Verena Dietl: Die SPD bekennt sich im Gegensatz zur CSU klar zum Mieterschutz und stellt den öffentlichen Nahverkehr an die erste Stelle und die Menschen in den Mittelpunkt. Außerdem lieben wir München und machen es nicht ständig schlecht.
Christian Müller: Im Gegensatz zu den Grünen packen wir an und setzen Pläne auch um. Das zeigt die starke Erfolgsbilanz der SPD und unseres Oberbürgermeisters Dieter Reiter. Wir sagen, das machen wir auch. Und wir stehen dafür, das das, wo für wir uns einsetzen, etwa der Klimaschutz und die Energiewende, sozial gerecht umgesetzt werden.
"Ich kenne die alltäglichen Herausforderungen"
Was motiviert Sie persönlich?
Verena Dietl: Als berufstätige Mutter kenne ich die alltäglichen Herausforderungen einer Großstadt. Ich will, dass Familien gut in München leben. Mir sind eine gute Betreuung und Bildung, Sport- und Freizeitangebote wichtig. Jung und Alt soll es gemeinsam in München gut gehen.
Christian Müller: Auch bei mir ist es die Familie, die mich motiviert. Mir ist eine soziale Stadt des Miteinanders sehr wichtig. Damit ein gutes Zusammenleben in unseren Stadtvierteln funktioniert.
Verena Dietl: Dazu kommt, dass wir im Rathaus ein sehr gutes Team haben. Die SPD-Fraktion ist stark aufgestellt und hochmotiviert. Als neue Fraktionsspitze spüren wir da sehr viel Tatendrang.
Christian Müller: Der offene und kooperative Umgang in der Fraktion ist definitiv die Basis für eine starke Politik. Wir wollen uns um das kümmern, was die Menschen in München bewegt. Als Team gelingt uns das am besten.
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