"Insekten sind unverzichtbar"
Das sagen die Verbände zum dramatischen Verlust der "Edelsteine"
Der dramatische Insektenschwund erfordert ein umfassendes Handeln: Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung den Insekenschutz als Ziel gesetzt. Ein Bündnis von Umwelt-, Natur- und Tierschutzverbänden hat Forderungen dazu erarbeitet (Deutscher Naturschutzring DNR, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND, Deutsche Umwelthilfe DUH, Naturschutzbund Deutschland NABU, WWF Deutschland und Aurelia Stiftung).
Hierzu gehört u.a. die Reduzierung von Pestizidanwendungen, die Förderung von Strukturvielfalt in Agrarlandschaften und die Förderung von Insektenvielfalt in Siedlungsräumen. Ebenso muss die Überdüngung landwirtschaftlich genutzter Flächen reduziert werden, da sie einen wesentlichen Faktor für den Insektenrückgang darstellt.
"Wir sind abhängig!"
Thomas Radetzki, Imkermeister und Vorsitzende der Aurelia-Stiftung:
"Insekten sind für den Fortbestand unserer Ökosysteme ebenso unverzichtbar wie für die Sicherung unserer Ernährung. Zwei Drittel unserer Nahrungspflanzen sind auf die 'unentgeltliche und gemeinnützige' Leistung von Bestäubern angewiesen, deren ökonomischer Wert weltweit auf 200 bis 500 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt wird. Wir sind von der Vielfalt der blütenbestäubenden Insekten existenziell abhängig. Sie sind unersetzbar!"
"Unsere Bienen sind systemrelevant"
Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings:
"Unsere Bienen sind systemrelevant und damit dem Schutzauftrag dieser Bundesregierung unterstellt. Sie sind die wichtigsten Pflanzenbestäuber und dienen zahlreichen anderen Arten als Futter. Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag richtigerweise verpflichtet, das Insektensterben zu bekämpfen. Das erfordert rasches und umfassendes politisches Handeln. Homöopathische Eingriffe wie Monitoring- oder Blühstreifenprogramme reichen nicht aus, um den dramatischen Verlust unserer über 30.000 Arten zählenden heimischen Insektenfauna aufzuhalten."
"Landwirte belohnen!"
Olaf Tschimpke, NABU-Präsident:
"Wir beobachten einen dramatischen Rückgang von Insekten in Naturschutzgebieten, unseren Edelsteinen der Natur. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Gebiete zu klein und damit Einflüssen aus der umliegenden Landschaft ausgesetzt sind. Aus diesem Grund ist es dringend notwendig, dass in und im Umkreis von Naturschutzgebieten Pestizide verboten werden. Insekten müssen aber auch in der Agrarlandschaft geschützt werden, wozu es ein Umsteuern in der EU-Agrarpolitik braucht, so dass Landwirte für konkrete Naturschutzleistungen finanziell belohnt werden."
"Nervengifte gehören nicht in unsere Umwelt!"
Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender:
"Nervengifte mit so fataler Wirkung wie die der Neonikotinoide gehören nicht in unsere Umwelt. Sie schädigen Nützlinge wie Bienen, Wildbienen, Ameisen und Wasserorganismen. Dass sie überhaupt zugelassen worden sind, zeigt das Versagen des Pestizid-Zulassungssystems. Dessen Reform ist dringend nötig, zukünftig muss die Prüfung von Pestiziden industrie-unabhängig erfolgen. Wir benötigen eine Landwirtschaft, die unsere Lebensgrundlagen erhält. Mit Maßnahmen wie breiten Fruchtfolgen, Mischkulturen und der Förderung von Lebensräumen für Nützlinge ist das möglich."
"Es gibt keine Alternative!"
Prof. Dr. Randolf Menzel, Neurobiologe und Autor des Buches "Die Intelligenz der Bienen":
"Es gibt keinen Mangel mehr an Studien, die beweisen, wie sehr die gezielt zur Vernichtung sogenannter Schadinsekten ausgebrachten, hochtoxischen Gifte den Orientierungssinn oder die Fortpflanzung aller anderen in Luft, Wasser oder Boden lebenden Insektenarten schädigen. Wenn Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner ihr gegebenes Versprechen einlösen will, dass alles vom Markt muss, was Bienen schädigt, gibt es keine Alternative zu einem vollständigen Verbot dieser Insektizidklasse."
"Verarmung der Artenvielfalt"
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH):
"Die auch nach der Novelle des Düngerechts viele zu hohen Stickstoffeinträge sorgen für eine Verarmung der Artenvielfalt in unseren Agrarlandschaften und damit auch für den Rückgang von Insekten und Bestäubern. Deshalb brauchen wir vor allem eine signifikante Verminderung des Gülleeintrages aus der Massentierhaltung."
"Landwirte bestmöglich unterstützen"
Matthias Meissner, Referent Internationale Agrarpolitik und Welternährung beim WWF Deutschland:
"Für Umweltschutzmaßnahmen und damit auch für ihren Einsatz gegen das Insektensterben müssen Landwirte endlich konkret entlohnt werden. Mit Blick auf die kommende Förderperiode der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik muss es daher Ziel sein, Landwirte bestmöglich darin zu unterstützen, aktiv Maßnahmen für mehr Biodiversität und Strukturvielfalt in der Agrarlandschaft durchzuführen."
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