"Ich empfehle Zuversicht und Optimismus als Grundhaltung"
MdL Michael Piazolo sprach mit Lesern über hohe Mieten, Druck in der Schule und die Zukunft des Euros
Prof. Michael Piazolo, Generalsekretär der Freien Wähler, ist einer der 187 Abgeordneten, die im Landtag Gesetze für den Freistaat machen. Er hat Leser der Münchner Wochenanzeiger zu einem Besuch des Parlaments eingeladen, um ihnen zu zeigen, wie die Arbeit im Landtag abläuft. Bei einem Abendessen im Maximilianum diskutierte der Abgeordnete aus dem Stimmkreis Giesing / Sendling mit seinen Gästen und beantwortete die Fragen der Leser.
Mietproblem gemeinsam angehen
Was können Politiker gegen die utopisch wachsenden Mietpreise in Metropolen wie z. B. München tun?
Michael Piazolo: Zuallererst müssten dazu die Entscheidungsträger aller politischen Ebenen endlich zusammenarbeiten und das Problem gemeinsam angehen. D.h. vom Bundestag über den Landtag bis hin zur betreffenden Kommune müssten einvernehmliche und aufeinander abgestimmte Entscheidungen getroffen werden. Die etablierten Parteien haben sich dabei bis dato nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert. Darüber hinaus erfordert die derzeitige Lage in München aus meiner Sicht ein ganzes Bündel an Maßnahmen, u.a. die Aufnahme von Bestandsmieten in den Mietspiegel und die verstärkte Förderung des Genossenschaftsmodells. Wichtig ist der Bestandsschutz für bestehenden günstigen Wohnraum sowie ein verstärktes und ausgewogenes Engagement im sozialen Wohnungsbau in allen Stadtteilen samt einer attraktiven, staatlichen Wohnungsbauförderung.
Zwischen G 8 und G 9 wählen können
Welches Gesetz wollen Sie als nächstes auf den Weg bringen?
Michael Piazolo: Als nächstes möchten wir Freie Wähler mit Hilfe der Bürger die Wahlfreiheit zwischen dem neunjährigen und dem achtjährigen Gymnasium einführen. Daher sammeln wir derzeit die nötigen 25.000 Unterschriften für die Zulassung des Volksbegehrens "Mehr Zeit zum Lernen – Mehr Zeit zum Leben! Ja zur Wahlfreiheit zwischen G 9 und G 8 in Bayern". Wir haben gemerkt, dass die Kritik am G 8 seit der Einführung nicht abebbt. Seit Jahren wird der große Druck beklagt, der auf vielen Schülern des G 8, aber auch ihren Eltern lastet. Die Jugendlichen kommen zwar ein Jahr früher zum Abitur, haben aber wenig Zeit für andere Aktivitäten und für den Blick außerhalb des Schulgeländes oder für das Ehrenamt. Daher fordern wir, dass jedes Gymnasium in Bayern zukünftig frei entscheiden soll, ob es das G 8 und / oder das G 9 anbietet.
"Keine Angst vor der Zukunft haben!"
Was raten Sie Schülern von heute am dringlichsten?
Michael Piazolo: Eine pauschale Antwort gibt es hierzu natürlich nicht. Ich empfehle aber Zuversicht und Optimismus als Grundhaltung. Ein junger Mensch braucht keine Angst haben, weder vor der Zukunft noch davor, möglicherweise einmal zu scheitern. Als junger Mensch kann man seine Zukunft gestalten und hat in einer freien Gesellschaft viele, seinen Ideen nachzugehen. Das persönliche Umfeld hilft einem auch dabei, Antworten auf die eigenen Fragen zu finden und Entscheidungen zu treffen.
Noch eine Kleinigkeit zum Thema Lernen: Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Lernen leichter fällt, wenn man auch den Sinn hinter dem Lernen erkennen kann. Danach darf dann ruhig auch mal gefragt werden und Überraschungen sind sicher.
"Krise noch nicht überstanden"
Was halten Sie vom Euro und dessen Zukunft?
Michael Piazolo: Die Eurokrise, als Staatsschulden- und Bankenkrise ist ja leider noch nicht überstanden. Daher mache ich mir, wie viele Bürger auch, nach wie vor Sorgen um die Zukunft Europas und des Euros. Einfache Lösungen gibt es aber nicht. Der Streit unter führenden Wirtschaftswissenschaftler zeigt, dass die von den Regierungen der Euro-Länder ausgehandelten Lösungsansätze nicht nur von den Regierungen selbst höchst unterschiedlich gesehen und interpretiert werden. Die eigentlichen Fachleute unterscheiden sich in ihren Bewertungen und Vorschlägen wesentlich.
"Große Bauchschmerzen"
Mir persönlich bereitet insbesondere das eingeschränkte Mitspracherecht unserer gewählten Parlamente und der Bürger große Bauchschmerzen. Die soeben beschlossenen direkten Bankenhilfen durch den ESM und den Kauf von Staatsanleihen durch die EZB sehe ich auch aus diesem Grund sehr kritisch. Für eine auch in der Zukunft stabile Währung besteht in den Euro-Ländern großer Reformbedarf. Zudem muss der Bankensektor endlich stabilisiert und einem klaren staatlichen Ordnungsrahmen unterworfen werden. Für mich ist aber auch wichtig, dass die Entscheidungsträger die Bevölkerung in Entscheidungen einbinden und mitnehmen. Geschieht dies nicht in ausreichendem Maße, wird es sowohl für die europäische Idee und den Zusammenhalt in Europa als auch für den Euro immer schwieriger mit einer rosigen Zukunft.
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