"Ich bin immer für sie da"
Was bedeuten uns Freundschaften? Und wie hält man den Kontakt?
Was wäre eine Welt ohne Freundschaft? Für seltene Einzelgänger zwar kein Problem, jedoch für die Mehrheit unvorstellbar. Zurecht, denn Freunde sind unsere Bezugspersonen. Schon in der Kindheit schätzen wir sie sehr, denn sie spielen mit uns, wenn die Eltern gerade keine Lust dazu haben. Während der Pubertät sind sie unser lebendiges Tagebuch, denn wer erzählt schon den Eltern vom Schwarm in der Klasse? Später helfen sie uns dann, die kleinen und großen Sorgen des Lebens zu bewältigen. Sie sind rund um die Uhr erreichbar und hören sich sogar bis zum Morgengrauen unsere Sorgen an. Sie leihen uns Geld in der Not oder passen auch mal drei Stunden auf unsere Kinder auf. Sie würden für uns alles stehen und liegen lassen. Hat man also erst einmal Freunde fürs Leben gefunden, möchte man sie nie wieder loslassen.
Im jetzigen digitalen Zeitalter aber sehen Freundschaften oft anders aus. Man trifft sich nicht mehr im Café, sondern chattet am Computer. Und aus den 200 Facebook-Freunden befinden sich nur zwei "richtige Freunde", die man schon Jahre kennt. Nur ein Klick mit der rechten Maustaste genügt, um die nächste Freundschaftsanfrage zu akzeptieren. Wahre Freundschaft stellen wir uns vermutlich anders vor. Laut dem Schriftsteller Samuel Butler sind Freunde wie Geld - leichter zu gewinnen als zu behalten. Doch was tun wir dafür, eine Freundschaft zu erhalten? Wie oft treffen wir unsere Freunde? Und was bedeutet Freundschaft überhaupt?
"Wir treffen uns einmal die Woche"
Die alte Generation: Anna Gütlhuber, Rentnerin, 75 J.
Zu einer guten Freundschaft gehören für mich vor allem Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft. Auch erwarte ich von meinen Freunden, dass sie auch in meinen schwersten Zeiten immer für mich da sind. Ich wuchs mit 11 Geschwistern auf, welche auch jetzt noch meine besten Freunde sind. Schon im Kindesalter waren wir unzertrennlich. Jetzt wohnen wir nur unweit voneinander entfernt und treffen uns einmal in der Woche bei einem von uns zu Hause. Dort gibt es Kaffee mit Kuchen und wir tauschen uns über die Neuigkeiten in unserem Dorf aus. Außerdem besuchen wir jeden Samstagabend den Gottesdienst zusammen und engagieren uns auch beim Katholischen Frauenbund, mit dem wir auch gerne auf Reisen gehen. Jeden Montag besuchen wir dann unsere Gymnastikgruppe im Dorf, um fit zu bleiben. Leider habe ich keinen Führerschein und bin deshalb oftmals auf die Hilfe meiner Freunde angewiesen. Sie erledigen mit mir die Einkäufe und fahren mich in die Stadt, wenn ein Besuch beim Arzt ansteht. Ich revanchiere mich dann gerne, indem ich einen Kuchen backe. Sollten wir uns aufgrund von Krankheit nicht sehen, wird einfach telefoniert, um immer auf dem neusten Stand zu bleiben und seelischen Beistand zu leisten. Alles in allem bin ich rundum zufrieden und hoffe, dass mir meine Freunde noch lange erhalten bleiben.
"Wir haben bestimmte Rituale"
Die mittlere Generation: Claudia Heigl, Verwaltungsfachangestellte, 56 J.
Die wichtigsten Eigenschaften einer guten Freundin sind für mich Akzeptanz und Vertrauen. Nur so können alle Probleme und Sorgen, die man miteinander bespricht, auch behalten und nicht ausgeplaudert werden. Auch soll sie immer für mich da sein, wenn man sie braucht. Besonders wichtig ist mir auch, dass man Freud und Leid gemeinsam teilen kann, manchmal begleitet von einer Flasche Wein. Einige meiner Freundinnen und ich teilen ein Hobby zusammen und bleiben dadurch automatisch immer in Verbindung. Wir spielen in einer Mannschaft Tennis und sehen uns deshalb mindestens ein- bis zweimal pro Woche am Tennisplatz. Auch Outdoor-Aktivitäten dürfen nicht fehlen. Abhängig von der Jahreszeit gehen wir Skifahren, Langlaufen, Wandern oder reisen gern zusammen. Außerdem haben wir bestimmte Rituale, die wir immer einhalten: dazu gehören Treffen auf dem Weihnachtsmarkt, das Besuchen von Festen oder einfach unser Brunch am Samstagmorgen. Unsere Gesprächsthemen reichen von Arbeit über Beziehungen, Mode, Familie und das aktuelle Weltgeschehen. Die Treffen mit meinen Freunden organisieren wir meist über eine Whats-App-Gruppe, jedoch bevorzuge ich es, mit meinen Liebsten persönlich zu quatschen, vor allem bei Problemen oder ernsteren Gesprächen. Wenn wir uns aber längere Zeit nicht sehen sollten, telefonieren wir gerne. Wenn meine Freunde Hilfe brauchen, bin ich immer für sie da. Dazu gehören sämtliche Fahrdienste und ich biete meinen Mädels auch immer eine Übernachtungsmöglichkeit an. Manchmal versende ich auch nette Whats-App-Nachrichten, um meinen Freunden ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern und um ihnen zu sagen, wie gern ich sie habe und, dass ich gerade an sie denke.
"Über alle Vorkommnisse ausgiebig quatschen"
Die junge Generation: Tobias Huf, Student, 20 J.
Neben Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft ist es mir wichtig, dass meine Freunde spontan sind und viel unternehmen wollen, egal ob zu zweit oder in einer Gruppe. Wir sollten viel zusammen lachen können, und uns sollte nichts peinlich voreinander sein. Allerdings gibt es immer wieder Probleme, wie in meinem Fall, als ich nach Augsburg zum Studieren gezogen bin. Wie hält man Kontakt mit den Freunden aus der Schule oder denen, die selber zum Studieren oder ins Ausland gegangen sind? Man kann sie ja schließlich nicht immer treffen und mal zusammen in die Stadt gehen oder sich zum Feiern verabreden. Dann ist es wichtig, dass man viel mit ihnen schreibt, dass sie viel erzählen, was sie gerade machen und dass sie genauso fragen, wie es mir geht - und wie geht das heutzutage besser als mit WhatsApp? Man bleibt immer informiert über den anderen und kann sich unmittelbar fürs nächste Wiedersehen verabreden. Man freut sich schließlich je mehr, desto länger man sie nicht gesehen hat. Wenn ich dann nach ein paar Wochen wieder nach Hause komme, gibt es nichts Schöneres als meine Freunde in unserem Stammlokal zu treffen und über alle Vorkommnisse ausgiebig zu quatschen.
Natürlich habe ich in Augsburg neue Freunde gefunden, mit denen das Treffen leichter fällt und mit denen man viel mehr macht, da ich sie fast jeden Tag sehe. Allerdings muss man da auch erst die „Richtigen“ finden, die zu jemanden passen und da bleiben die besten Freunde erstmal die, die daheim auf mich warten. Mit meinen neuen Freunden gehe ich gerne abends feiern und im Sommer gerne an den See, während wir uns im Winter meistens etwas zuhause unternehmen. Man sieht sich also jeden Tag in der Uni und schreibt mit denen neue Geschichten, umso schwieriger wird es dann allerdings, die „alten“ Freunde nicht zu vergessen.
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