"Hunde sind tolle Vermittler"
In der Montessori-Schule der Aktion Sonnenschein bereichern zwei Huskitas den Schulalltag
Jack ist noch in Ausbildung. Das steht jedenfalls auf dem Geschirr, das der zweijährige Huskita-Rüde trägt, wenn er mit Claudia Richter und seinem älteren Gefährten Najak, der schon ein richtiger Schulhund ist, in die Montessori-Schule der Aktion Sonnenschein kommt. Claudia Richter ist Diplom-Sozialpädagogin und Studienrätin im Förderschuldienst. Sie unterrrichtet eine 9. Integrationsklasse in der Montessori-Schule in der Heiglhofstraße und ihre beiden Hunde sind regelmäßig einmal in der Woche im Klassenzimmer mit dabei.
Positive Erfahrungen
"Sie lieben es, wenn ich morgens das Schulgeschirr in die Hand nehme", erzählt die Pädagogin. "Und mittags sind sie sehr erschöpft." Claudia Richter hat ihr Leben lang Hunde an ihrer Seite gehabt, ihr Mann ist nebenberuflicher Hundetrainer und auch ihre Tochter, sagt sie, habe vom Umgang mit den Hunden sehr profitiert. Diese positiven Erfahrungen müssten allen Kindern zugänglich gemacht werden, überlegte die Lehrerin – und dann war es nur noch ein kleiner Schritt bis zur Umsetzung.
Claudia Richter besprach sich mit dem Kollegium und ließ die Eignung der Tiere durch die öffentlich bestellte Hundesachverständige Dr. Hildgard Jung prüfen, die eine Tierarztpraxis für Verhaltenstherapie führt. "Ich wollte eine Bestätigung, dass meine Einschätzung richtig ist", sagt die Studienrätin. Seit rund zwei Jahren gehört der siebenjährige Najak nun zum Schulalltag der Montessori-Schule und Lehrling Jack wurde bereits als Welpe miteingebunden und auf seine Aufgabe als Schulhund vorbereitet.
Ideale Familienhunde
Huskitas seien sehr menschenfreundliche, souveräne und verlässliche Hunde mit hoher Reizschwelle, erläutert Claudia Richter. Die Kreuzung zwischen sibirischen Huskys und Akita Inu, einer japanischen Hunderasse, vereine die positiven Eigenschaften beider Rassen. "Sie mögen gerne gestreichelt werden und bleiben auch bei größerem Andrang gelassen. Und wenn es zu laut wird, dann gehen sie weg." Für Claudia Richter ist es wichtig, dass bei aller Begeisterung, die die Kinder angesichts der Hunde an den Tag legen, auf deren Bedürfnisse immer eingegangen wird. "Ein Hund ist kein Gerät", sagt sie. "Der Tierschutzaspekt muss immer gewährleistet sein."
Kinder werden rücksichtsvoller
Najak und Jack sind zum einen Präsenzhunde, das heißt, sie sind im Klassenzimmer anwesend. Und schon allein dadurch, betont die Lehrerin, würden die Kinder rücksichtsvoller in ihrem Verhalten und seien weniger laut. Die Schülerinnen und Schüler übernehmen abwechselnd kleine Aufgaben. So sorgen sie dafür, dass die Hunde etwas zu trinken haben oder gehen mit ihnen eine Runde. "Die Aufgaben stärken das Selbstbewusstsein der Kinder", erläutert Claudia Richter.
Zum anderen arbeiten Najak und Jack in der Biss-Prävention, einem Programm das vom Kultusministerium unterstützt wird. Dafür werden sie auch von den anderen Lehrkräften angefragt. Die Hundehalterin erklärt in den Klassen dann die Körpersprache der Tiere und beantwortet Fragen, z.B. "wie muss ich mich verhalten, wenn ein Hund bellend auf mich zukommt?" oder "wie erkenne ich, dass ein Hund nicht angefasst werden will?". Für die Biss-Prävention hat Claudia Richter extra einen dreitägigen Kurs besucht, den sie mit einer Prüfung abgeschlossen hat.
Spiegel vorgehalten
Natürlich gebe es auch in der Montessori-Schule immer wieder Kinder, die Angst vor Hunden hätten, weiß die Pädagogin. Doch durch die Präsenz von Najak und Jack und dem erlernten Wissen, wie man einem Hund begegnen sollte, sei die Angst für die meisten dieser Mädchen und Jungen beherrschbar. "Sie haben sich angenähert", konnte Claudia Richter feststellen.
Die Hunde dürfen sich in der Klasse frei bewegen und sich auch dort niederlassen, wo sie möchten, müssen aber auf Zuruf sofort reagieren. "Manchmal buchen die Kollegen die Hunde auch als Belohnung für ihre Klassen", erzählt die Studienrätin. Für die Kinder sei es ein tolles Gefühl, wenn sie die Hunde rufen oder ihnen mit dem Finger bedeuten dürften, dass sie kommen und sich setzen sollen und sie ihnen dann dafür ein Leckerli geben dürften. Durch den Unterricht mit den Hunden erhielten die Kinder außerdem einen Spiegel vorgehalten, denn die Tiere ziehen sich zurück, wenn jemand zu wild oder zu laut sei.
Besseres Klassenklima
Übrigens sind auch Najak und Jack immer wieder Schüler – zweimal in der Woche gehen sie in die Hundeschule, wo regelmäßig das Sozialverhalten eingeübt wird. Und Najak ist inzwischen sogar zum Erzieher geworden, denn er zeigt in der Welpenschule, wie man sich richtig verhält. Claudia Richter weiß, dass ihre Hunde den Schulalltag lieben, sie weiß aber auch, dass er sie "tierisch" anstrengt. Deshalb achtet sie darauf, dass die Hunde nur dann dabei sind, wenn das Pensum weniger als sechs Stunden beträgt und dass bei Bedarf auch immer eine Rückzugsmöglichkeit gegeben ist.
"Man kann ohne Hunde natürlich genauso gut unterrichten, aber sie sind ein Faktor, der das Klassenklima verbessert", resümiert Claudia Richter und setzt hinzu: "Hunde sind tolle Vermittler. Und sie sind absolut wertfrei. Sie denken nicht, du bist behindert sondern reagieren ganz einfach auf die Gefühle des Kindes."
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