Glück ist das Salz in der Suppe
Geflüchtete kochen "Das zweite Abendmahl"
"Gibt es irgendwo noch Öl? Zwiebeln bräuchten wir auch", lassen sich Omar und Osman zwischen bruzzelnden Pfannen und dampfenden Töpfen vernehmen. Dass die beiden noch Öl benötigen, ist nicht weiter verwunderlich, schließlich frittieren sie fleißig Kochbananen und Süßkartoffeln. Aber wozu die Zwiebeln? Es bleibt keine Zeit nachzudenken, denn schon meldet sich Hussain von links: "Haben wir noch Paprika?" Auf geht es also in Lagerräume und Kühlhaus. Öl, Zwiebeln, Paprika. Alles ist beisammen. Schnell zurück in die Küche. Dort bietet sich ein leicht chaotisches, aber in sich durchaus stimmiges Bild: Sechs Herde mit jeweisl vier Platten sind besetzt, teilweise rühren gleich zwei Köche in mehreren Töpfen. Dazwischen wuseln weitere Menschen hin und her, balancieren große Schneidebretter von A nach B - darauf türmen sich klein gehacktes Gemüse, fein geschnittenes Fleisch oder frisch ausgelöster Fisch. Die Stimmung ist gut, hier wird leise vor sich hin gesummt, dort getuschelt und gelacht. Es riecht nach frischer Minze und Petersilie, nach gebratenem Hähnchen und angeschwitztem Knoblauch.
Es duftet und dampft
Sieben Köche haben sich in der geräumigen Lernküche der Kermess Schule ans Werk gemacht, manche haben Freunde und Verwandte als Schnibbelhilfen eingespannt. Außerdem sind Sabine Fincks von "Ein Teller Heimat" und zwei Damen ihres Teams zugegen, dazu einige Mitarbeiter der Münchner Wochenanzeiger. Kurz: Die Küche ist trotz bester Ausstattung und optimaler Aufteilung gut ausgelastet. Also nur eben die Zwiebeln an Omar, das Öl in die Pfanne und die Paprika zu Hussain, dann nicht länger im Weg stehen, sondern in den angrenzenden Speisesaal. Dort bleibt eine Minute Zeit, um zu verschnaufen, bevor es an den Aufbau des Buffets geht. Am Abend muss schließlich alles passen für die Gäste.
Erfolgreiche Premiere
In wenigen Stunden erscheinen Politiker und Wirtschaftsvertreter, Ehrenamtliche und Vereinsvorsitzende. Sie folgen – viele zum zweiten Mal – der Einladung der Münchner Wochenanzeiger. Nach erfolgreicher Premiere im Juli organisiert der Verlag wieder ein Kochevent mit Geflüchteten. Asylbewerber aus Gambia, Mali und Sierra Leone, aus Pakistan, Syrien und Afghanistan kochen traditionelle Gerichte aus ihrer Heimat.
Die Idee stammt von Geli Feigenbutz, Initiatorin des Projekts "Ein Teller Heimat". Im Sommer waren die Münchner Wochenanzeiger auf Feigenbutz und ihre Initiative aufmerksam geworden. Seit über einem Jahr kocht der "Teller Heimat" regelmäßig mit Geflüchteten und lädt zum gemeinsamen Essen mit Münchner Gästen ein. Die Wochenanzeiger waren begeistert von dieser Idee der Begegnung und des Austausches. Kurzerhand adaptierten sie das Konzept für eine eigene Veranstaltung: "Das erste Abendmahl" – umgesetzt natürlich mit Hilfe von Feigenbutz. Im Juli war es soweit, sechs Köche bereiteten leckere Speisen zu, zum Essen kamen zirka 30 Gäste bei der Kermess zusammen, es wurde ein bunter und lustiger Abend - ein Abend, der nach Wiederholung verlangte.
Ein Teller Heimat
Gesagt, getan: Drei Monate später also. Die Ziele sind dieselben geblieben. Junge Geflüchtete sollen mit Arbeitgebern der Region in Kontakt kommen und eine gute Zeit haben. Außerdem wird ihnen die Chance gegeben, ihre Kultur zu präsentieren und sich gleichzeitig auf dem Gebiet zu profilieren, in dem sie gerne wieder arbeiten möchten: der Gastronomie. Wie schon zum Auftakt im Juli haben auch diesmal alle Geflüchteten Erfahrung in der Küche, haben in Restaurants oder Hotels gearbeitet, sind teilweise ausgebildete Köche. Als Verlag können die Münchner Wochenanzeiger mit entsprechender Gästeliste einen Beitrag leisten, um die Asylbewerber ihrem Traumjob näher zu bringen. Dass diese Überlegung aufgeht, beweist das Ergebnis des ersten Abendmahls: Sechs Köche waren vor Ort, drei von ihnen arbeiten inzwischen in der Gastronomie - zwei in Restaurants, einer in seinem Lehrberuf als Hotelfachmann.
Neue Gesichter ...
Geblieben ist auch der Veranstaltungsort: Wieder sind die Wochenanzeiger zu Gast bei Kermess, großzügig haben Johannes und Liebtraud Passian, die Inhaber des Traditionsbetriebs, Küche und Speisesaal geöffnet. Nur eine kleine Änderung gab es, Geli Feigebutz konnte diesmal nicht helfen, den Abend zu organisieren; sie ist selbst eingespannt in der Planung ihres nächsten "Teller Heimat". Stattdessen dürfen sich die Wochenanzeiger über tatkräftige Unterstützung von Feigenbutz Kollegen freuen, die vor einiger Zeit einen Ableger des Projekts im Westend ins Leben gerufen haben: Sabine Fincks und ihr 13-köpfiges Team waren gerne bereit, mit Know-How und Erfahrung zu helfen.
... alte Bekannte
Neue Köche steuerten neue Rezepte bei, auch eine Dame konnten die Wochenanzeiger erstmals für das Event gewinnen – Fatat aus Syrien. Alte Bekannte verstärkten das Geflüchteten-Team: Omar aus Gambia arbeitet seit drei Monaten in einem vietnamesischen Restaurant, irgendwie hat er es aber geschafft, seinen Chef zu einem freien Tag zu bewegen – um zum zweiten Mal sein unschlagbares Domodah für die Münchner Wochenanzeiger zu kochen. Ebenso Hussain aus Pakistan, nach einer Frühschicht im Hotel spaziert er gut gelaunt in die Kermess-Küche; als ob er es sich nehmen ließe, noch einmal den leckeren Milchreis zuzubereiten, der beim ersten Abendmahl der Dessert-Schlager war.
Am Tag vor dem Event wurde wieder gemeinsam eingekauft ("Sag mir, was du isst …" im Sendlinger Anzeiger und Werbe-Spiegel vom 19. Oktober), beinahe heimisch fühlten sich die Verlagsmitarbeiter da schon zwischen Regalreihen voll pakistanischer Gewürze und afrikanischem Gemüse.
"Es hat so gut geschmeckt"
Am Veranstaltungstag läuft es nun also wie am Schnürchen. Zurück in der Küche der erbauliche Anblick voller Schalen: dampfendes Fleisch, gebratenes Gemüse, Eintöpfe und Suppen. Unter anderem afghanisches Palau, pakistanisches Chicken Biryani, syrischer Reis und malischer Couscous werden am Buffet platziert. Und die ersten Gäste sind da: Sozialreferentin Dorothee Schiwy spitzt noch kurz in die Küche und lugt Omar und Osman über die Schulter – vielleicht konnte sie den Verbleib der Zwiebeln ergründen. Stadtschulrätin Beatrix Zurek begrüßt die Landtagsabgeordneten Michael Piazolo und Andreas Lotte. Bundestagskandidat Bernhard Goodwin und Anselm Bilgri stoßen mit Petra Reiter an, Seniorenbeirätin Ingeborg Staudenmeyer hat schon Platz genommen, Ute Zima vom Gewerbeverband Gräfelfing inspiziert das einladende Buffet. Das Ehepaar Passian prüft in bester Gastronomen-Manier noch kurz, ob die Tischdecken richtig liegen. Verlegerin Renate Kaiser ist heute in Begleitung von Ehemann Kurt gekommen - es habe seiner Frau beim ersten Abendmahl so gut geschmeckt, dass er sich nun persönlich überzeugen müsse.
Volles Haus
Es wird voll im Speisesaal, aber natürlich weiß man sich zu helfen: Stühle werden ergänzt, kleine Beistelltische kommen zum Einsatz. Die Köche stehen zunächst neben ihrem Buffet bereit und erklären, welche Gerichte aus welchen Zutaten bestehen, was vielleicht ein wenig scharf sein könnte, wo Vegetarier ohne Bedenken zulangen dürfen.
Ziele erreicht
Schließlich füllen auch die Geflüchteten ihre Teller, suchen sich zwischen den Gästen ein freies Plätzchen und genießen ihr wohlverdientes Abendessen. "Ob Sie mir wohl mal eben diesen jungen Mann vorstellen würden?", fragt die Dame vom Internationalen Mütterforum: "Vielleicht hat er Lust, hin und wieder für unsere Mamas zu kochen." Na das klingt doch gut, schnell wird Zaman aus Pakistan herbeigerufen. Das geht noch einige Mal so, dann endlich, ein zufriedenes Zurücklehnen und Umsehen: Visitenkarten wechseln Besitzer, Geflüchtete tippen Nummern in ihre Handys, Termine werden vereinbart und lachend Köpfe zusammengesteckt.
Zufrieden und glücklich
Es sieht aus, als seien alle Ziele erreicht worden. Später dann, auf dem Parkplatz, die letzten Mitarbeiter der Münchner Wochenanzeiger stehen noch beieinander. "Könnt ihr euch erinnern – im Juli habe ich gesagt, dass wir das wiederholen müssen", erinnert sich einer von ihnen: "Und jetzt haben wir ein zweites Abendmahl gekocht." Da kommt es von dem Kollegen: "Aller guten Dinge sind drei, oder?"
Dr. Edmund Stoiber, CSU-Ehrenvorsitzender: "Ich bedanke mich sehr herzlich für die Einladung. Ihre Aktion ist ein ausgezeichneter Beitrag zur Integration von Flüchtlingen und zum gegenseitigen Kennenlernen."
Gudrun Schultze, Koordinatorin Forbildungsprüfungen bei der IHK München und Oberbayern: "Nochmals herzlichen Dank für die Einladung, wir haben den Abend sehr genossen."
So geht's:
Eine kleine Auswahl der leckeren Rezepte unserer Köche:
Qabili Palau aus Afghanistan:
Zutaten für sechs Personen:
500 g Basmatireis, 1 kg Lammkeule, 200 g Zwiebeln, 1/2 Tl. Kardamom, gemahlen, 1 1/2 Tl. Pfeffer, 1 Tl. Garam Masala, 2 Tl. Salz, 750 ml Wasser, 120 ml Oel, 100 g Rosinen, 500 g Moehren, 100 g Pistazien, 2 Tl. Zucker, 100 g Mandelstifte.
Zubereitung:
Reis mit kaltem Wasser bedeckt eine Stunde quellen lassen. Lamm in Stücke schneiden. Zwiebeln würfeln. Kardamom, Pfeffer, Garam Masala und Salz in warmem Wasser verrühren. Zwiebeln in der Hälfte des Öls anbraten. Fleisch dazugeben und braten. Mit Gewürzmischung ablöschen, aufkochen und bei mittlerer Hitze eine Stunde zugedeckt garen. Karotten in schmale Streifen schneiden. Pistazien 15 Minuten in heißem Wasser einweichen und halbieren. Restliches Öl erhitzen und Rosinen unter ständigem Rühren darin so lange belassen, bis sie rund sind. Herausheben und auf einen großen Teller geben. Im Öl Karotten mit Zucker unter Rühren drei Minuten anbraten, im Anschluss auf den Teller. Zuletzt Mandeln und Pistazien kurz rösten und dazugeben. Fleisch aus der Brühe heben und abgedeckt warm halten. Brühe durch ein feines Sieb in einen großen Topf gießen und aufkochen. Abgetropften Reis hinzu und bei mittlerer Hitze zugedeckt so lange garen, bis die Brühe aufgesogen ist. Fleisch, Rosinen, Möhren und Mandelmischung nebeneinander auf den Reis setzen. Topfdeckel mit einem Küchentuch umwickeln und Topf zudecken. Bei sehr niedriger Temperatur weitere 20-30 Minuten erhitzen.
Ebbeh-Suppe aus Gambia:
Zutaten für sechs Personen:
1 kg Maniok, 200 g Trockenfisch, 400 ml Palmöl, 100 g scharfe Chili, 3 Tl Limettensaft, 3 l Wasser, 2 Brühwürfel, Salz und Pfeffer nach Geschmack.
Zubereitung: Maniok schälen und in Würfel schneiden. Fisch auslösen und zerteilen. Maniok in Wasser weich kochen und im Anschluss zu Brei zerstoßen. Maniokbrei wieder in das Kochwasser geben und die weiteren Zutaten hinzufügen. Köcheln lassen, bis alle Zutaten gar sind.
Syrischer Reis:
Zutaten für vier Personen:
2 Tassen Langkornreis, 4 Tassen Wasser, 1 Nest Fadennudeln, 2 El Butter, 1 bis 2 Tl Salz, je nach Geschmack.
Zubereitung: Reis waschen und zirka 20 Minuten in Wasser quellen lassen. Butter zerlassen und darin Fadennudeln goldbraun braten. Reis hinzugeben und zikra eine Minute braten. Doppelte Menge Wasser hinzugeben. Aufkochen, danach auf kleine Hitze reduzieren. Zirka 20 Minuten köcheln lassen.
Mehr Bilder: Weitere Bilder von unserem Kochabend finden Sie im Internet unter http://galerie.wochenanzeiger-muenchen.de/v/abendmahl/ .
Jobs zu vergeben? Sie sind Gastronom und suchen engagiertes Personal? Sie möchten einen unserer Köche kennen lernen? Sie kennen jemanden, der jemanden kennt, der jemanden kennt? Gerne können Sie sich bei uns melden, wir stellen die richtige Verbindung her. Kontakt: isabella.bauer@muenchenweit.de, Tel.: 089 / 54655362.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH