Gestern, das liegt mir
Stadtteilhistoriker Walter G. Demmel lädt zur Buchpräsentation und Ausstellung ein
Die Vergangenheit hinterlässt viele Spuren für die Gegenwart, die uns letztlich in die Zukunft führen können. Das gilt ganz besonders für dieses Buch, das informieren, kommentieren, unterhalten und nicht nur unsere Stadtteilbürger auf das bisher brach liegende Diamalt-Gelände aufmerksam machen will. Auch die Münchner Stadtverwaltung ist dort für unseren Stadtbezirk in der Pflicht.
Es gibt viele Stationen, wie sie die Diamalt-Fabrik im Laufe der Jahrzehnte mit mehr oder weniger großen Schwierigkeiten zu durchlaufen hatte. Trotz sorgfältigster Recherchen konnte aber nicht jedem Entwicklungsstrang des Unternehmens und jedem historischen Detail nachgegangen werden, was aber in dieser Vollständigkeit auch nicht angestrebt worden ist.
Mein Buch geht von der Gegenwart aus, beschäftigt sich ausführlich mit der Vergangenheit und endet in unserer Gegenwart mit einem Ausblick in die Zukunft.
Diese Zukunft steht unmittelbar bereits heute in einem Objekt vor uns, dem ehemaligen Maschinen- und Kesselhaus, das die Familie Mertmann/Wichelhaus 2009 erworben, in den folgenden Jahren denkmalgeschützt umgebaut und damit den ersten Schritt in die nahe Zukunft vollzogen hat.
Nun ist am 12. Juni 2015 die feierliche Eröffnung einer Ausstellung zur Geschichte der Diamalt AG in Allach, die in den nächsten Monaten von jedermann zu den angegebenen Zeiten besichtigt werden kann. Bei sich abzeichnendem Bedarf können zudem Führungen vereinbart oder Vorträge geplant werden. Für das Maschinen- und Kesselhaus, das von der bereits in einem Artikel vorgestellten Firma Rank zwischen 1915 und 1917 geplant und gebaut worden war, feiern wir also 100 Jahre in Allach und hoffen zugleich, dass für die noch vorhandenen, denkmalgeschützten Gebäude eine neue Zeit beginnen wird.
Das Buch, das in der ersten Juniwoche beim Münchner Allitera Verlag erscheint, mußte einen anderen Weg gehen, um in dieser Feier zu münden. Die Präsentation durch den Verlag ist Teil dieses Ereignisses, das hoffentlich viele interessierte Bürger unseres Stadtbezirks, aber auch näherer und entfernterer Münchner Stadtbezirke anlocken wird.
Während die Ausstellenden Mertmann und Wichelhaus ein konkretes, denkmalgeschütztes Gebäude mit dem gut erhaltenen Kesselhaus vorweisen können, mußte der Autor des Buches weit in die Vergangenheit zurück, um den Weg dieses und vieler anderer Gebäude der Diamalt-Fabrik in die gesamte Geschichte der Diamalt AG einzubinden. Sein humanistisches Weltbild veranlasste ihn bei seinen Recherchen, nach Möglichkeit dem Anspruch der Darstellung eines Stücks deutscher Industrie- und damit auch Kulturgeschichte gerecht zu werden, was aber nur tweilweise gelang − zu umfangreich und detailreich war das untersuchte Gebiet.
Die Entwicklungsgeschichte der Firma Diamalt reicht vom Habsburgerreich unter Kaiser Franz Joseph I., dem bayerischen Königreich unter Prinzregent Luitpold und König Ludwig III. über die Unruhen der Revolution 1918/19 mit Vertreibung des Königs, dem Ersten Weltkrieg, der Weimarer Republik bis zum »Dritten Reich« unter den Nationalsozialisten und mündet nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schließlich in der Bundesrepublik Deutschland.
Literatur und Malerei erlebten zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Blütezeit und in der Architektur wurde der sogenannte Jugendstil zum charakteristischen Baumerkmal für Wohn- und Industriegebäude. In der näheren Umgebung Münchens entwickelten sich alte Bauerndörfer zu modernen Industriestandorten, was sowohl den Arbeitsplatz als auch das »traute Heim« der Bewohner veränderte. Die Menschen wurden nicht nur durch die Eisenbahn mobil, sondern auch durch das Fahrrad; auch die Essensgewohnheiten änderten sich.
Die Technik machte in allen Bereichen rasante Fortschritte: Die Dampfturbine ersetzte zum Beispiel die schwerfälligere Dampfmaschine, der Antrieb der Maschinen über Transmissionsriemen wurde durch die Elektrotechnik zum Einzelantrieb und die Beleuchtung hatte statt des gefährlichen Gases nun den Strom als Energiequelle.
Dies alles sind Entwicklungen, wie sie auch die Diamalt-Fabrik im Laufe der Jahrzehnte mit mehr oder weniger großen Schwierigkeiten zu durchlaufen hatte. Die Entwicklung Allachs vom Bauerndorf zum modernen Industriestandort begann 1902 mit Diamalt als vom damaligen Gemeinderat stark unterstützten neuen Arbeitgeber und Abnehmer seiner landwirtschaftlichen Produkte.
Der Autor hofft nun, viele an der Vergangenheit unseres Stadtbezirks interessierte Leser zu gewinnen und den Blick für eine neue Zukunft zu öffnen – was das Ziel seiner Arbeit war.
Anm. d. Red: Die Ausstellungseröffnung und Buchpräsentation findet am Freitag, 12. Juni, ab 17 Uhr im Diamalt Kesselhaus (Am Münchfeld 40) statt. Die Ausstellung kann vom 15. Juni bis 2. Oktober täglich von 10 bis 17 Uhr besichtigt werden.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH