Eine Gründerkarriere: Vom Fahrradschuppen zum Autohaus
Stadtteilhistoriker Walter G. Demmel berichtet über Hoppe Automobile in Untermenzing
Wie wenig differenziert noch Mitte der 30er Jahre die bei der Handwerkskammer von Oberbayern München eingetragenen Betriebe der Auto-, Motorrad- und Fahrradreparatur waren, zeigt sich in einer Nachweisliste für Untermenzing, die im Stadtarchiv München zu finden ist. Dort sind für Untermenzing aufgeführt: Moritz Bender und Karl Schickeneder (Reparatur von Fahrrädern u. Motorrädern), Therese Geer (Reparatur von Nähmaschinen u. Fahrrädern), Georg Grädler (Reparaturwerkstatt von Fahrrädern u. Motorrädern) und Josef Weiss jun. (Reparatur von Fahrrädern, Motorrädern u. Radio). Die Situation der handwerklichen Reparaturbetriebe dürfte sich bis weit in die 50er Jahre wenig geändert haben, da zunächst alles wieder reparieren war, was der Krieg an kaputten Fahrrädern, Motorrädern und Autos hinterlassen hatte. Die Rad-, Fahrrad und Autofirmen der ersten Nachkriegsjahre sind der älteren Generation sicher noch bekannt. Es handelt sich um Adler, Dürkopp, NSU, Opel, Patria, Vaterland, Victoria, Wanderer.
In den oben genannten 30er Jahren eröffnete der Gründer des heute in Untermenzing bekannten Autohauses E. Hoppe GmbH in Hammermühle (jetzt Kepice,) im fernen Hinterpommern eine Tankstelle. „Sie suchen eine Tankstelle, an der Sie fachmännisch bedient und mit den besten Marken-Kraftstoffen versorgt werden? Beides bietet Ihnen die SHELL Tankstelle Erich Hoppe, Reparaturen, Hammermühle Krs. Rummelsburg/Pom.“, so lautete eine Anzeige der im Juli 1932 (Bild 1) gegründeten Firma. E. Hoppe war am 04.11.1912 in Hammermühle geboren und verstarb in München am 01.01.1989. An Pommern erinnert mich ein altes (um 1800) Kinderlied: „Maikäfer flieg! Der Vater ist im Krieg. Die Mutter ist im Pommerland. Und Pommerland ist abgebrannt. Maikäfer flieg!“ E. Hoppe stammte also aus Hinterpommern, das bis 1945 überwiegend von Deutschen besiedelt war und heute zu Polen gehört. Er führte hauptsächlich Fahrrad-, aber auch Kfz.-Reparaturen durch, verkaufte NSU- und Opel-Autos und machte mit dem Taxi Lohn- und vor allem Hebammenfahrten. Die Firma wurde bereits 1936 im „Deutschen Reichs-Adressbuch für Industrie, Gewerbe und Handel“ geführt – und das auch während des Krieges, den E. Hoppe dann als junger Mann in Rußland und Italien mitmachen musste. In den Fabriken in Hammermühle wurden übrigens während des Zweiten Weltkrieges Propeller und anderes Zubehör für die deutschen Jagdflugzeuge produziert.
Nach Flucht und Vertreibung aus Pommern landete die Familie in München im Flüchtlingslager an der Schleißheimer Straße, wo E. Hoppe nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft eine Anstellung als Schirrmeister (Kfz-M.) in der nahen Warner Kaserne der Amerikaner fand. Die Fotos von Erich H., dem Gründer, und Peter Hoppe, seinen Sohn und Nachfolger konnten leider nicht mehr untergebracht werden. Nach Allach kam er, weil die Amerikaner im ehemaligen Junkersbetrieb an der jetzigen Schöllstraße einen Kfz-Reparaturbetrieb einrichteten. In der Nähe, Prießnitzstr. 6, fand E. Hoppe bald einen Hühnerstall, der ihm als zum ersten Geschäftsaufbauversuch dienen sollte., der allerdings noch wenig mit seiner ehemaligen Tankstelle in Hinterpommern zu tun hatte.
Aber bereits 1950 errichtete er auf einem Pachtgrundstück in der Kupfferstr. 5 in einer kleinen Amibaracke, die er an einem anderen Ort abgebaut und in Allach wieder errichtet hatte, eine Werkstatt mit Laden und Wohnräume für seine fünfköpfige Familie (Bild 2). Dort bekam er auch die NSU-Werksvertretung, verkaufte und reparierte Fahrräder, Mofas und Motorräder von Adler, Dürkopp. Aus dem Flüchtling sollte ein Allacher Geschäftsmann werden.
1955 kauften Erich und seine Frau Frieda Hoppe von einer Frau Selma Einstein aus London, deren Familie vermutlich durch die Nazis enteignet und vertrieben worden war, das Grundstück Allacher Str. 250-252 mit einem Haus aus dem Jahr 1912 und viel Garten, und errichtete darauf ein Geschäftshaus mit Werkstatt, Verkaufsraum, Lager und Tankstelle – auf den Namen Gasolin. Das älteren Mitbürgern noch bekannte und 1920 gegründete Unternehmen erhielt 1926 den Namen Deutsche Gasolin Aktiengesellschaft, bereits 1935 war die Gasolin AG eine der großen fünf Tankstellenketten und überlebte den Kampf der Großen um die Tankstellen nur bis 1971.
Bild 3 zeigt von unten links die Jahre 1956-1958, oben links 1958 die Übernahme des Werksvertrags für NSU-Automobile, unten rechts den Gebrauchtwagenplatz von 1968, oben rechts das Autohaus nun mit der Araltankstelle. Nachdem schon 1967 der Wohntrakt für den Sohn Peter Hoppe gebaut worden war, erfolgten 1973 dann weitere Ausbauten wie die Lagerunterkellerung und der Ladenneubau.
Entscheidend für die geschäftliche Zukunft des Unternehmens wurden die weiteren Verträge: Nach dem Werksvertrag mit Simca bis 1969 folgten 1970 der Händlervertrag mit Audi und ab 1970 die Werkstättenverträge mit Audi und VW. 1983 wurde der Sohn Peter Kommanditist und nach dem Tode von Erich Hoppe im Jahr 1989 wurde der Übernahmevertrag für alle Grundstücke, das Geschäftshaus und den Altbau durch Herrn Peter Hoppe geschlossen.
Auch privat hatte sich einiges getan. 1964 hatte Peter Hoppe Frau Irene Hoppe geheiratet, die beiden Söhne Christian (Bankkaufmann) und Michael (Kfz.-Meister) traten nach ihrer Berufsausbildung in die Firma ein. Und noch mal geschäftlich: Am 01.01.1992 wurde eine GmbH gegründet mit dem Geschäftsführer Peter Hoppe und den beiden Söhnen als Gesellschaftern.
Auch die zunächst vorgesehene Ansicht des Autohauses Hoppe aus dem Jahr 2013 mußte der Geschichte, um die es hier ging, geopfert werden. Um diese kurze Firmengeschichte für den weiter interessierten Leser abzurunden, sei auf zwei Bücher zu Münchner Handwerks- und Unternehmerfamilien verwiesen, die leider allzu unbekannt geblieben sind.
• G. Dangl/A. J. Bergmaier (Hrsg.): Original Münchner G´schichte (n). Münchner Unternehmerfamilien im Fokus. München 2005
• R. Maaß (Chefred.): Damals & Heute. Menschen & Persönlichkeiten Ihrer Heimatstadt. München 1994.
Sollten weitere Traditionsfirmen an einer Kurzdarstellung ihrer Entwicklung in dieser Form interessiert sein, bitte ich um Zusendung von Fotos und Texten zu ihrer Geschichte an Dr. Walter G. Demmel. Grandauerstr. 71, 80997 München.
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