Ein Vater in Elternzeit
Den Alltag des eigenen Kindes hautnah miterleben
Zwei Monate lang ist Martin Rattenberger nach dem ersten Geburtstag seines Sohnes Felix zuhause geblieben. Der 35-jährige Leiter des Amtes für Jugend, Familie, Senioren, Soziales und Schulen hatte Elternzeit genommen. Bei seinem Arbeitgeber, der Stadt Germering, ist der junge Vater mit seinem Wunsch auf offene Ohren gestoßen. Schließlich wurde die Stadt als „familienfreundliche Arbeitgeberin“ zertifiziert und das bedeutet, dass Eltern, die Erziehungszeit in Anspruch nehmen, darin unterstützt werden. Ursula Leis, Koordinatorin des Bündnisses für Familie hat mit dem studierten Sozialpädagogen über seine Erfahrungen gesprochen:
Leis: Wie haben Sie die beiden Monate, die Sie in Elternzeit waren, erlebt?
Martin Rattenberger: Als ich diesen Juni in Elternzeit war, war unser Sohn schon 13 Monate alt und wir konnten bereits einiges mit ihm unternehmen, zum Beispiel gemeinsam verreisen. Mir war aber wichtig, anschließend auch den Alltag mit meiner Familie zu verbringen. Nicht zuletzt weiß man dann, was eine Mutter täglich leistet, ganz anders zu schätzen. Für mich war es ein eindrucksvolles Erlebnis, im Alltag die Fortschritte, die ein Kind in seiner Entwicklung macht, hautnah erleben zu können. So konnte ich meinen Sohn nach seinen ersten Schritten in die Arme nehmen. Seit ich wieder arbeite, sehe ich Felix leider meist nur am Abend und morgens schläft er oft noch, wenn ich aus dem Haus gehe.
Sie hatten ja bereits schon früher Erfahrungen mit der Elternzeit gesammelt.
Rattenberger: Ich war nach der Geburt von Felix bereits in Elternzeit. Dieser Monat war für mich ganz besonders wichtig. Es war eine äußerst anstrengende Zeit für uns Eltern und ich war froh, dass wir diese Zeit gemeinsam hatten. In dieser Phase gibt es so viel Neues zu tun und die Unsicherheit ist noch groß. Andererseits konnte ich die ganz frühe Entwicklung unseres Kindes intensiv miterleben, was ich nicht missen möchte. Es war zwar anstrengend, nachts mit meinem Sohn, der nicht schlafen wollte, durch den Herrschinger Schlosspark zu wandern. Rückblickend sehe ich aber auch diese Art von Erlebnissen als bereichernd für die Vater-Sohn-Beziehung.
Können Sie anderen Vätern zur Elternzeit raten?
Ich würde jedem Vater empfehlen, wenn irgendwie möglich, Elternzeit zu nehmen. Gut wäre es, mehrere Monate in Elternzeit zu gehen. Das Elterngeld, das man in der Elternzeit erhält, ist so bemessen, dass es sich die meisten Paare leisten können, ihr Kind im ersten Jahr selbst zu betreuen. Die Zeit, die man mit seinem kleinen Kind verbringt, festigt die Bindung zwischen Eltern und Kind spürbar und ich bin überzeugt, dass dieser Effekt nachhaltig sein wird.
Was ist eigentlich Elternzeit?
In Deutschland besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Elternzeit. Sie gilt von der Geburt bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes. Vater und Mutter können sie sich teilen. Pro Kind kann die Dauer der Elternzeit also bis zu 36 Monaten betragen. Dabei wird die Mutterschutzfrist nach der Geburt angerechnet. Wenn ein Vater Elternzeit beantragt, wird oft von Vätermonaten oder Vaterurlaub gesprochen. Gemeint sind dabei meist die mindestens zwei Lebensmonate des Kindes, in denen der Vater gleichzeitig Elternzeit und Elterngeld beantragt. Der sogenannte Erziehungsurlaub wurde im Jahr 2000 durch die neue Terminologie abgelöst.
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