"Ein sehr feines Instrument"
Zu unserem Sommergespräch "Geil, krass, super!" – "Wie wählen wir Worte?", das in unserer Mittwochsausgabe am 8. August erschienen ist, erreichte uns folgender Leserbrief:
Das Gespräch darüber ist ja nun wohl schon gewesen, und es bleibt nur noch übrig, eine Meinung zum Thema Sprache abzugeben.
Ich finde, man sollte die Sprache bewußt benutzen. Ich weiß, wie schwer das ist, weil man meist nur an die Vermittlung einer Information denkt und den Gebrauch der richtigen Formulierung dabei mehr und mehr außer
Acht läßt. "Ich weiß ja wie es mein Gesprächspartner meint" Aber wenn ich dann zum Beispiel an ein Gedicht von Rilke, Goethe oder einem anderen denke, stellt sich das für mich deutlich anders dar. Gerade unsere Deutsche Sprache ist ja ein sehr feines Instrument, besonders wenn ich an die Lyrik denke.
"Dienst" hat etwas mit Dienen zu tun, das kann außer dem Chef durchaus ein Kunde sein, vielleicht sogar ein religiöser Ansatz. "Entschuldigung" hat etwas mit Schuld zu tun. "Entschuldigung wie spät ist
es?" ist ziemlicher Mißbrauch des Wortes Schuld. "Darf ich Sie um die Uhrzeit fragen?"
"Grüß Gott" heißt eigentlich gar nichts. Ich grüße mein Gegenüber, nicht Gott, und mein Gegenüber grüßt mich. Und einen Gruß hat Gott nicht nötig. Das ist natürlich sehr emotionsgeladen, weil es die religiösen Gefühle vieler Leute anspricht. Aber nachdenken sollte man einmal darüber. Es gibt ja auch ein Gebot, das gerade den Mißbrauch des Namens des Höchsten anspricht.
"Klar" heißt eigentlich "ungetrübt", und hat mit einer Gewißheit oder im gegenteiligen Falle einer Ungewißheit nichts gemein, "begreifen" ist eigentlich ein manuelles Erfassen einer Sache. In welcher Schule wird noch etwas begriffen, durch Benutzung der Hände erfasst? "Mein Coach hat mich zu meiner Performance gebrieft." – Wieviel englisch darf sein, und wo hört es auf?
Die Liste ließe sich noch endlos fortsetzen, das Wesentliche ist aber wohl gesagt.
Freundliche Grüße
Emil Knies
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