Ein monumentaler Fehler?
Bayerischer Ministerpräsident und Kultusminister schließen Amerika-Haus
Die bayerische Staatsregierung hat beschlossen, das Amerika-Haus am Karolinenplatz zu schließen und in den Räumen stattdessen die Technikakademie Acatech einziehen zu lassen. Die lapidare Rechtfertigung für die Entscheidung: Das Amerika-Haus könne auch anderswo untergebracht werden.
Was bleibt sind Unverständnis und Enttäuschung über die Entscheidung und das nicht nur bei der Opposition. Die SZ zählt den Beschluss in einem Kommentar zu den "größten diplomatischen Fehlern, die Bayerns Staatsregierung begehen kann". Das Haus sei in genau der Gegend, in der sich früher das NS-Machtzentrum befand. Alleine wegen dieser hoch symbolischen geographischen Lage könne es eigentlich keinen anderen Platz für das geschichtsträchtige Haus geben. Ebenso meldeten sich Münchens Alt-OB Hans-Jochen Vogel und US-Botschafter Philip D. Murphy zu Wort. In einem persönlichen Brief an Ministerpräsident Horst Seehofer appellierte Vogel daran, die Entscheidung zurückzunehmen. Für ihn und seine Generation verbänden sich mit dem Amerika-Haus – und zwar an seinem jetzigen Standort – ganz besondere Erinnerungen. “Sind doch von dort in den Nachkriegsjahren und auch später immer wieder Impulse ausgegangen, die für die Entwicklung demokratischer Strukturen und für die Rückkehr unseres Landes in die Völkergemeinschaft außerordentlich bedeutsam waren.” Auch der Standort in unmittelbarer Nähe zu den Bauten der Nazivergangenheit spiele eine nicht zu unterschätzende Rolle. US-Botschafter Murphy agierte hingegen vorerst diplomatisch. Er dankte der Staatsregierung für die jahrelange Unterstützung und zeigte sich zuversichtlich, dass eine "win-win"-Situation geschaffen werden könne. Dazu gehöre allerdings, dass die Arbeit im Amerika-Haus, dem "Kontrapunkt zur Machtarchitektur des Nationalsozialismus", fortgesetzt werden könne. Man müsse demnach einen anderen und besseren Standort für die Acatech Technikakademie finden.
Gegenwind auch aus eigener Reihe
Von Seiten der Opposition und sogar aus den innerparteilichen Reihen muss die CSU sich einem harten Gegenwind stellen. SPD-Stadtrat Hans Dieter Kaplan spricht ironischerweise von einer "putzigen" Situation. Denn es seien die selben hochrangigen CSU-Politiker, die das Amerika-Haus nun doch wieder retten wollen, allerdings bei der Kündigung des Mietvertrages Anfang August jedoch geschwiegen hätten.
Kaplans Parteigenossin und stellvertretende Vorsitzende des Bayerisch-Amerikanischen Zentrums im Amerika-Haus, Ulrike Boesser, ist sich mit den Fachleuten einig: "Das Amerika-Haus soll am Karolinenplatz bleiben, damit es seinen vielfältigen politisch-gesellschaftlich-kulturellen Aufgaben auch weiterhin vorbildlich gerecht werden kann." Besonders gelte dies im Hinblick auf das gegenüber im Bau befindliche NS-Dokumentationszentrum, welches 2014 eröffnen soll. "Wäre es nicht ein Treppenwitz der Geschichte, wenn das Amerika-Haus als Symbol der transatlantischen Freundschaft nach dem zweiten Weltkrieg fast zeitgleich die Segel streichen müsste?", so Boesser.
Ebenso kommen aus der CSU selbst bereits Bedenken zur Schließung. Der frühere WIssenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) kündigte an, im Landtag für die komplette Erhaltung des wichtigen Kulturzentrums zu plädieren. Denn dies sei nicht nur Sache der Opposition. Auch der amtierende Kultusminister Ludwig Spaenle möchte die "bisherige Form des Hauses als Ort der Begegnung" weiter ermöglichen.
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